Blogpost | 12.03.2024

Verlieren wir weiter Wälder, erreichen wir unsere Klimaziele nicht

Ergebnisse der COP28 zum Schutz der Wälder
Nebel hängt über Bäumen im Amazonas-Regenwald

Gut geschützt? Regenwälder sind weltweit äußerst bedeutend für den Klimaschutz – und werden vor allem durch Abholzung für die landwirtschaftliche Produktion bedroht. 

Auf der Weltklimakonferenz in Dubai war auch Entwaldung ein wichtiges Thema. Die Vertragsparteien hoben zum ersten Mal im Verhandlungsergebnis hervor, wie wichtig es ist, bis 2030 die weltweite Entwaldung zu beenden. Allerdings werden immer noch Wälder gerodet. Was wurde auf der COP28 in Dubai beschlossen? Und wo besteht weiterhin Handlungsbedarf?

Der Weltklimarat (IPCC) betonte in seinem sechsten Sachstandsbericht, dass der Schutz der Wälder eine der wirksamsten Maßnahmen für die Bewältigung der Klimakrise ist. Daher ist es ist von erheblicher politischer Bedeutung, dass sich endlich über 190 Länder im Abschlussdokument der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) darauf geeinigt haben, dass ein Ende der Entwaldung bis 2030 erforderlich ist, um gegen den Klimawandel anzusteuern.

Entwaldung und Waldschädigung sollen durch finanzielle Mittel, Technologietransfer und den Aufbau von erforderlichen Kapazitäten und Know-how eingedämmt werden. Positiv hervorzuheben ist auch, dass bei Maßnahmen gegen Entwaldung soziale Belange berücksichtigt werden sollen und in den Kontext der nachhaltigen Entwicklung und Anstrengungen zur Armutsbekämpfung gestellt werden sollen. Ebenso begrüßenswert ist die Hervorhebung, wie wichtig es ist, neben Wäldern „die Unversehrtheit aller Ökosysteme zu gewährleisten“. Kritisch zu bewerten ist dagegen die Aufforderung der Vertragsparteien, kohlenstofffreie oder -arme Brennstoffe zu verwenden, was zur Ausweitung von Flächen für die Produktion von Biokraftstoffen führen und damit Entwaldung zur Folge haben könnte.

Vorstellung neuer Initiativen gegen Entwaldung

Brasilien stellte den Tropical Forest Forever Fund (TFFF) zum weltweiten Erhalt von tropischen Regenwäldern vor. Das Konzept zielt darauf ab, dass die 80 Staaten mit tropischem Regenwald selbst ihren Finanzbedarf zum Schutz von Biomen den Industrieländern darlegen und jährlich einen festen Preis pro Hektar geschütztem oder renaturiertem Wald erhalten. Um Zugang zum Fonds zu erhalten, müssen die Länder nachweisen, dass ihre Entwaldungsrate unter einen bestimmten Schwellenwert gesunken ist und sie über einen transparenten Mechanismus für die Ressourcenzuteilung sowie eine zuverlässige Methode zur Messung der Waldfläche verfügen. Der Fonds soll größtenteils den Menschen zugutekommen, die zum Erhalt des Waldes beitragen. Brasilien lud die Regenwaldländer ein, sich an der endgültigen Gestaltung des Fonds zu beteiligen. Zu Beginn sollen 250 Mrd. US-Dollar aus Staatsfonds und durch private Investoren, darunter auch die Ölindustrie, finanziert werden. Positiv ist, dass je nach Ausgestaltung die ergebnisorientierte Ausrichtung auch eine soziale und wirtschaftliche Entwicklung in der Region erlaubt. 

Großbritannien verkündete darüber hinaus auf der COP28 die Veröffentlichung seiner nachgeordneten Rechtsvorschrift für ein neues Sorgfaltspflichten-Gesetz. Dieses wird die Nutzung von auf illegal entwaldeten Flächen produziertem Palmöl, Kakao, Rindfleisch, Leder und Soja verbieten. Andere Lieferketten von Rohstoffen mit hohem Entwaldungsrisiko wie Kaffee, Kautschuk und Mais sind von der Gesetzgebung nicht betroffen und dürfen somit weiterhin ohne Sorgfaltspflicht eingeführt werden. Zudem kann Entwaldung weiter vorangetrieben werden, wenn die Produkte aus Ländern stammen, in denen Entwaldung für die Produktion der Rohstoffe legal ist.

Des Weiteren starteten die EU, Deutschland, die Niederlande und Frankreich auf der COP28 eine neue globale Team Europe Initiative (TEI) für entwaldungsfreie Lieferketten zur Förderung von Partnerschaften mit Produktionsländern, welche Germanwatch sehr begrüßt. Für die Umsetzung wurden neue Mittel in Höhe von 70 Mio. Euro zugesagt. Deutschland wird in einer ersten Phase etwa 13 Mio. Euro beisteuern. Partnerländer erhalten auf Nachfrage Unterstützung beim Übergang zu nachhaltigen, entwaldungsfreien und legalen Lieferketten. 

Acht große Sojahändler, einschließlich ADM, Bunge, Cargill, COFCO und Olam verpflichteten sich auf der COP28 außerdem, für ihre Soja-Produktion bis 2025 nicht mehr zu entwalden und bis 2030 auch keine anderen natürlichen Ökosysteme im Amazonasgebiet sowie in den südamerikanischen Biomen Cerrado und Chaco umzuwandeln. Dies erlaubt ihnen wiederum, bis 2030 andere natürliche Ökosysteme, wie beispielsweise die nicht als Wald definierte Vegetation in der Cerrado-Savanne, landwirtschaftlich zu nutzen und zu schädigen. Um ihre Produktion mit dem Ziel des Pariser Klimaabkommens, den Temperaturanstieg auf unter 2°C und möglichst auf 1,5°C zu begrenzen, in Einklang zu bringen, müssten auch weitere bedrohte Biome Südamerikas wie die Pampa, die Mata Atlântica oder Chiquitano in Bolivien vor Umwandlung und Schädigung geschützt werden.

Finanzierungszusagen gegen Entwaldung

Das UN Environment Programme (UNEP) und Global Canopy stellten ihren Bericht State of Finance for Nature vor. Der Bericht zeigt, dass fast sieben Mrd. US-Dollar pro Jahr an staatlichen Subventionen und privaten Investitionen direkte negative Auswirkungen auf die Natur haben. Tatsächlich überwiegen Finanzierungen, die der Natur schaden um mehr als 30:1 gegenüber Ausgaben für naturfördernde Maßnahmen. Wenn die COP28-Vereinbarung tatsächlich etwas bewirken soll, müssen die Regierungen und das private Finanzwesen die sieben Mrd. US-Dollar pro Jahr, die derzeit der Natur schaden, dringend umwidmen.

Zeitgleich gab es einige Finanzierungszusagen gegen Entwaldung, die den Weg in diese Richtung weisen. Ein Beispiel dafür war die Ankündigung der 16 Unterzeichner:innen der Initiative Innovative Finance for the Amazon, Cerrado and Chaco (IFACC), die für nachhaltige Geschäftsmodelle für Soja und Rindfleisch ohne weitere Landumwandlung 4,6 Mrd. US-Dollar bereitstellen werden.

Deutschland, Norwegen und Großbritannien kündigten bis zu 34 Mio. US-Dollar an, um Brennpunkte im kolumbianischen Amazonasgebiet vor Entwaldung zu schützen und die nachhaltige lokale Wirtschaft zu fördern. Norwegen wird Indonesien mit 100 Mio. US-Dollar bei der Reduzierung der Entwaldung unterstützen.

Die Forest & Climate Leaders' Partnership (FCLP), ein Bündnis aus Regierungen, Zivilgesellschaft und Wirtschaft, das sich verpflichtet hat, den Waldverlust bis 2030 zu beenden und umzukehren, stellte Länderpakete für den Schutz von Wald, Klima und Natur mit Kolumbien, der Demokratischen Republik Kongo, Ghana und Papua Neuguinea vor, die von öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Partnern unterstützt werden. 

Erfolge in der Entwaldungsbekämpfung 

Regenwaldländer wie Belize, die Zentralafrikanische Republik, Kongo, Gabun, Madagaskar und Namibia nehmen durch ihre Wälder mehr Kohlenstoffdioxid auf als sie emittieren. Während 93 Prozent der surinamischen Regenwälder noch intakt sind, stellt Guyana, das Land mit einer der niedrigsten Entwaldungsraten der Welt, sicher, dass die indigenen Völker und Menschen, die in Waldgebieten leben, Teil der Lösung sind. Die Abholzung in Brasilien ist laut Regierungsstatistiken seit dem Amtsantritt von Präsident Lula um 20 Prozent zurückgegangen. Kolumbien konnte den Verlust an Primärwald im Amazonasgebiet im Jahr 2023 um 69 Prozent reduzieren. Auch Indonesien verzeichnete 2023 die geringste Entwaldung seit 20 Jahren. Malaysia hat den Verlust von Primärwäldern zwischen 2014 und 2020 um 70 Prozent reduziert. Palmöl ist dort nicht mehr die Ursache für Entwaldung.

Der brasilianische Präsident Lula da Silva spricht auf der COP28

Der brasilianische Präsident Lula da Silva spricht auf der COP28. Beabsichtigt er, neben dem brasilianischen Regenwald auch andere für den Klimaschutz bedeutende Biome dauerhaft zu schützen? 

 

Trotz dieser positiven Entwicklungen nahm Entwaldung global gesehen zu. Allein in den vergangenen zwei Jahren sind weltweit fast acht Mio. Hektar Primärwald verloren gegangen. In den Amazonas-Staaten wurden 911.740 Hektar Primärwald im Jahr 2023 abgeholzt. Brasilianische Ökolog:innen warnen, dass der Amazonas-Regenwald bei einem Verlust von 20 bis 25 Prozent der biologischen Vielfalt und der Abholzung einen Kipppunkt erreichen könnte. Trotz lokaler Erfolge sind weiterhin weltweit massive Anstrengungen erforderlich, um den Erhalt der Primärwälder zu gewährleisten und den globalen Waldverlust zu minimieren.

Brasiliens Einsatz zum Schutz der Wälder

Auf der Klimakonferenz in Dubai wiederholte Lula sein Versprechen, die Entwaldung in Brasilien bis 2030 zu beenden. Allerdings blieb unklar, ob sich dieses Versprechen ausschließlich auf illegale Entwaldung bezieht oder ob es das gesamte Amazonas-Gebiet oder sogar Entwaldung im gesamten Land einschließt.

Brasilien beteuerte zwar auf der COP28 sein Engagement für die Achtung der Rechte der indigenen Völker. Dennoch setzt sich dort die Legalisierung von illegalen Landansprüchen auf staatlichem Land fort. Zusätzlich schreiten Infrastrukturprojekte wie der Bau der Fernstraße BR-319 und damit verbundener Nebenstraßen voran, die große Teile des Amazonaswaldes für Abholzungsaktivitäten zugänglich machen würde. 

Brasilien wird als Gastgeberland der Weltklimakonferenz im Jahr 2025 die Staatengemeinschaft in der Amazonas-Stadt Belém empfangen. Wegen der Austragungsstätte erwarten wir, dass bei dieser COP Entwaldung besonders im Fokus stehen wird. Bis dahin soll Brasiliens Finanzierungsmechanismus für den Waldschutz, der Tropical Forest Forever Fund (TFFF), dann auch einsatzbereit sein.

Autor:innen

Katharina Brandt

Zitiervorschlag

Brandt, K., 2024, Verlieren wir weiter Wälder, erreichen wir unsere Klimaziele nicht. Ergebnisse der COP28 zum Schutz der Wälder

Ansprechpersonen

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Referentin für Agrarpolitik
Bereichsleiter Welternährung, Landnutzung und Handel