Pressemitteilung | 25.07.2003

Empörung über mögliche Atombürgschaften.


 

Pressemitteilung

Berlin, 25.7.03. Für großen Unmut sorgt die Diskussion um eine mögliche Hermesbürgschaft für den Neubau des finnischen Atomkraftwerkes FIN 5. Ende Juni hat die Firma Siemens beim zuständigen Interministeriellen Ausschuss (IMA) eine Voranfrage für eine Exportbürgschaft gestellt. Obwohl die Hermes-Umweltleitlinien festschreiben, dass Nukleartechnologien von der Exportförderung prinzipiell auszuschließen sind, hat der IMA die Siemens-Anfrage ernsthaft diskutiert und in einem "letter of interest" eine Bürgschaft in Aussicht gestellt.

Dreizehn Umwelt- und Entwicklungsorganisationen fordern jetzt die Bundesregierung auf, diese Bürgschaft nicht zu gewähren (1).

"Auch wenn dieser 'letter of interest' noch keine definitive Zusage bedeutet, so zeigt sich hier, dass die Bundesregierung es nicht ernst meint mit dem Ausschlusskriterium 'Atom' in den Hermes-Umweltleitlinien. Ansonsten hätte der IMA die Siemens-Anfrage gleich kategorisch abgelehnt", urteilt Regine Richter von der Umweltorganisation urgewald. "Die Bundesregierung darf Atomkraft nicht im Ausland durch Bürgschaften fördern, wenn sie die Technologie im eigenen Land auslaufen lassen will!"

Den Bürgschaftsantrag zu rechtfertigen versuchen Siemens und Wirtschaftsministerium damit, dass es sich bei den zur Diskussion stehenden Turbinen für das Atomkraftwerk FIN 5 angeblich nicht um Nukleartechnologien handele. Dies erscheint den Organisationen fadenscheinig: "Ohne Turbinen produziert das Kraftwerk schließlich keinen Strom, womit sie ein essentieller Bestandteil des AKW sind", urteilt Richter.

Gefährlich sei vor allem die Signalwirkung der jetzigen Entscheidung: würde die Bürgschaft für den Neubau des finnischen AKW erteilt, schaffe dies einen Präzedenzfall für noch anhängige sowie zukünftige Bürgschaftsanträge für Atomexporte. Denn von einer Anfang 2000 präsentierten Liste mit Anträgen für Exporte an 14 Atomkraftwerke sind 11 Anträge bisher nicht abgelehnt worden, sondern ruhen lediglich. "Das Wirtschaftsministerium z.B. schließt weiterhin Bürgschaften für den Bau des brasilianischen Atomkraftwerkes Angra 3 nicht aus und wird sich die Hände reiben, wenn die Entscheidung im Fall Finnland für eine Bürgschaft ausfällt und das Ausschlusskriterium 'Atom' damit gleich beim ersten Testfall ausgehöhlt wird", erklärt Barbara Happe von urgewald. Gleiches drohe etwa bei den Nachrüstungen am slowakischen AKW Mochovze oder den bulgarischen Reaktoren Kosloduj 5 & 6.

Die Aufgabe der Hermes-Bürgschaften ist die Absicherung deutscher Exporte in Schwellen- und Entwicklungsländer gegen das Risiko, dass der Empfänger nicht zahlt. Warum dann für das EU-Mitglied Finnland Bürgschaften ernsthaft diskutiert und die Hermes-Umweltleitlinien missachtet werden, führt Regine Richter auf die Sonderstellung des Antragstellers Siemens zurück: "Offensichtlich ist die Bundesregierung gerne bereit, für die Firma Siemens einmal mehr Sonderkonditionen zu gewähren. Das Wirtschaftsministerium hat Siemens positive Signale für eine Bürgschaft gegeben, jetzt sind andere Teile der Bundesregierung gefordert, ihr Veto einzulegen und klarzumachen, dass sie sich ihren politischen Zielen und eigenen Leitlinien mehr verpflichtet fühlen als dem Profitstreben eines Großunternehmens!"
 

(1) Die Briefe haben unterzeichnet: urgewald, Greenpeace, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Deutscher Naturschutzring, Naturschutzbund Deutschland, Robin Wood, Grüne Liga, Forum Umwelt und Entwicklung, Dachverband kritischer Aktionärinnen und Aktionäre, WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung), Germanwatch, Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz, grassroots foundation.
 

Auf Anfrage schicken wir die Briefe gerne zu.
 

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