Pressemitteilung | 26.08.2003

WTO-Agrarverhandlungen am Wendepunkt


Pressemitteilung

Berlin, 26.8.2003 Am Sonntag, 24.08.2003, hat der Vorsitzende des Allgemeinen Rates bei der WTO, Perez de Castillo, einen neuen Entwurf für die Abschlusserklärung der Minister in Cancún vorgelegt. Bezüglich der Agrarverhandlungen stellt er in weiten Teilen eine Synthese des gemeinsamen EU-USA-Textes und des Vorschlags der sogenannten "G17" dar, einer Koalition, zu der sich Brasilien, Indien, China, Südafrika und 13 weiteren Entwicklungsländer zusammengeschlossen haben. Germanwatch begrüßt, dass dadurch ein ausgewogenerer Text Grundlage der Diskussionen in Cancún geworden ist.

Am 13. August hatten die EU und die USA einen gemeinsamen Vorschlag für den WTO-Agrarvertrag vorgelegt . So sehr auch in Genf anerkannt wurde, dass sich die Hauptstreithähne näher gekommen sind, so sehr wurde die Nichtberücksichtigung der Entwicklungsländerinteressen in dem Vorschlag auch kritisiert. Am vergangenen Freitag, 22. August, sorgte dann ein Vorschlag von 17 Entwicklungsländern für besonderes Aufsehen. Er wurde gemeinsam mit China und Indien entwickelt und von Brasilien vorgetragen. Die heftige Gegenreaktion des EU-Chefunterhändlers bei der WTO, Direktor Peter Carl, wurde von vielen als diplomatische Entgleisung empfunden. "Der Führungsanspruch der EU und der USA ist gebrochen," betont Rudi Buntzel, Vorstandsmitglied von Germanwatch. "Die Strategie der beiden Supermächte geht nicht auf. Die Entwicklungsländer lassen sich nicht von ihnen die Regeln diktieren."

Trotzdem haben die Superagrarmächte EU und USA es geschafft, die Grundstruktur eines zukünftigen Vertrags vorzugeben, die erheblich von der bisherigen Diskussionsgrundlage abweicht. Der jetzt vorliegende Kompromiss des Allgemeinen Rates der WTO versucht die Schlupflöcher für die Umgehungstatbestände der Industriestaaten bei den Agrarsubventionen und Zollsenkungen zu stopfen, und gleichzeitig den Forderungen der Entwicklungsländern stärker entgegenzukommen. Geringere Abbauverpflichtungen v.a. beim Subventionsabbau und einige der von Entwicklungsländern eingeforderten Ausnahmeregelungen zum Schutz der kleinbäuerlichen Produktion werden in Aussicht gestellt. Aber der Vorschlag von Perez de Castillo gibt nur den Rahmen vor, ohne ihn mit Zahlen zu füllen. "Letztendlich werden erst die harten Fakten zeigen, inwieweit wirklich die Interessen von Entwicklungsländern berücksichtigt worden sind," so Marita Wiggerthale, Leiterin des Handelsbereichs bei Germanwatch, skeptisch. "Ausschlaggebend sind hier insbesondere Sonderregelungen beim Marktzugang und für den Schutz der kleinbäuerlichen Produktion."

Gruppe der 17 Entwicklungsländer: Argentinien, Brasilien, Bolivien, China, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Ecuador, Guatemala, Indien, Mexiko, Paraguay, Péru, Philippinen, Südafrika, Thailand, Venezuela.
 

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