Subvention ist nicht gleich Subvention.
Gemeinsame Pressemitteilung von Germanwatch, Euronatur und Evangelischem Entwicklungsdienst EED
Genf, 7.9.2004: Die drei deutschen nichtstaatlichen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen Germanwatch, Euronatur und EED (Evangelischer Entwicklungsdienst) haben heute in Genf die Ergebnisse eines Besuchs von WTO-Unterhändlern und Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen aus sogenannten Entwicklungsländern auf süddeutschen Bauernhöfen vorgestellt. Ziel der zweitägigen Exkursion war es, mehr über die Agrar-Subventionsverteilung innerhalb der EU zu erfahren, und insbesondere die verschiedenen Subventionsarten und -programme kennenzulernen, die dem Natur- und Umweltschutz dienen. Es wurde diskutiert, welche Formen der Unterstützung in künftigen Handelsvereinbarungen akzeptabel wären und welche problematisch für die Entwicklungsländer oder die Umwelt sind.
Lupino J. Lazaro, WTO-Unterhändler der Philippinen, kritisiert: "Vor allem die EU-Exportsubventionen für Agrarprodukte zerstören die lokalen Märkte in Entwicklungsländern und lassen den nicht subventionierten Kleinbauern dieser Länder auf dem Weltmarkt keine Chance."
Verschiedene Elemente der EU-Agrarpolitik können negative Folgen für den Agrar-Weltmarkt haben. In den Verhandlungen zum WTO-Agrarabkommen werden deshalb die Formen von Subventionen überprüft, die an die Produzenten in den Industrieländern fließen. Einige von ihnen verdrängen Kleinbauern in den Entwicklungsländern vom Markt, andere tragen zur Zerstörung der Umwelt im Norden bei und damit zum Verlust natürlicher Ressourcen.
Auf der zweitägigen Exkursion wurden verschiedene Bauernhöfe besucht, die unterschiedlich stark und aus verschiedenen Gründen von den EU-Subventionen profitieren. Veronika Dietsche, Landwirtin im Münstertal im Schwarzwald, sagt: "Ohne die Subventionen aus dem Agrar-Umweltprogramm könnten viele Landwirte hier nicht überleben. Extensive Weidewirtschaft, wie wir sie mit unseren Hinterwälder-Rindern betreiben, ist aber die einzige Möglichkeit unsere Kulturlandschaft zu erhalten und damit sehr wichtig für Naturschutz und Tourismus." Matthias Meissner, Projektleiter von Euronatur, ergänzt: "Die ländliche Infrastruktur würde ohne diese Subventionen zusammenbrechen. Und die natürliche Artenvielfalt wäre gefährdet, die unter anderem durch die traditionelle extensive Landwirtschaft in der Region entstanden ist. Wir brauchen Subventionen, die umweltverträgliche Produktion unterstützen und die Artenvielfalt sowie die ländlichen Regionen intakt lassen."
Die neue EU-Agrarpolitik erlaubt die Entkopplung der Subventionen von der aktuellen Produktionsmenge. So können die Landwirte andere Feldfrüchte anbauen und auf Marktsignale reagieren. "Die Reform der EU-Agrarpolitik hat das Potential, die negativen Folgen dieser Politik abzuschwächen, besonders die der Exportsubventionen", sagt Rudolf Buntzel-Cano. Beauftragter für Welternährungsfragen des EED. "Aber nur dann, wenn sie so umgesetzt wird, dass in Zukunft weniger Überschüsse in der EU produziert werden."
Die nationale Umsetzung der Reform wird in den verschieden EU-Ländern stark variieren. Deshalb machten die Organisationen erste Vorschläge, in welche Richtung die Umsetzung gehen sollte. "Die EU sollte bei der Reform ihrer Agrarpolitik noch weiter gehen. Das WTO-Rahmenabkommen vom 31. Juli hat die Interessen der Entwicklungsländer weitgehend ignoriert. Aber es gibt noch genügend Möglichkeiten, dieses Ungleichgewicht in den Nachverhandlungen zu korrigieren", empfiehlt Buntzel-Cano.
Bisher ist kaum abzusehen, ob die beschlossenen Neuerungen in der EU-Agrarpolitik deren negative Folgen im Ausland tatsächlich signifikant abschwächen werden. "Wir brauchen eine offenere Debatte über die möglichen positiven und negativen Effekte der Reform und der Subventionen. Und wir brauchen Lösungen, die Kleinbauern in Nord und Süd überleben lassen und die mögliche Umweltschäden reduzieren", resümiert Michael Windfuhr, Vorsitzender der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.
Die Exkursion und der anschließende Workshop in Genf wurden vom Bundesamt für Naturschutz, dem Bundesumweltministerium und der Heinrich-Böll-Stiftung finanziert.
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