Blauer Brief an die EU.
Gemeinsame Pressemitteilung
19.7.2006. Sieben deutsche Umweltorganisationen (BUND, Forum Umwelt und Entwicklung, Germanwatch, Greenpeace, NABU, Robin Wood, WWF) fordern die EU auf, den von der Bundesrepublik eingereichten Nationalen Allokationsplan (NAP), der den Ausstoß an Kohlendioxid für die Zeit von 2008 bis 2012 regeln soll, zurückzuweisen. In offenen Briefen an den Präsidenten der EU-Kommission, Manuel Barroso und den EU-Kommissar für Umwelt, Stavros Dimas, heben sie hervor, dass der deutsche NAP nicht geeignet sei, den Klimaschutz voranzubringen. Der Plan verstoße in Kernpunkten gegen die umzusetzende europäische Emissionshandelsrichtlinie. Grundsätzlich sehen die Verbände im Emissionshandel zwar ein effektives Instrument für den Klimaschutz, doch mit dem eingereichten Vorschlag habe die Bundesregierung das System zu einem zahnlosen Tiger verurteilt.
Auf Kritik der Verbände stößt insbesondere, dass die Industrie beim Klimaschutz nicht ausreichend in die Pflicht genommen werde. Lege man die neuesten Daten zugrunde, müsse die Industrie ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis 2012 nur um drei Millionen Tonnen verringern. Damit würden die betroffenen Unternehmen nur zehn Prozent zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes beitragen, obwohl fast 50 Prozent des Kohledioxyds auf ihr Konto gehe. Mit dem vorgelegten Plan werde Deutschland seine Kyoto-Klimaschutzziele verfehlen, prognostizieren die Umweltorganisationen. Klimaschutz werde auf andere Sektoren, etwa private Haushalte und Autofahrer, abgewälzt. Zugleich seien die im NAP-Entwurf aufgeführten Maßnahmen zur Emissionsreduktion in diesen Sektoren unzureichend. Es sei unwahrscheinlich, dass diese Sektoren innerhalb einer sehr kurzen Frist von sechs Jahren bis zu 38 Millionen Tonnen einsparen können, wenn die Industrie nur ein Zehntel davon zu erbringen habe.
Weiterhin verstoße der NAP gegen das Verbot des so genannten "Borrowings". Der deutsche Vorschlag verlagere notwendige Klimaschutzmaßnahmen in die Zukunft. Es sei bereits absehbar, dass die ausgewiesene Reserve für Neuanlagen mit zehn Millionen Tonnen eindeutig zu gering bemessen sei. Die Umweltverbände erwarten, dass wegen der fundamentalen Mängel im NAP letztendlich umfassend auf dem Markt zugekauft werden müsse. Wenn 20 Millionen Zertifikate zugekauft werden müssten, fielen geschätzte Kosten in Höhe von etwa 300 Millionen Euro pro Jahr an, wofür noch keine finanziellen Vorkehrungen getroffen worden seien.
Aus diesem Grund fordern die Umweltverbände die EU-Kommission auf, den eingereichten Vorschlag abzulehnen und zur Nachbearbeitung zurückzuschicken. Der Plan sei ein katastrophales Signal an Europa und ein denkbar schlechtes Beispiel. Deutschland müsse seiner Verantwortung für den Klimaschutz mit einem angemessenen NAP endlich gerecht werden.
Weitere Infos:
- Brief an Manuel Barroso zum NAP2 [PDF, 330KB]
- WWF-Infos zum Emissionshandel
- Germanwatch-Infos zum Emissionshandel