Pressemitteilung | 04.07.2003

Den "Geist von Rio" in das WTO-Agrarabkommen bringen.


 

Berlin, 4. Juli 2003 Den "Geist von Rio" in das WTO-Agrarabkommen bringen, dies war das Kernanliegen eines viertägigen Expertenworkshops mit Vertreter/innen aus dem Bereich Naturschutz, Entwicklung und Handel aus Nord und Süd (siehe auch: Gemeinsame Erklärung der Teilnehmer mit Forderungen an die EU-Agrarpolitik). Die Stiftung Europäisches Naturerbe (Euronatur) und Germanwatch haben mit diesem ersten gemeinsamen Projekt die vermeintlich gegensätzlichen Themenbereiche Naturschutz und Entwicklung miteinander verbunden. Marita Wiggerthale, Handelsreferentin bei Germanwatch, und Matthias Meissner, Projektleiter bei Euronatur, erläuterten auf der heutigen Pressekonferenz, dass die unterschiedliche Herkunft der Workshopteilnehmer/innen es erst ermöglichte, die dramatischen Folgen der Agrarpolitik der Industrieländer und des ungleichen Handels für das Leben der Menschen und für die Natur in den Entwicklungsländern zu analysieren. Ziel müsse es nun sein, die Ergebnisse in das WTO-Agrarabkommen zu integrieren.

"Die subventionierten Billig-Importe von Weizen und Mais aus den U.S.A. und der EU haben in Kolumbien zur Verarmung von Kleinbauern und dem Verlust der biologischen Vielfalt geführt", erklärte Santiago Perry, ehemaliger Chefunterhändler Kolumbiens bei der WTO. Auf Druck des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank öffnete Kolumbien seine Märkte, auch für billige, subventionierte Agrarprodukte aus den OECD-Staaten. Dies habe zu einer Verdrängung von kleinbäuerlichen Anbauprodukten, Einkommensverlusten und zur Verschuldung geführt. Bauern seien gezwungen gewesen, ökologisch wertvolle Waldgebiete zu zerstören, um Nahrungsmittel anzubauen. Die Folge sei der weitere Verlust der biologischen Vielfalt und die Gefährdung angepasster, regionaler Kulturpflanzen.

"So lange das ungleiche WTO-Agrarhandelabkommen und ökologisch unsinnige Agrarsubventionen im Norden den Entwicklungsländern die Chance zur Entwicklung von nachhaltigem Landbau verbauen, wird es auch nicht zu einem langfristigen Schutz der biologischen Vielfalt kommen," betonte Matthias Meißner von Euronatur. "Auch die Südteilnehmer waren sich einig, dass eine Konzentration der Agrarsubventionen in den Industrieländern auf umweltbezogene Agrarförderungsprogramme ein wichtiger Schritt zu einem nachhaltigen Schutz der Natur in Nord und Süd sein wird," so Meißner weiter.

Eine entwicklungsfreundliche EU-Agrarpolitik erfordere nicht nur eine Abkehr von intensiven Produktionsformen, sondern auch eine Beendigung der handelsverzerrenden Subventionspolitik. "Die meisten derzeitigen Agrarsubventionen der Industrieländer bedrohen viele Kleinbauern in ihrer Existenz, verhindern eine nachhaltige Entwicklung und haben massive negative Umweltauswirkungen in den Ländern des Südens", betont Marita Wiggerthale.

Die Europäische Union müsse die Entwicklungsländer unterstützen, indem sie ihre Exportsubventionen abbaue und umweltfreundliche Technologien bereitstelle. "Erst wenn die EU hier deutliche Zeichen setzt, wollen wir den uns verbleibenden, geringen Außenschutz weiter reduzieren", erklärt Fiona Black, ehemalige Managing Director der Jamaica Dairy Farmers Federation.

An dem Expertenworkshop "WTO-Agrarverhandlungen und Naturschutz" haben 18 Vertreter/innen aus den Bereichen Entwicklung, Naturschutz und Handel aus neun Entwicklungsländern und Europa teilgenommen. Er wurde vom Bundesamt für Naturschutz aus Mitteln des Bundesumweltministeriums finanziert.
 

Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:

  • Marita Wiggerthale (Germanwatch), Tel: 030 - 2888 356-3
  • Matthias Meissner (Stiftung Europäisches Naturerbe), Tel: 02226 - 2045


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