Pressemitteilung | 13.11.2000

Presseerklärung zum Auftakt des Klimagipfels in Den Haag.


Den Haag, 13.11.2000. Der Wahlkrimi mit ungewissem Ausgang in den USA wirft seinen Schatten auf den heute beginnenden Klimagipfel in Den Haag. Die großen Gegenspieler der USA in den 14tägigen Verhandlungen, die EU und die Gruppe der Entwicklungsländer (G77 und China), können sich in ihrer Strategie nun noch nicht auf die Position des neuen US-Präsidenten einstellen. Falls der Ausgang der US-Wahl bis Mittwoch kommender Woche (22.11.) nicht geklärt sein sollte, stellen sich ernsthafte Probleme. An diesem Abend soll der letzte Entwurf des Verhandlungstextes vom Konferenzpräsidenten Jan Pronk, dem niederländischen Umweltminister, vorgelegt werden. Ab dann muß jede Ländergruppe entscheiden, welche Positionen sie bereit ist zu räumen, um zu einem Kompromiß zu kommen.

Die EU und die G77 wissen in diesem Fall nicht, ob sie es in Al Gore mit einem Präsidenten zu tun haben, der erklärtermaßen das Abkommen ratifizieren will - trotz schwieriger Mehrheitsverhältnisse im Kongress; oder aber ob George W. Bush amtieren wird, der zwar ein gewisses Problem durch den Klimawandel zugesteht, aber von dem nach seinen Wahlkampfaussagen und seiner traditionell texanisch ölfreundlichen Haltung keine Initiative für eine Ratifizierung des Kyoto-Abkommens zu erwarten ist.

Im Fall, dass Bush Präsident wird, wäre es absurd für die EU, in den Verhandlungen große Zugeständnisse an die USA zu machen, da ohnehin nicht mit einer zeitgerechten Ratifizierung zu rechnen wäre. Es käme dann darauf an, auf die Anliegen von Rußland und Japan sowie der großen Entwicklungsländer einzugehen, damit das notwendige Quorum für ein Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zustande kommt.

Bei einem Präsidenten Gore wäre hingegen eher abzuwägen, welche Zugeständnisse den USA gemacht werden könnten, die eine Ratifizierung in den USA erleichtern würden (ohne allerdings die Integrität des Abkommens auszuhöhlen). Damit macht man sich von Japan und Rußland, die man ohne die USA unbedingt für ein Inkrafttreten braucht, in den Verhandlungen weniger erpressbar.

Auch für die Delegation der USA wäre es kompliziert, wenn sie auch in der zweiten Verhandlungswoche noch nicht wissen, wer der künftige Präsident sein wird. Sie ist ja formal noch von der Regierung Clinton instruiert, vom Vizepräsidenten Gore erhalten sie im Zweifelsfall ihre entscheidenden Vorgaben für oder gegen Kompromisse. Sie müssen - bei weiterbestehender Unklarheit - damit rechnen, daß alle anderen Delegationen ihnen entgegenhalten: "Wir wissen ja nicht, ob Eure Position von einem künftigen Präsidenten Al Gore gedeckt oder von einem Präsidenten Bush ziemlich sicher abgelehnt werden wird, gerade weil das Abkommen von seinem Gegenspieler verantwortet wurde."

GERMANWATCH-Klimaexperte Manfred Treber fordert die EU-Delegation auf: "Bis Mittwoch der kommenden Woche dürfen auf keinen Fall wichtige Positionen geräumt werden, nur um den USA entgegenzukommen. Es sollten aber gezielt die Kompromissmöglichkeiten mit Japan, Rußland und zentralen Entwicklungsländern ausgelotet werden. Sobald klar ist, daß Gore tatsächlich Präsident wird, sollten intensive Gespräche auch mit der US-Delegation gesucht werden." Sein GERMANWATCH-Kollege Christoph Bals ergänzt: "Wenn hingegen Bush Präsident wird, gibt es keinerlei Gründe, den USA entgegenzukommen. Selbst ein den US-Interessen sehr entgegenkommendes Abkommen, das unter der Verantwortung von Al Gore ausgehandelt wurde, wird ein Präsident Bush nicht ratifizieren. Eher sollte man in diesem Fall überlegen, ob man die Ergebnisfindung um einige Monate verschiebt, damit Bush die Chance hat, ein unter seiner Verantwortung ausgehandeltes Abkommen zur Ratifizierung vorzulegen. Daß heißt nicht daß man Bush zuliebe Schlupflöcher in das Protokoll einbauen sollte. Auch jede US-Regierung hat nur dann eine Chance für eine erfolgreiche Ratifizierung, wenn das Abkommen tatsächlich dem Klimaschutz dient."

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