Der G7-Gipfel 2022 – Einblick und Expertise von Germanwatch
Germanwatch begleitet kritisch den diesjährigen G7-Gipfel (26. bis 28. Juni 2022 in Schloss Elmau) unter deutscher Präsidentschaft. Wir bringen uns im Vorfeld, während des Gipfels und in der Nachbereitung konstruktiv auf verschiedenen Diskussionsebenen ein. Unser besonderer Fokus liegt dabei auf der klima-, entwicklungs- und finanzpolitischen Agenda.
Deutsche G7-Präsidentschaft – unsere fünf Kernforderungen ▼Deutsche G7-Präsidentschaft – unsere fünf Kernforderungen ▲
- Ambition: Die internationale Staatengemeinschaft hat sich auf der COP26 dazu verpflichtet, ihre 2030-Ambitionen dieses Jahr erneut zu steigern. Die G7-Staaten müssen beim Gipfel klar aufzeigen, wie sie ihre eigenen Ambitionen dieses Jahr erhöhen und die Umsetzung ihrer Ziele beschleunigen. Nur so lässt sich die gerechtfertigte Forderung an die anderen G20-Staaten, ihre Nationalen Klimabeiträge (NDC) zu verbessern, glaubwürdig vertreten.
- Ausstieg aus fossilen Energien und Subventionen: Das Bekenntnis zur Abkehr von der Kohleverstromung ist in die Tat umzusetzen. Alle G7-Staaten sollten sich zu einem Kohleausstieg bis 2030 verpflichten, um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten. Eine vollständige Dekarbonisierung der Stromsysteme sollte, wie im IEA Net-Zero-Szenario vorgesehen, in den G7-Staaten bis 2035 verbindlich erfolgen. Die G7-Staaten sollten ihren Energieverbrauch insgesamt reduzieren und wirksame Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz, aber auch -suffizienz ergreifen. Um gemeinsam den Abbau fossiler Subventionen voranzutreiben, sollten die G7-Staaten klar definieren, was unter „ineffiziente” Subventionen fällt, nationale Umsetzungspläne für den Abbau bis 2025 vorlegen und in den Folgejahren transparent über den Fortschritt berichten. Auch die internationale Finanzierung fossiler Energien sollte von allen G7-Staaten bis Ende dieses Jahres beendet werden.
- Glaubwürdigkeit bei der internationalen Klimafinanzierung: Als einer der historischen Hauptverursacher der Klimakrise sollte Deutschland seinen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung auf 8 Milliarden Euro jährlich bis 2025 aufstocken. Eine entsprechende Ankündigung sollte beim Petersberger Klimadialog erfolgen. Ein schrittweiser Anstieg muss im Haushalt reflektiert werden. Noch ist dies nicht einmal für die Zusage der Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel über 6 Milliarden Euro während des letzten G7-Gipfels gesichert. Die G7-Staaten sollten auch dazu beitragen, dass bis 2024 ein neues Finanzierungsziel ausgearbeitet wird, das auf klareren Regeln und den tatsächlichen Bedarfen der Länder basiert. Bei der Ermittlung der Finanzbedarfe für Maßnahmen zum Klimaschutz, Klimaanpassung und zum Umgang mit Schäden und Verlusten sollten die G7-Staaten vulnerable Länder unterstützen. Besonders für die neuen Just Energy Transition Partnerships muss gewährleistet sein, dass diese mit entsprechender Finanzierung glaubhaft hinterlegt sind. Ansonsten droht dies zu einem Vertrauensverlust zu werden wie schon das Nichterreichen der jährlich mindestens 100 Milliarden USD für die Klimafinanzierung ab 2020.
- Verantwortung für Schäden und Verluste: Die G7-Mitgliedsstaaten sollten eine Initiative auf den Weg bringen, die endlich umfassende Instrumente sowie ausreichende und zusätzliche Finanzierung zur Unterstützung der von Schäden und Verlusten besonders betroffenen Länder und Menschen leistet. Bestehende Lücken sind zu schließen (z.B. Umgang mit langsam voranschreitenden sowie nicht ökonomischen Klimawandelfolgen). Diese Initiative und die dafür bereitgestellte Finanzierung durch die G7 muss in ihrer Größenordnung dem Ausmaß der Klimawandelfolgen gerecht werden und auf dem Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortungen und Fähigkeiten basieren.
- Klimaclub: Die Schaffung eines nicht exklusiven „Klimaclubs“ ist generell zu begrüßen, sofern seine Ausgestaltung wirkungsvoll zur Senkung der Emissionen und zur Unterstützung vulnerabler Staaten beiträgt. Ein auf Freiwilligkeit basierender Klimaclub darf verbindliche Instrumente nicht verhindern oder aufweichen und nicht auf einen expliziten CO2-Preis limitiert werden. Trotz des Potenzials eines Klimaclubs wäre es kein Erfolg, wenn dies das einzige greifbare klimapolitische Ergebnis des G7-Gipfels sein sollte. Klimaschutz – über den Klimaclub hinaus – muss als zentrales Thema verankert und mit verbindlichen Zusagen hinterlegt werden, die über das hinausgehen, was die G7-Staaten bislang bereit sind zu tun.
Aktuelle Meldungen und Publikationen rund um den G7-Gipfel 2022
In Krisenzeiten wird die Politik „flüssig“. Vieles, was in „normalen“ Zeiten als scheinbar unverrückbar verankert ist, wird dann plötzlich infrage gestellt. Neue Wege erscheinen auf einmal begehbar, neue Richtungen werden möglich. Krisen bergen damit immer große Risiken, aber auch Chancen für die Politikgestaltung – vor entsprechenden Weichenstellungen stehen Deutschland, die EU und die Weltgemeinschaft derzeit.
Die Umwelt-und Entwicklungsorganisation Germanwatch begrüßt, dass die Bundesregierung Klimaschutz und Nachhaltigkeit unter dem Slogan „von der Ambition zur Umsetzung“ zu einem Kernthema ihrer G7-Präsidentschaft macht. „Es ist richtig, dass die Bundesregierung Klimaschutz mit attraktiver, zukunftsfähiger Wirtschafts- und Handelspolitik verknüpft. Sie zeigt dies deutlich mit ihren G7-Prioritäten und der am klarsten benannten Initiative des Programms: dem globalen Klima-Club“, sagt David Ryfisch, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch.
Publikationen und BLOG-Beiträge
Drei klimapolitische Kernforderungen zum G7-Gipfel
Blogpost, 10.05.2022
Inklusive und ambitionierte Klimaallianz statt exklusiver Klimaclub
Publikation, 10.05.2022
In der Dekade der Umsetzung
Blogpost, 10.05.2022
Risiko oder Resilienz? Das Krisenmanagement der G7 kann 2022 wichtige Weichen stellen
Blogpost, 02.05.2022
Jetzt an zentralen Verzweigungspunkten den richtigen Weg einschlagen
Blogpost, 30.03.2022
G7 in 2022: Five areas for advancing climate finance
Publikation, 16.02.2022
Bereit für die G7-Präsidentschaft?
Publikation, 20.01.2022
Von Glasgow nach Elmau
Publikation, 22.12.2021