Pressemitteilung | 15.12.2003

Deadlock bei der WTO: Stillstand für Entwicklungsagenda.


 

Gemeinsame Pressemitteilung von Germanwatch, FIAN Deutschland und Weltladen-Dachverband

Berlin, 15.12.2003: Heute beraten die 148 WTO-Mitgliedsländer in Genf über die Wiederaufnahme der Verhandlungen nach dem Abbruch der Welthandelskonferenz im mexikanischen Cancún. In den Bereichen Landwirtschaft, Baumwolle und den Singapur-Themen (Investitionen, Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen, Handelserleichterung) zeigen die Industrieländer kein Entgegenkommen. Das für die Entwicklungsländer wichtige Thema der Sonder- und Vorzugsbehandlung fiel bei den informellen Konsultationen im Vorfeld des Treffens gar unter den Tisch. "Es ist kein Fortschritt in der Entwicklungsagenda möglich, solange die EU und andere Industrieländer ihre Verhandlungspositionen keiner grundlegenden Revision unterziehen", erklärt Marita Wiggerthale, Leiterin des Handelsbereiches bei Germanwatch. Die Entwicklungsagenda, die 2001 bei der Welthandelskonferenz in Doha verabredet wurde, drohe damit Makulatur zu bleiben.

Besonders deutlich wird der Stillstand im Agrarbereich: Hier legt Perez de Castillo, Vorsitzender des Allgemeinen Rates, wieder den alten, in Cancún von den Schwellen- und Entwicklungsländern abgelehnten Derbez-Entwurf als Verhandlungsgrundlage vor. Diesen Text hatten auch NGOs aus aller Welt, die sich für Ernährungssicherung und die Sicherung der Lebensgrundlagen von Kleinbauern einsetzen, heftig kritisiert. Er sieht drastische Zollreduzierungen für Entwicklungsländer sowie die Weiterführung des Exportdumpings vor. Damit werden Millionen kleinbäuerlicher Existenzen im Süden direkt gefährdet. "Die EU-Kommission und die Bundesregierung verstoßen mit ihrem Beharren auf dem Derbez-Text als Verhandlungsgrundlage und auf ihre Verhandlungsposition im Agrarbereich gegen das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Nahrung," erklärt Ulrich Müller von FIAN Deutschland.

Germanwatch, FIAN Deutschland und der Weltladen-Dachverband stellen deshalb in Kooperation mit der Welthandelskampagne Gerechtigkeit Jetzt! eine alternative Agenda für die Agrarverhandlungen vor. Sie fordern, die weitgehenden Marktöffnungs-Forderungen an Entwicklungsländer fallen zu lassen und stattdessen den Entwicklungsländern weitgehende Ausnahmen für Grundnahrungsmittel und einen speziellen Schutzmechanismus zuzugestehen. Die Exportsubventionen der EU müssen abgeschafft und weitere Agrarsubventionen, die zu Dumping führen, reduziert werden.

Informationen zur Alternative Agenda für die WTO-Agrarverhandlungen: "Gerechtigkeit jetzt in den Agrarverhandlungen: damit das Recht auf Nahrung gesichert wird. Analyse - Bewertung - Forderungen post Cancún", November 2003, 12 Seiten, bestellbar bei FIAN Deutschland, Germanwatch, Weltladen-Dachverband und dem Kampagnenbüro von Gerechtigkeit Jetzt! Der Text ist auch als PDF-Datei erhältlich [550KB].

Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:

  • Marita Wiggerthale, Germanwatch, Tel: 030 - 28 88 35 63, wiggerthale@germanwatch.org
  • Ulrich Müller, FIAN Deutschland, Tel: 02323 - 91 92 663, u.mueller@fian.de