Pressemitteilung | 16.02.2005

Kyoto ist eine Feier wert!


Pressemitteilung anlässlich der gemeinsamen Kyoto-Feier der Stadt Bonn, der Stiftung Zukunftsfähigkeit und dem UN-Klimasekretariat in Bonn

Bonn, 16.2.05. Ab heute ist das Kyoto-Protokoll verbindliches Völkerrecht. Alleine diese Verbindlichkeit ist der Hebel, der den Regierungen der meisten westlichen Industriestaaten noch eine realistische Chance gibt, ihre vor sieben Jahren vereinbarten Klimaschutzziele einzuhalten. "Kyoto ist eine Feier wert!", kommentierte Christoph Bals, Strategiedirektor von Germanwatch diesen Fortschritt im Bonner Rathaus: "Es ist ein politisches Wunder, dass Kyoto trotz des Widerstandes der USA in Kraft getreten ist. Kyoto hat seit 1997 den Klimawandel weltweit auf die politische Agenda gesetzt. Es ist Symbol für eine Trendumkehr. Es hat den Emissionshandel in der EU und anderswo angestoßen: Treibhausgase haben endlich einen Preis, der sich in den Unternehmensbilanzen spiegelt. Zugleich ist Kyoto ein Signal, dass die weiche Macht der UN einem bornierten Unilateralismus etwas entgegenzusetzen hat. Es ist ein Symbol für die Wirkmacht der internationalen klimapolitischen Gruppen der Zivilgesellschaft, die im Climate Action Network zusammengeschlossen sind."

Kyoto sei allerdings ein längst überfälliger Anfang. Wenn tatsächlich zwei Grad Temperaturanstieg und ein in großem Maßstab gefährlicher Klimawandel vermieden werden sollen, dann lasse sich das Kyoto-Protokoll nur als erste Sprosse einer langen Leiter zu wirklich ernsthaftem und globalem Klimaschutz verstehen. In Deutschland heißt es daher: Selbstbewusst die Hausaufgaben machen, eine Führungsrolle der EU durchsetzen, eine enge Abstimmung mit Japan anpeilen, bilaterale Verhandlungen mit China, Indien und Brasilien vorbereiten. Das sind Grundlagen dafür, dass notwendige weitere Schritte realistisch werden. Auf dieser Grundlage kann die EU dann auch ernsthaft mit den USA verhandeln - mit der für den Klimaschutz unverzichtbaren, aber zur Zeit sich noch verweigernden Supermacht. So kann frischer Wind in die leider lahmenden UN-Klimaverhandlungen kommen.

Bei den internationalen Klimaverhandlungen ist Deutschland seit langem eines der konstruktivsten Industrieländer. Man wird vermutlich sagen können, dass ohne Deutschland das Kyoto-Protokoll nicht in Kraft getreten wäre. Wichtig ist in den kommenden Monaten, dass es mit Großbritannien, dem anderen Vorreiter in Europa, eine wirkungsvolle und gut abgestimmte Doppelspitze bildet. Es ist zu hoffen, dass der deutsche Bundeskanzler Schröder den Klimaschutz zur Chefsache macht, wie dies sein britischer Kollege Blair tut.

Bei der Umsetzung des Klimaschutzes in Deutschland ist die Bilanz allerdings gemischt. Deutschland hat seit 1990 seine Emissionen - begünstigt durch den Umbruch in Ostdeutschland - um knapp 19 Prozent verringert. Das heißt, es ist dem 21-Prozent-Reduktionsziel schon recht nahe. Allerdings: Seit 1999 ist Deutschland seinem Klimaschutzziel nicht mehr näher gekommen. Die Fortschritte - etwa bei Erneuerbaren Energien oder durch die Ökosteuer - werden durch andere Entwicklungen wie den Neubau von Braunkohlekraftwerken in Ostdeutschland mehr als ausgeglichen. Bei der Einführung des Emissionshandels hat Wirtschaftsminister Clement durchgesetzt, dass der deutschen Industrie ein Teil der vorher bereits vereinbarten Verringerungspflicht erlassen wurde. Aber bisher drückt sich die Bundesregierung um eine klare Aussage, wie sie das deutsche Klimaziel tatsächlich, z.B. durch Maßnahmen im Bereich Gebäude und Energieeffizienz, schließen will. Sie setzt dabei auf das Prinzip Hoffnung statt auf das Prinzip Handeln. "Mit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls hat der Umweltminister bessere Karten als bisher in der Hand, weil er seine Kollegen im Kabinett auf völkerrechtliche Verpflichtungen hinweisen kann. Keine Frage, wir werden Sie bei diesem Bemühen mit Kritik und konstruktiven Vorschlägen unterstützen!", rief Christoph Bals Bundesminister Trittin zu. "Auch deshalb ist Kyoto eine Feier wert."

Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:

  • Christoph Bals, Strategiedirektor Germanwatch, bals@germanwatch.org
  • Klaus Milke, Stellvertretender Vorsitzender Germanwatch und Vorsitzender der Stiftung Zukunftsfähigkeit, milke@germanwatch.org
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