Kanzler Scholz in China: Beim Klima ist Dialog und kluge Kooperation ohne Naivität gefragt
Bonn/Berlin (2. Nov. 2022). Vor Olaf Scholz‘ Chinabesuch fordert die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, dass der Bundeskanzler die Bekämpfung der globalen Klimakrise zu einem der zentralen Themen seiner Gespräche macht. Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch: „Wenn Olaf Scholz kurz vor Beginn des Weltklimagipfels zum weltgrößten Emittenten von Treibhausgasen reist, dann muss er den Klimaschutz in den Mittelpunkt stellen. Der Bundeskanzler sollte Präsident Xi Jinping an Chinas globale Verantwortung erinnern, denn ohne mehr Anstrengungen in China sind die Ziele des Pariser Abkommens unerreichbar. Insbesondere brauchen wir eine deutliche Beschleunigung des Klimaschutzes in den kommenden Jahren, denn diese sind für die Einhaltung des 1,5-Grad-Limits entscheidend. Dazu muss ein klarer Fahrplan für den schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung in China gehören.“
Nach Einschätzung von Germanwatch ist es besonders wichtig, dass China spätestens 2025 mit der Senkung der Emissionen beginnt. Bislang hat China sich lediglich dazu verpflichtet, den Höhepunkt der Emissionen „vor 2030“ zu erreichen.
Klima-Kooperation: Erwartungen mit konkreten Angeboten verbinden
Weischer weiter: „Beim Klima brauchen wir weiterhin Dialog und klug gestaltete Kooperation mit China, die aber nicht naiv sein darf. Scholz sollte klare Erwartungen formulieren, aber diese auch mit konkreten Kooperationsangeboten verbinden, zum Beispiel im Rahmen des von ihm beim G7-Gipfel angekündigten Klima-Clubs. Zum glaubhaften Botschafter dieses Clubs wird Scholz dann, wenn er erklärt, dass seine Regierung zur Überwindung der Energiekrise die Energiewende beschleunigen wird und nicht auf fossile Antworten setzt - weder auf ein dauerhaftes Revival der Kohle noch auf Fracking, weder auf dauerhafte Flüssiggas-Infrastruktur noch auf die Erschließung neuer Gasfelder im Ausland.“
China hat sich Klimaziele gesetzt und beginnt jetzt mit der Umsetzung. In dieser Phase gibt es laut Germanwatch viele Gelegenheiten der Zusammenarbeit zur Ausgestaltung von Klimapolitiken auf Expert:innen-Ebene. Weischer: „Solange es beispielsweise Möglichkeiten gibt, mit dem größten Emittenten der Welt bei der Ausgestaltung seines Emissionshandelssystems zusammenzuarbeiten, wäre es klimapolitisch unsinnig, das nicht zu tun. Solche Experten-Zusammenarbeit verursacht relativ geringe Kosten und hat einen hohen potentiellen Nutzen. Aber Kooperation darf nicht naiv sein. Auch tiefergehende Zusammenarbeit wie etwa im Kllma-Club ist denkbar, aber dafür muss sich auch die chinesische Seite bewegen und ihre Klimaziele erhöhen.“
Gleichzeitig sei klar, dass bei vielen „grünen“ Technologien nicht die Kooperation, sondern der Wettbewerb im Vordergrund stehen werde. Scholz sollte auch deutlich machen, dass Zugang zum europäischen Markt zunehmend die Beachtung menschenrechtlicher, sozialer und ökologischer Standards in der Lieferkette erfordern werde, auch bei Klimatechnologien.