Pressemitteilung | 28.07.2003

"Skandal im WTO-Bezirk": Vorabsprachen über Text der Ministererklärung.


 

Pressemitteilung

Berlin, 28.7.2003. Vom 28.-30. Juli kommen in Montreal, Kanada, Vertreter von 24 WTO-Mitgliedern zu einer Mini-Ministerkonferenz zusammen, um Vorabsprachen für den Text der Ministererklärung in Cancún zu treffen. Die Mini-Ministerkonferenzen seien "nur" die Spitze des Eisberges in Sachen Missachtung von grundlegenden demokratischen Prinzipien, kritisiert Germanwatch. Was sich derzeit in Genf abspiele, spotte jeglicher demokratischen Kultur.

Der Textentwurf für die WTO-Ministererklärung, die in Cancún verabschiedet werden soll, sei am 18. Juli vom Vorsitzenden des Allgemeinen Rates, Botschafter Carlos Perez de Castillo aus Uruguay, vorgestellt worden. Er bestätige die bisherige unselige Praxis der Verfassung von Verhandlungstexten "in eigener Verantwortlichkeit" der Verhandlungsleiter. "Die Mitglieder werden als Statisten der WTO-Verhandlungen degradiert.", kritisiert Marita Wiggerthale, Kampagnenleiterin des Handelsbereichs bei Germanwatch. Dies treffe insbesondere für die Entwicklungsländer zu. Ihre Einwände inhaltlicher sowie prozeduraler Art würden von den Verhandlungsleitern, dem Generaldirektor Supachai und den Industrieländern häufig ignoriert.

Perez de Castillo habe in dem Textentwurf die Meinungsverschiedenheiten zwischen den WTO-Mitgliedern nicht verdeutlicht und damit wichtige Konfliktlinien kaschiert. "Mit einem Textentwurf ohne in Klammern gesetzte Alternativformulierungen wird den Ministern in Cancún, die den Diskussionsstand in Genf oft nicht kennen, Konsens suggeriert, der tatsächlich nicht existiert", urteilt Rudi Buntzel-Cano, Vorstandsmitglied bei Germanwatch. Dies sei insbesondere bei der hochumstrittenen Frage der Aufnahme der Verhandlungen bei den sog. Singapurthemen (Investitionen, Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen, Handelserleichterung) sehr kritisch. Der von EU-Handelskommissar Lamy und Wirtschaftsminister Clement unterstützten Textformulierung "Verabschiedung der Entscheidung zu den Verhandlungsmodalitäten mit explizitem Konsens" werde im Textentwurf nicht die bestehende Gegenposition vieler Entwicklungsländer gegenübergestellt. Letztere plädierten nämlich für eine Weiterführung der Arbeitsgruppe und eine Berichterstattung bei der nächsten Ministerkonferenz.

Auffallend sei ebenso, dass bei einigen für die Entwicklungsländer zentralen Verhandlungsbereichen nur der derzeitige Verhandlungsstand zur Kenntnis genommen werden solle und Entscheidungen auf die nächste Ministerkonferenz vertagt werden sollen. Dies sei der Fall bei der Sonder- und Vorzugsbehandlung der Entwicklungsländer, den Implementierungsfragen, der Frage der besonderen Situation der kleinen Volkswirtschaften und der am wenigsten entwickelten Länder als auch bei den Verhandlungen der Regeln im Bereich Anti-Dumping, Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen. "Die Doha-Entwicklungsrunde gehört auf den Scheiterhaufen der Geschichte", erklärt Marita Wiggerthale. "Schon heute kann das 'Aus' für die Entwicklungsrunde verkündet werden", erklärt sie weiter. Es sei nichts weiteres als ein schlechter PR-Gag der WTO gewesen.

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