Appell unterstützen: Antibiotika bewahren, Resistenzen bekämpfen!
Antibiotika-Appell - Einleitung
Antibiotika verlieren zunehmend ihre Wirkung. Resistenzen gegen Antibiotika und andere antimikrobielle Mittel zählen längst zu einer der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit. Im Jahr 2019 starben bereits 1,27 Millionen Menschen direkt an einer Infektion mit resistenten Erregern, bis zum Jahr 2050 werden über 10 Millionen Todesfälle pro Jahr erwartet. Die Politik muss handeln: jetzt.
Geben Sie uns Rückenwind – unterzeichnen Sie unseren Appell!
Als Germanwatch setzen wir uns für einen verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika ein, vor allem in der Tierhaltung. Gerade der hohe und regelmäßige Einsatz von Antibiotika in der industriellen Tierhaltung begünstigt Resistenzen. Wir wollen die Politik dazu bringen, noch entschiedener als bislang zu handeln. Das Gute ist: 2023 stehen viele den Antibiotikaeinsatz betreffende politische wie rechtliche Prozesse und Entscheidungen sowie auch diverse nationale wie transnationale Treffen an. Gemeinsam mit vielen Organisationen aus der Human- und Veterinärmedizin, dem Umwelt- und Tierschutz sowie weiteren Unterstützer:innen haben wir deshalb 2021 einen Appell an die Politik gestartet.
Geben auch Sie uns dafür Ihre Stimme!
Appell Antibiotika
Unser gemeinsamer Appell
Der nachfolgende Appell wird von einem breiten Bündnis an Organisationen aus der Human- und Veterinärmedizin sowie Umwelt- und Tierschutz getragen und unterstützt.
Wichtigste Antibiotika bewahren – stärkere Regulierung (in) der Tierhaltung!
Ein human- und veterinärmedizinischer Appell
Die moderne Medizin ist ohne Antibiotika undenkbar. Ihre Verfügbarkeit zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten rettet täglich weltweit unzählige Leben. Durch die zunehmende Entstehung und Verbreitung antimikrobieller Resistenzen (AMR) laufen wir aktuell jedoch Gefahr, wirksame Antibiotika zu verlieren – nichts weniger als die globale Gesundheit steht auf dem Spiel. Der hohe und regelmäßige, Resistenzen begünstigende Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung ist deshalb nicht mehr hinnehmbar.
Eine Bedrohung von pandemischen Ausmaßen
Schon heute erkranken allein in der EU jährlich 670.000 Menschen an Infektionen durch antibiotikaresistente Erreger, 33.000 Menschen sterben daran. Laut Europäischem Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ist die Belastung durch Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien in der europäischen Bevölkerung vergleichbar mit der von Influenza, Tuberkulose und HIV/AIDS zusammen. Für das Jahr 2050 werden jährlich 390.000 durch AMR ausgelöste Todesfälle in Europa und 10 Millionen Todesfälle global prognostiziert. Das ist mehr als die prognostizierte Zahl der durch Krebs und Diabetes verursachten Todesfälle zusammen. Sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin gilt es also, die Bedrohung durch AMR im Sinne des One-Health-Ansatzes, der die Gesundheit von Mensch, Tier und auch Umwelt eng zusammen denkt, viel entschiedener zu bekämpfen.
Aktuelle Chancen nutzen, um Antibiotika in der Tierhaltung stärker zu regeln
Wir appellieren an die Europäische Kommission sowie an die zuständigen Ministerien in den Mitgliedstaaten, weitgehende präventive Maßnahmen zu ergreifen und sich dafür bietende Chancen – wie aktuell v. a. im tiermedizinischen Bereich – zwingend wahrzunehmen:
- Schließen Sie wichtigste, von der WHO als „highest priority Critically Important Antimicrobials“ (hpCIA) eingestufte Antibiotika vom Einsatz in der industriellen Tierhaltung aus! Dies ist über die aktuelle Ausgestaltung eines neuen Antibiotika-Rechtsakts (Art. 37 (5) der VO (EU) 2019/6) möglich. Schaffen Sie dabei zugleich die Möglichkeit der Einzeltierbehandlung für u. a. Haustiere (z. B. über zwei separate Listen).
- Schließen Sie hpCIA auch über die nationalen Antibiotika-Resistenzstrategiepläne konsequent für den Einsatz in der industriellen Tierhaltung aus!
- Fokussieren Sie sich im Zuge der aktuellen Revision der EU-Tierschutzgesetzgebung sowie auch nationaler Prozesse zum Umbau der Tierhaltung insbesondere auf den Aspekt der Tiergesundheit über Zucht, Haltung und Fütterung! Dazu gehören auch Ansätze zur innerbetrieblichen sowie allgemeinen Bestandsreduktion.
Antibiotika-Appell Inhalte
Hintergrundinformationen
Welche generelle Gesundheitsgefahr besteht?
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Welche generelle Gesundheitsgefahr besteht?
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Die Entstehung antimikrobieller Resistenzen (AMR) ist ein natürlicher Vorgang: Mikroorganismen – wie Bakterien – entwickeln Abwehrmechanismen gegen Stoffe und Mittel – wie Antibiotika – die schädlich bis hin zu tödlich auf sie einwirken. Dieser an sich natürliche Prozess kann durch übermäßige, falsche oder missbräuchliche Anwendungen von Antibiotika beschleunigt werden. Erste Studien belegen außerdem steigende Resistenzraten durch höhere Temperaturen – das Resistenzproblem wird damit durch den Klimawandel noch weiter befeuert.
Gesundheitsproblem für Menschen
Antibiotikaresistente Erreger können schwer behandelbare Infektionen auslösen und die wirksame antibiotische Behandlung anderweitiger Infektionen erschweren. Sowohl in der Human- als auch der Veterinärmedizin muss daher entschieden gegen Antibiotikaresistenzen vorgegangen werden. Andernfalls werden Antibiotika immer wirkungsloser und selbst einfachste Infektionen können in absehbarer Zeit kaum noch behandelt werden – ein post-antibiotisches Zeitalter droht.
Welche Rolle spielt die industrielle Tierhaltung?
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Welche Rolle spielt die industrielle Tierhaltung?
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Auf Hochleistung gezüchtete Tiere sind besonders krankheitsanfällig. Die Haltung in großen Gruppen und Beständen sowie weitere intensive Haltungsverfahren begünstigen einen hohen und regelmäßigen Antibiotikaeinsatz sowie erhöhte Resistenzraten.
Hochproblematisch: Gruppenbehandlung von Tieren
Als besonders problematisch gilt die regelmäßige Vergabe von Antibiotika an große Tiergruppen über das Futter oder die Tränken. Eine Behandlungspraxis die auch dann Anwendung findet, wenn nur wenige Tiere erkrankt sind, und die Probleme birgt:
Antibiotikarückstände und -resistenzen können in den Rohr- und Leitungssystemen verschleppt werden. Da die individuelle Futter- und Wasseraufnahme eines Tieres in große Gruppen nicht überprüft werden kann, werden zudem ungenaue Dosierungen riskiert. Gerade bei Unterdosierungen drohen Erreger nicht vollständig abgetötet zu werden und es bilden sich Abwehreigenschaften und letztlich Resistenzen aus.
Übertragungswege
Die Übertragung von Antibiotikaresistenzen von Tieren auf Menschen kann auf verschiedenen Wegen erfolgen:
1. über die Umwelt: Abluft aus den Tierställen und ausgebrachte Gülle oder Gärreste kontaminieren die Luft, Böden, Oberflächengewässer, Grundwasser,
2. über die Erzeugnisse wie vor allem Fleisch, aber auch Rohmilch,
3. über den direkten Kontakt zu den Tieren.
Verbrauchsmengen in der EU und Deutschland
Im Jahr 2021 wurden rund 5.220 Tonnen Antibiotika an die Veterinärmedizin in Europa für die Verwendung bei sogenannten Lebensmittel liefernden Tieren abgegeben – das entspricht 98,6 % aller an die Veterinärmedizin verkauften Antibiotika (der Rest wird Haustieren verabreicht) (ESVAC-Bericht 2021).
Ein von EU-Behörden veröffentlichter Bericht, der regelmäßig den Antibiotikaeinsatz bei Tieren und Menschen vergleicht, berechnet für das Jahr 2017 einen Antibiotikaverbrauch von 6.558 Tonnen bei Lebensmittel liefernden Tieren. Dagegen wurden im selben Jahr „nur“ 4.122 Tonnen für den Menschen eingesetzt (JIACRA III-Bericht).
In Deutschland betrugen die Abgabemengen von Antibiotika für den veterinärmedizinischen Einsatz laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 540 Tonnen im Jahr 2022 (BVL 2023). Ein Hotspot ist hier Norddeutschland – die in dieser Intensivregion existierende hohe Tierdichte korreliert deutlich mit den hohen Antibiotikaverbräuchen. Konkret verbraucht werden die meisten Antibiotika in Deutschland bei Mastschweinen und Mastferkeln (für 2021), sodann bei Mastgeflügel (Puten, Hühner) und Mastkälbern (BfR 2022).
Seit Jahren zeigt sich zudem auch über die sogenannten Therapiehäufigkeiten, dass bei allen Tiernutzungsarten „anteilsmäßig die größten Mengen an Antibiotika in großen Betrieben verbraucht“ werden. (BfR 2022; BMEL 2019).
Vergleich in mg/PCU
Um eine bessere Vergleichbarkeit für unterschiedliche Tierarten und Berichtsländer der EU zu gewährleisten, wird für den Antibiotikaeinsatz zusätzlich zur Angabe in Tonnen auch die Einheit mg/PCU verwendet (PCU = Population Correction Unit, entspricht 1 kg Biomasse der Lebensmittel liefernden Tiere bzw. 1 kg Gesamtkörpergewicht der Bevölkerung).
Der relative Verbrauch von Antibiotika bei Lebensmittel liefernden Tieren (108,3 mg/PCU) lag laut EU-Behörden im Jahr 2017 durchschnittlich unter dem Verbrauch für Menschen (130 mg/PCU) (JIACRA III-Bericht). Allerdings steht hier die lange Lebensdauer beim Menschen der meist kurzen Lebensdauer der Lebensmittel liefernden Tiere gegenüber. Das heißt: Letztlich werden deutlich mehr Tiere als Menschen mit Antibiotika behandelt, wodurch auch die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Resistenzen bei den Tieren größer ist.
Der europäische Durchschnittswert aus dem JICARA III-Bericht verschleiert auch, dass in Hochverbrauchsländern wie Spanien, Polen, Italien und Deutschland noch immer mehr Antibiotika bei Tieren (in mg/PCU) als bei Menschen eingesetzt werden – in Deutschland im Jahr 2017 waren das 89 mg/PCU Antibiotika bei den zur Lebensmittelerzeugung genutzten Tieren und 63,8 mg/PCU bei Menschen.
Deutschland liegt aktuell im europäischen Vergleich (2021) in der Nutztierhaltung mit einem Antibiotikaverbrauch von rund 73,2 mg/PCU um ein Vielfaches höher als Länder wie Norwegen (2,5 mg/PCU), Schweden (10,9 mg/PCU), das Vereinigte Königreich (28,3 mg/PCU), Dänemark (33,4 mg/PCU) oder die Niederlande (47,6 mg/PCU) (ESVAC-Bericht 2021).
Aktuelle Situation
Auch wenn der Einsatz von Antibiotika in der Tiermedizin seit 2011 insgesamt gesunken ist, zeigt sich in den letzten Jahren eine deutliche Verlangsamung des weiteren Rückgangs. Für einzelne Antibiotika und Länder steigt der Einsatz sogar wieder an. Die bisherigen Bemühungen, den Antibiotikaverbrauch zu senken, erscheinen mittlerweile erschöpft. Ohne einen systemischen Umbau der Tierhaltung, der eine drastische Verbesserung der Tierzucht und -haltung, inkl. einer deutlichen Gruppen- und Bestandsreduktion, beinhaltet, wird eine weitere Reduktion von Antibiotika kaum zu erreichen sein.
Was sind hpCIA?
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Was sind hpCIA?
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Als äußerst besorgniserregend kann die Ausbildung und Verbreitung von Resistenzen gegen die Antibiotika gelten, die dem Menschen oft als letzte oder einzige Behandlungsoption zur Verfügung stehen. Als sogenannte Reserveantibiotika können die „highest priority Critically Important Antimicrobials“ (hpCIA) eingestuft werden.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet mit den hpCIA (hpCIA = Cephalosporine der 3. und höheren Generationen, Chinolone inkl. Fluorchinolone, Glykopeptide, Makrolide und Ketolide, Polymyxine wie Colistin) die antibiotischen Wirkstoffklassen, die zur globalen Eindämmung von Resistenzen über eine umsichtigere und restriktivere Verwendung die höchste Priorität einzuräumen ist. In ihren Leitlinien für den Gebrauch von Antibiotika bei Lebensmittel liefernden Tieren empfiehlt die WHO explizit, in diesem Bereich keine hpCIA mehr einzusetzen.
Verbrauchsmengen der hpCIA
Auf europäischer Ebene hatten hpCIA im Jahr 2021 einen Anteil von etwas über 14 % an den Gesamtabgaben an Antibiotika für die Nutztierhaltung (ESVAC-Bericht 2021). Die europäischen Daten zeigen insgesamt auch deutlich ihren hauptsächlichen Einsatz in der problematischen Gruppenanwendung von Tieren (s. o. „Welche Rolle spielt die industrielle Tierhaltung?“). In Deutschland betrug die Gesamtmenge an abgegebenen hpCIA in der Tiermedizin im Jahr 2022 rund 96 Tonnen, was etwa 18 % der insgesamt in diesem Jahr an die Tiermedizin in Deutschland abgegebenen Antibiotika entspricht. (BVL 2023)
Aktuelle Resistenzlage
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Aktuelle Resistenzlage
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Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verweisen anlässlich eines gemeinsamen Berichts (2021) auf eine „nach wie vor hohe Resistenz bei Bakterien, die lebensmittelbedingte Infektionen auslösen“, ein Befund, der auch mit dem aktuellsten Bericht (2022) noch einmal bestätigt wurde. Schon ein vorheriger Bericht (2020) mahnte an, dass Infektionen mit lebensmittelbedingten Bakterien immer schwieriger behandelt werden können. Und auch der Europäische Rechnungshof bekräftigte in seinem Sonderbericht zur „Bekämpfung der Antibiotikaresistenz“ (2019) die große Herausforderung für die EU.
In einem gemeinsamen Policy Paper von ECDC, OECD, EFSA und EMA (2022) wird generell festgehalten, dass die „Resistenz gegen häufig verwendete Antibiotika bei Bakterien“, die von zur Lebensmittelgewinnung eingesetzten Tieren stammen, noch immer „hoch (>20 % bis 50 %) oder sehr hoch (>50 % bis 70 %)“ ist.
Resistenzen gegen hpCIA
Die Berichte des ECDC und der EFSA zeigen für den Menschen weit verbreitete Resistenzen gegen Ciprofloxacin (Fluorchinolone) auf. Darüber hinaus bestehen auch Resistenzen gegen Cephalosporine, Makrolide sowie Polymyxine, in manchen Ländern auch Ko-Resistenzen gegen speziell Ciprofloxacin und Erythromycin (Makrolide).
Hoch bedenklich ist, dass Krankheitserreger wie Salmonellen oder Campylobacter, die bei Menschen sehr häufig Infektionen auslösen, bereits Resistenzen gegen die Antibiotika aufweisen, die eigentlich zu ihrer Behandlung eingesetzt werden. Ein großer Teil der Salmonella-Bakterien ist sogar schon multiresistent – das heißt hier wirken schon drei oder mehr antimikrobielle Mittel nicht mehr.
Situation in Deutschland
Die aktuelle Resistenzlage in Deutschland wird regelmäßig über das Zoonosen-Monitoring in den Blick genommen. Der aktuelle Bericht gibt zu bedenken, dass die „Ergebnisse der Untersuchungen in den Lebensmittelketten Masthähnchen, Mastschwein und Mastkalb/Jungrind [...] in vielen Bereichen in derselben Größenordnung wie in den Vorjahren“ liegen, es also „zu keinen wesentlichen Verbesserungen gekommen ist“ (BVL 2022).
Eine aktuelle Zusammenfassung von Antibiotikaresistenzdaten aus den Jahren 2012–2021 im Bundesgesundheitsblatt zeigt: Praktisch jedes zweite Hähnchen ist mit Resistenzen gegen Reserveantibiotika kontaminiert (Bundesgesundheitsblatt, Ausgabe 6/2023).
Eine (kurze) Chronologie der Resistenznachweise
Neben den regelmäßigen staatlichen und europäischen Monitorings und Berichten (s. o. „Aktuelle Resistenzlage“) verweisen auch die Ergebnisse einzelner Untersuchungen durch NGOs, Medien und Universitäten immer wieder auf das Problem der Antibiotikaresistenzen. Nachfolgend eine kurze Übersicht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Organisation/Institution | Jahr | Untersuchungsgegenstand |
---|---|---|
Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt |
2023 |
51 Hühnerfleischproben von Lidl untersucht (Eigenmarke; Haltungsform-Stufe 2 „Stallhaltung Plus“). 71 % mit antibiotikaresistenten Bakterien besiedelt. |
Dissertation (FU-Berlin) |
2022 |
Studie zur Erforschung ESBL/AmpC-bildender Enterobakterien bei Mastputen. „70,8 % der 48 untersuchten Betriebe [...] wiesen einen positiven Status fürESBL/AmpC-produzierende Enterobakterien auf (inklusive E. coli) und in 60,4 % der Betriebewurden ESBL/AmpC-bildende E. coli nachgewiesen.“ |
Greenpeace |
2022 |
Abwasserproben von vier Schlachtbetrieben aus zwei Bundesländern. 35 der 44 Proben wiesen resistente Bakterien auf, 8 davon sogar gegen Reserveantibiotika. |
Dissertation (FU-Berlin) |
2022 |
Verlaufsstudie, Februar bis Dezember 2018, konventionelle und ökologische Schweinemastbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern. In allen Mastbetrieben wurden ESBL-positive E. coli gefunden, prozentualer Anteil bei konventionellen Betrieben höher als bei ökologischen Betrieben (hier auch größere Variation zwischen den Betrieben). Resistenzen auch gegen Reserveantibiotika. Hinweise, „dass Herkunftsbetriebe einen großen Einfluss auf das Vorkommen von ESBL-bildenden E. coli in den Mastbetrieben können.“ Außerdem: „Wäre der Gesundheitsstatus der Tiere bei den jeweiligen Ferkelzüchtern immer als gut einzuschätzen, könnte [...] der Antibiotikaeinsatz weiter reduziert und insbesondere durch die besseren Haltungsbedingungen in der ökologischen Landwirtschaft dazu beitragen, dass sich Antibiotikaresistenzen auf einem niedrigeren Niveau befinden, als dies zum Teil aktuell der Fall ist.“ |
Deutsche Umwelthilfe (DUH) |
2021 |
62 Putenfleisch-Proben aus verschiedenen Orten in Deutschland: Insgesamt auf 29 % der Proben wiesen antibiotikaresistente Erreger auf, 26 % Resistenzen gegen Reserveantibiotika. |
Greenpeace |
2021 |
33 Wasser-Proben an Schlachthöfen genommen: 30 der 33 Proben wiesen meist mehrfach resistente Bakterien auf. Resistenzen auch gegen das Reserveantibiotikum Colistin. |
Forschungsarbeit (gefördert durch das Bundesinstitut für Risikobewertung) |
2021 |
E.-coli-Isolate aus 41 verschiedenen Human-und Tierpopulationen (Tiere: Erzeuger-, Schlachtbetriebe und Einzelhandel) untersucht. Resistenzanteile zwischen Menschen und Tieren für die Antibiotika Ampicillin (1–70 %), Gentamicin (0–15 %) und die beiden Reserveantibiotika Cefotaxim (0–16 %) und Ciprofloxacin (0–36 %) verglichen. |
Germanwatch |
2020 |
165 Fleischproben der drei größten EU-Geflügelfleischkonzerne untersucht: 51 % der Proben mit antibiotikaresistenten Erregern belastet, auf 35 % des Fleischs gegen Reserveantibiotika resistente Bakterien. |
HyReKA |
2020 |
Proben aus Hähnchen- und Schweinemastbetrieben und Schlachthöfen untersucht: „Die ubiquitäre Verbreitung von Bakterien der ESKAPE-Gruppe (insb. E. coli und MRSA), dieResistenzen gegen Reserveantibiotika aufweisen, in Prozesswässern und Abwasser von Geflügel- und Schweineschlachthöfen ist besorgniserregend.“
Kolonisierung und Infektion der Schlachthofmitarbeiter nicht ausschließbar. Eintrag der Bakterien in die Lebensmittelkette möglich. |
Forschungsarbeit (unterstützt durch das Bundesinstitut für Risikobewertung) |
2020 |
Untersuchung von 407 Colistin-resistenten Salmonella-Isolaten auf mcr-1- bis mcr-9-Gene. „254 von 407 (62,4 %) Isolaten trugen entweder mcr-1 (n = 175), mcr-4 (n = 53), mcr-5 (n = 18) oder mcr-1 und mcr-9 (n = 8). [...] Die mcr-tragenden Isolate stammten hauptsächlich von Tieren (77,2 %) oder Lebensmitteln (20,1 %) und konnten zehn verschiedenen Salmonella-Serovaren zugeordnet werden. Viele der Isolate waren multiresistent. Bei acht Isolaten wurde ein gemeinsames Auftreten von mcr-1 und AmpC- oder ESBL-Genen beobachtet. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass mcr-Gene unter Colistin-resistenten Salmonella-Isolaten aus Nutztieren und Lebensmitteln in Deutschland weit verbreitet sind. Eine mögliche Übertragung von mcr-tragenden Isolaten entlang der Nahrungskette muss kritisch betrachtet werden.“ |
Germanwatch |
2019 |
59 Hähnchenfleisch-Proben aus verschiedenen Discountern untersucht. 56 % mit antibiotikaresistenten Bakterien kontaminiert, darunter auch Resistenzen gegen Reserveantibiotikum Colistin. |
Forschungsarbeit |
2019 |
Nasale Besiedelung mit LA-MRSA bei 86 % der in den untersuchten MRSA-positiven Betrieben tätigen Landwirt*innen und Tierärzt*innen nachgewiesen. |
Norddeutscher Rundfunk, Panorama |
2018 |
Proben aus niedersächsischen Gewässern (12 Probenorte): In allen Proben multiresistente Erreger gefunden. An fünf der zwölf Orte Nachweis des mcr-1-Gens.. |
BMBF-Forschungsprojekt RESET |
2017 |
Verschiedene Studien zu Resistenzen bei Tier und Mensch, u.a.: „In sehr hohem Anteil der untersuchten Betriebe mit Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren [...] wurden Proben mit ESBL- bzw. AmpC produzierenden e-coli gefunden.“ Auch: Resistenzgen mcr-1 in drei Schweine-Isolaten und einem menschlichen Isolat gefunden. |
Dissertation (FU Berlin) |
2016 |
„Nachweis, dass ESBL/AmpC-produzierende E. coli in Kloakentupfern klinisch gesunder Masthähnchen sowie in deren Stallumgebung regelmäßig vorkommen.“ |
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), Nordrhein-Westfalen |
2016 |
„Über die Kultivierung und Identifizierung gewonnener Reinkulturen konnten in der Abluft von fünf der zehn untersuchten Schweinemastställe MRSA-Stämme nachgewiesen werde. Damit decken sich die Ergebnisse mit den bisher vorliegenden Aussagen über ein häufiges Auftreten von MRSA in der Stallluft, im Stallstaub und an untersuchten Tieren.“ |
HICARE-Aktionsbündnis (BMBF-Wettbewerb „Gesundheitsregionen der Zukunft“) |
2015 |
„Die Daten der PROMT-Studie konnten zeigen, dass ESBL-bildende Bakterien in Betrieben mit Nutztierhaltung in Mecklenburg-Vorpommern weit verbreitet sind und eine zoonotische Übertragung auf Mitarbeiter nicht auszuschließen ist. Außerdem wurde nachgewiesen, dass LA-MRSA in Schweinemastbetrieben der Projektregion zu finden sind. Es konnte zudem gezeigt werden, dass in allen Betrieben mit MRSA-positiven Staubproben auch viele der Mitarbeiter MRSA-positiv waren. Dieses Resultat erhärtet die Theorie, dass eine potentielle Gefährdung der landwirtschaftlichen Mitarbeiter für Kolonisationen und nachfolgende Infektionen mit MRE besteht.“ |
BUND |
2015 |
Putenfleischproben auf MRSA und ESBL-produzierende Erreger untersucht: Insgesamt 88 % der Proben entweder mit ESBL oder MRSA belastet. |
Forschungsarbeit |
2012 |
MRSA-Vorkommen in der Luft und im Stallumfeld von Schweineställen untersucht: MRSA in 23 von 27 Ställen (85,2 %) in der Stallluft nachgewiesen. |
BUND |
2012 |
ESBL-Keime auf 10 von 20 Fleischproben gefunden. |
Antibiotikaresistenzen: ein globales Problem
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Antibiotikaresistenzen: ein globales Problem
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Schon heute lassen sich erste (multi-)resistente Erregerstämme an verschiedenen Orten der Welt nachweisen. Eine solche Verbreitung geschieht vor allem durch die menschliche Reisetätigkeit sowie durch Im- und Exporte von Waren. Bezüglich der Resistenzen aus der Tierproduktion muss dabei zweierlei bedacht werden:
Durch den Export von Fleisch exportiert die Europäische Union (inklusive Deutschland) auch resistente Krankheitserreger in andere Länder. Dabei oftmals auch in Länder mit schwächeren Gesundheitssystemen. Umgekehrt importieren wir auch Fleischprodukte nach Europa aus Ländern mit niedrigeren Produktionsstandards und höheren Resistenzraten.
Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2023, die sich auf die „Zoonotische[n] Quellen und die Ausbreitung der Antibiotikaresistenz aus der Sicht von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen“ konzentriert, hält für Subsahara-Afrika fest:
„Geflügelfleisch [wird] häufig aus Ländern mit hohem Einkommen (z. B. USA, Europa) importiert, und insbesondere Geflügel aus Europa und Brasilien [...] ist mit ESBL-produzierenden E. coli kontaminiert (bis zu 54 %).“ (Olaru et al. 2023)
Die Studie verweist auch auf den umgekehrten Weg: So seien in einem Fall bis zu 95 % des auf den schwedischen Markt importierten Masthähnchenfleisches aus Brasilien mit ESBL/AmpC-produzierenden E. coli kontaminiert gewesen, in einem anderen Fall 29,5 % der aus Südamerika in das Vereinigte Königreich importierten Hühnerfleischchargen mit zwei verschiedenen ESBL-Erregern.
Gerade diese Handelsdimension macht erneut deutlich, dass die weitere Ausbildung und Verbreitung von Resistenzen besonders gegen Reserveantibiotika (v. a. hpCIA) schnellstmöglich eingedämmt werden muss.
Die Quellen und Informationsmaterialien am Ende rausnehmen und hier Hinweis auf Report ergänzen.
Weitere Informationen finden Sie in unserem aktuellen Report zu Antibiotikaresistenzen in der Tierhaltung
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Den Appell und die Übersicht aller Organisationen finden Sie hier.
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