Sustainable Finance
Sustainable Finance bezeichnet die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten durch private und öffentliche Akteure. Sustainable Finance betrifft als Querschnittsthema verschiedene politische Bereiche: Haushalt, Finanzen, Industrie und Wirtschaft sowie Nachhaltigkeit, Natur- und Klimaschutz.
Die Klimakrise und die Krise des Artensterbens erfordern umfassende Umstrukturierungen hin zu Treibhausgasneutralität und einer nachhaltigen Wirtschaft. Sustainable Finance kommt eine Schlüsselrolle dabei zu, die sozial-ökologische Transformation zu finanzieren.
Wirtschaftliche Strukturen und damit verbundene Produktions- und Konsummuster werden sich im Rahmen der Transformation grundlegend ändern. Das Finanzwesen verfügt bei der Transformation der Realwirtschaft als Kapitalgeber über eine zentrale Hebelfunktion, da es Unternehmen zum Beispiel leichter und günstiger mit Finanzkapital ausstatten kann. Dafür bedarf es einheitlicher wissenschaftlicher Standards sowie entsprechender Nachhaltigkeitsdefinitionen und Transparenz. Ausgehend von diesen Bedarfen arbeitet Germanwatch im Themenfeld Sustainable Finance zu deutschen, europäischen und internationalen Sustainable-Finance-Strategien und begleitet als zivilgesellschaftliche Umwelt- und Entwicklungsorganisation die dafür politisch und wirtschaftlich relevanten Prozesse.
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Beobachterin im zweiten Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung
Der zweite Sustainable-Finance-Beirat – ein Multi-Stakeholder-Gremium aus Praktiker:innen der Finanz- und Realwirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft – kam im Sommer 2022 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. In der aktuellen Legislaturperiode berät er die Bundesregierung zum Beispiel bei der Überarbeitung und Weiterentwicklung der ersten deutschen Sustainable-Finance-Strategie.
Als Beobachterin nimmt Germanwatch an der Beiratsarbeit teil. Inhaltlich liegt der Fokus mitunter auf den Arbeitsgruppen zur Transformation des deutschen Mittelstandes und zu Transitionsplänen. Des Weiteren möchte Germanwatch durch die Präsenz in verschiedenen Arbeitsgruppen Querschnittsthemen stärken. Der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, war bereits stimmberechtigtes Mitglied des ersten Sustainable-Finance-Beirates. Seine Empfehlungen aus dem Abschlussbericht des Beirates 2021 bilden wichtige Grundlagen für Deutschland als Sustainable-Finance-Standort.
Transitionspläne
Transitionspläne sind zentral für die Transformation hin zur nachhaltigen Wirtschaft. Konkret legt ein Transitionsplan dar, wie, wann und durch welche Maßnahmen ein Unternehmen oder Finanzmarktakteur Klimaneutralität erreicht beziehungsweise im Einklang mit anderen planetaren Grenzen steht. Transitionspläne sind somit für verschiedene Akteure äußerst relevant:
- Neben der Zielerreichung kann ein Transitionsplan Unternehmen bei der Generierung von Transitionsfinanzierung unterstützen, zum Beispiel durch Kapitalmarktfinanzierung und potentiell staatliche Förderung. Außerdem dient er der Strategieplanung und dem Risikomanagement.
- Finanzmarktakteure können Transitionspläne von Unternehmen für die Bewertung des Veränderungswillens und der Umsetzungskompetenz nutzen und damit ihr Portfolio nachhaltig ausrichten. Demnach sind Transitionspläne dabei zentral, die „Tragödie des kurzfristigen Horizonts“ im Finanzmarkt zu überwinden. Darüber hinaus können Finanzmarktakteure zwecks Transitions- und Strategieplanung auch für sich selbst Transitionspläne erstellen.
- Die Politik kann Förderungen an die Existenz von wissenschaftsbasierten Transitionsplänen knüpfen und so die Transformation beschleunigen.
- Die Zivilgesellschaft kann Transitionspläne zur Einschätzung der Ambitionen von Unternehmen und Finanzmarktakteuren nutzen.
Germanwatch setzt sich auf deutscher und europäischer Ebene für die Etablierung von Transitionsplänen als Transformationsinstrument ein. Germanwatch wirkt bei der Konzeption von Transitionsplänen etwa im Sustainable-Finance-Beirat mit oder steht mit Entscheidungsträger:innen in Ministerien oder Parlamenten im Kontakt.
Transformation des deutschen MIttelstandes
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) machen mehr als neunzig Prozent der Unternehmen in Deutschland aus und werden daher oft als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet. Viele dieser Unternehmen zeichnen sich durch einen hohen Spezialisierungsgrad sowie durch eine besonders hohe (internationale) Konkurrenzfähigkeit aus. In Kombination mit einem hohen Gesamtanteil an der deutschen Wertschöpfung macht dies KMUs für den Wirtschaftsstandort Deutschland besonders transformationsrelevant. Mitunter aufgrund von eingeschränkten Ressourcen ist jedoch eine schnelle und weitreichendere Transformation für KMU schwieriger zu stemmen als für große Unternehmen.
Germanwatch unterstützt den deutschen Mittelstand bei der Transformation durch die Arbeit innerhalb als auch außerhalb des Sustainable-Finance-Beirats.
Europa ▾Europa ▴
Sustainable Finance Gesetzgebung
Berichterstattungs-, Offenlegungs- und Sorgfaltspflichten für Unternehmen und Finanzmarktakteure sind ein zentraler Baustein der Hebel- und Lenkungswirkung von Sustainable Finance. Neben der Offenlegung im Rahmen der Sustainable Finance Reporting Directive ist auf europäischer Ebene mitunter die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die EU-Taxonomie und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive von entscheidender Bedeutung. Nach der Verabschiedung der European Sustainability Reporting Standards durch die Europäische Kommission 2023 wird nun die CSRD und die EU-Taxonomie in nationales Recht umgesetzt und durch Unternehmen implementiert. Dies begleitet Germanwatch aus kritischer, zivilgesellschaftlicher Perspektive, um die Umsetzung der Berichterstattungspflichten sowie die Unterstützung von Unternehmen dabei sicherzustellen.
Übersicht über die CSRD:
International ▾International ▴
Reform der internationalen Finanzarchitektur
Seit rund 80 Jahren existiert die heute bekannte internationale Finanzarchitektur (IFA). Sie hat den Auftrag, wirtschaftliches Wachstum, finanzielle Stabilität und internationale Kooperation zu fördern. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich allerdings zunehmend ihre Defizite herauskristallisiert. Dazu zählen allen voran die Struktur der Weltbank und des internationalen Währungsfonds, die Intransparenz und Ineffizienz im Wirken der IFA sowie ihr Beitrag zur globalen Gerechtigkeit. Die Rufe nach einer Reform intensivieren sich angesichts der Klimakrise, die das Umlenken internationaler Kapitalströme in die nachhaltige Entwicklung von Ländern mit schwachem und mittlerem Einkommen nötig macht.
Germanwatch begleitet diesen Prozess durch regelmäßige Publikationen, steht mit politischen Entscheidungsträger:innen in Kontakt und regt den Austausch der politischen Parteien zum Thema an. Ein besonderes Anliegen ist es Germanwatch zudem, die Stimme des Globalen Südens durch intensiven Austausch mit Partner:innen vor Ort im Globalen Norden zu stärken.
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Der Green Finance Roundtable
Germanwatch veranstaltet ein monatliches Vernetzungs- und Austauschtreffen zu Sustainable-Finance-Themen für NGOs und Think-Tanks, den Green Finance Roundtable. Der Roundtable besteht aktuell aus 17 verschiedenen Organisationen und steht weiteren Interessierten offen. Kontakt unter meyer@germanwatch.org
Wichtige Publikationen
Die EU-Taxonomie: Fortschritte, Versäumnisse und aktueller Stand der Dinge
Consistency Case Study: Actions Supporting Article 2.1c of the Paris Agreement in Germany
Reform of the International Financial Architecture
Summit for a New Global Financing Pact
The Summit for a New Global Financial Pact: Outcomes and Challenges (Brot für die Welt)
Aktuelles zum Thema "Sustainable Finance"
Die globalen Klimaverhandlungen steuern zu langsam auf die finanziellen Veränderungen zu, die erforderlich wären, um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen. Allerdings gibt es Fortschritte auf Länderebene. Doch wie lassen sich diese messen? Und wie identifiziert man die Bereiche, in denen noch viel Arbeit zu tun ist? Dieser englischsprachige Blogbeitrag beschreibt, wie ein gemeinsames Rahmenwerk dabei helfen kann.
In Artikel 2.1c des Pariser Abkommens wurde vereinbart, internationale Finanzströme mit den Klimazielen in Einklang zu bringen. Dafür muss nicht nur mehr Geld für Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellt werden – es gilt auch, öffentliche und private Finanzmittel umzulenken. Diese englischsprachige Fallstudie untersucht, inwiefern Artikel 2.1c in Deutschland bereits umgesetzt wurde. Sie stellt einen ersten Versuch dar, einen umfassenden Analyserahmen für die Bewertung der Umsetzung zu schaffen.
Im rauen Fahrwasser der aktuellen Weltlage bleibt der Kahn „Klimaschutz“ nach Einschätzung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch gerade noch auf Kurs. „Manche auf dem Weltklimagipfel wollten angesichts geopolitischer Spannungen das Pariser Klimaabkommen versenken. Durch den gemeinsamen Einsatz progressiver Länder und der Zivilgesellschaft konnte das im Wesentlichen abgewendet werden“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Das 1,5 Grad-Limit bleibt das elementare Ziel im globalen Klimaschutz – und es ist noch immer erreichbar.“
Die Zustimmung des EU-Parlaments zum Taxonomie-Entwurf der EU-Kommission, der die Aufnahme von Atomenergie und Erdgas in die Kriterien für nachhaltige Aktivitäten vorsieht, stößt bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch auf scharfe Kritik. Dieses Schlüsselinstrument für die Transformation werde dadurch schwer beschädigt. „Das Europaparlament hat nicht die Notbremse gezogen um zu verhindern, dass aus dem zentralen Instrument gegen Greenwashing für den Finanzmarkt ein Instrument für Greenwashing von Gas und Atomenergie wird. Nun wird angesichts angekündigter Klagen von Staaten und Zivilgesellschaft wohl die Justiz das letzte Wort haben“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.
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