Pressemitteilung | 02.12.2003

Bloße Augenwischerei: Die "neue" Verhandlungsstrategie der EU nach Cancún


Pressemitteilung

Berlin, 02.12.2003 Heute kommen in Brüssel die EU-Wirtschaftsminister zu einem informellen Treffen zusammen, um über die "neue" Verhandlungsstrategie der EU nach dem Abbruch der WTO-Ministerkonferenz im mexikanischen Cancún zu entscheiden. Die EU-Kommission schlägt jetzt vor, dass die Verhandlungen über die sog. Singapur-Themen (Investitionen, Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen, Handelserleichterung) nicht mehr Teil des gesamten Verhandlungspakets sein sollen. Das waren sie aber noch nie! Germanwatch wirft daher der EU-Kommission Augenwischerei vor und verurteilt die neue, alte Verhandlungsstrategie. Aller Voraussicht nach werden die EU-Wirtschaftsminister den Vorschlag absegnen.

Vor und in Cancún setzte sich die EU-Kommission zusammen mit dem Hardliner Deutschland trotz des Widerstands vieler Entwicklungsländer für die Aufnahme von Verhandlungen über die Singapur-Themen ein. Voraussetzung war, dass alle WTO-Mitglieder dem in Cancún zustimmten. Obwohl die Welthandelskonferenz just daran scheiterte, beharrt die EU nach ihrer 77-tägigen Bedenkpause jetzt weiter auf der Aufnahme von Verhandlungen zu den umstrittenen Themen - mit der einzigen "Neuerung", dass sie nicht mehr als Teil des gesamten Verhandlungspakets zusammen mit den anderen Abkommen (Landwirtschaft, Industriegüter, Dienstleistungen etc.) verhandelt werden sollen. Das war aber bisher ohnehin nicht der Fall! "Die EU-Kommission verkauft ihr Beharren auf den Singapur-Themen als Besinnungswandel. Das ist Augenwischerei," verurteilt Marita Wiggerthale, Leiterin des Handelsbereichs bei Germanwatch, das Vorgehen der EU. Damit werde die gleiche Strategie nur mit einer anderen Rhetorik fortgeführt.

Über 100 europäische, zivilgesellschaftliche Organisationen wiederholten nach dem Abbruch der Verhandlungen in Cancún ihre Forderung an die EU-Kommission und ihre Mitgliedsstaaten, die Singapur-Themen fallen zu lassen. "Wir fordern ein faires und ausgewogenes multilaterales Investitionsabkommen, das im Rahmen der UN verhandelt werden soll," erklärt Michael Windfuhr, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. Es müsse auf Regeln beruhen, die nachhaltige Entwicklung unterstützten und Unternehmen für ihr Handeln zur Verantwortung zögen. Die WTO sei für die Verhandlung eines Investitionsabkommens nicht der richtige Ort. Gemäß ihrer Stoßrichtung würden dort nur mehr Rechte für Investoren verankert werden, ohne im gleichen Maße Verpflichtungen wie die Respektierung von Menschenrechten und die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten und Umweltschutzauflagen festzulegen.
 

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