Boom in China und Indien: Bedrohung und Chance.
Gemeinsame Pressemitteilung von Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch
Berlin, den 18. Mai 2006. Am heutigen Donnerstag wurde in Berlin in Anwesenheit von Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul die deutsche Ausgabe des "Berichts zur Lage der Welt 2006" des Worldwatch-Institutes in Washington vorgestellt. Der Bericht analysiert den rasanten wirtschaftlichen Aufstieg Chinas und Indiens sowie die zunehmend spürbaren Auswirkungen auf die globale Umwelt und Entwicklung. Mitherausgeber der deutschen Ausgabe sind die Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch.
Für die Heinrich-Böll-Stiftung sagte deren Vorstand Ralf Fücks heute bei der Vorstellung des Berichts: "Der beispiellose Aufstieg Chinas und auch Indiens zu Wirtschaftsmächten ersten Ranges fasziniert und erschreckt zugleich: die wirtschaftlichen Möglichkeiten sind enorm, die sozialen Ungleichgewichte und ökologischen Belastungen dieses rasanten Wachstums jedoch auch. Zudem produziert die globale Ressourcensicherung der neuen und alten Mächte ohne Rücksicht auf menschenrechtliche oder ökologische Bedenken auch außenpolitische Konflikte - etwa wenn China mit repressiven Regimes wie dem Iran oder Sudan kooperiert und damit Sanktionen der internationalen Staatengemeinschaft unterläuft. Mit spitzem Finger auf China zu zeigen ist jedoch nicht hilfreich, denn er zeigt unmittelbar auf uns zurück. Produktiv wird das Erschrecken über den globalen Ressourcenstress nur dann, wenn auch die Industriestaaten - gemeinsam mit den Schwellenländern - sehr viel entschlossener als bisher die Wende zur nachhaltigen Entwicklung vollziehen. Das ambitionierte Ausbauprogramm Chinas für erneuerbare Energien bietet hierfür gute Ansatzpunkte. Es spricht einiges dafür, dass die chinesische Führung Deng Xiao Pings schlichte Parole 'Reichwerden ist glorreich' zugunsten eines ausgewogeneren Entwicklungsmodells überwunden hat."
Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch, wies besonders auf die Verantwortung der deutschen Politik und Wirtschaft hin: "Im Wechselspiel zwischen Geschäft und Verantwortung können gerade auch deutsche Unternehmen dazu beitragen, dass in China und Indien die Fehlentwicklungen der industrialisierten Staaten vermieden und hohe soziale und ökologische Standards breit verankert werden. So können sie unter Beweis stellen, dass sie es mit "Corporate Responsibility" - Unternehmensverantwortung - ernst meinen. Unternehmerische Freiheiten können nur gefordert werden, wenn Unternehmen auch Menschenrechte achten, um ihnen - wie im Falle Chinas - damit stärker zum Durchbruch zu verhelfen."
Der Wirtschaftsboom in China und Indien sei Bedrohung und Chance zugleich, so der Bericht, den Oystein Dahle, Vorstandsvorsitzender des Worldwatch Institutes, vorstellte. So lege der neueste Fünfjahresplan der chinesischen Regierung deutlich mehr Gewicht als bisher auf den Abbau der enormen sozialen Spannungen und den Schutz der Umwelt. Es gebe Indizien für eine gedankliche Trendwende in China.
Der aktuelle Bericht des Worldwatch Institutes befasst sich mit globalen Lösungsansätzen für eine nachhaltige Entwicklung und skizziert Strategien für die Vereinbarkeit von ökologischen und wirtschaftspolitischen Zielen. Die deutsche Ausgabe enthält zusätzlich zu den aus dem Englischen übersetzten Beiträgen ein Kapitel von Klaus Milke zum Thema "Ökologische und soziale Kriterien für unternehmerisches Handeln". Weitere Beiträge befassen sich mit aktuellen Themen wie Nanotechnologie, Biotreibstoffe und Fleischproduktion.
Die deutsche Ausgabe von "State of the World 2006. Special Focus: China and India." vom Worldwatch Institute unter Mitherausgeberschaft von Germanwatch und der Heinrich-Böll-Stiftung ist unter dem Titel "Zur Lage der Welt 2006. China, Indien und unsere gemeinsame Zukunft" im Verlag Westfälisches Dampfboot erschienen. Mit einem Vorwort von Xie Zhenhua, Direktor des staatlichen chinesischen Umweltschutzamtes und Sunita Narain, Direktorin des indischen Zentrums für Wissenschaft und Umwelt.
(Münster, 324 S., 19,90 Euro, ISBN 3-89691-628-9)
Für Rezensionsexemplare und Interviewwünsche (auch mit Oystein Dahle, ehemaliger Vizepräsident von Exxon Norway und Vorstandsvorsitzender des Worldwatch-Institutes in Washington) wenden Sie sich bitte an:
- Michael Alvarez, Heinrich-Böll-Stiftung, Pressesprecher, Tel: 030-28534-202, alvarez@boell.de
- Ralf Fücks, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung, fuecks@boell.de
- Ralf Willinger, Germanwatch-Pressereferent, Tel: 030-2888 356-5, willinger@germanwatch.org
- Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender Germanwatch, milke@germanwatch.org