Glaubwürdiger Klimaschutz findet durch Gesetze statt, nicht durch Rhetorik.
Gemeinsame Pressemitteilung von BUND, Deutscher Naturschutzring, Germanwatch, Verkehrsclub Deutschland und WWF
Berlin, Bonn, Frankfurt, den 31. Oktober 2007. Auf europäischer Ebene wird derzeit der Einbezug des Flugverkehrs in den Emissionshandel diskutiert und eine Einigung in erster Lesung bis Ende November angestrebt. In der deutschen Bundesregierung zeichnet sich derzeit eine Position ab, die weit hinter den Beschlüssen des EU-Umweltausschusses vom 2. Oktober zurückzubleiben droht. Dies stelle die klimapolitische Glaubwürdigkeit der Bundesregierung infrage.
Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender der Nord-Süd-Organisation Germanwatch, sieht die Einbeziehung des Flugverkehrs in das System des Europäischen Emissionshandels als für die Glaubwürdigkeit der EU wichtiges klimapolitisches Gesetzesvorhaben. "Wenn Kanzlerin Merkels Klimaschutz-Worte mehr als Rhetorik sind, dann muss sie jetzt beim Flugverkehr auch dementsprechend handeln und ihren Verkehrsminister auf Linie bringen", so Milke. Die Vorschläge der EU-Kommission, an denen sich das Ministerium orientiert, seien vollkommen unzureichend. "Wir erwarten von der Bundeskanzlerin, aber auch von den deutschen EU-Parlamentariern, dass sie mindestens die Beschlüsse des EU-Umweltausschusses unterstützen." Dies sei den Akteuren auch in einem gestern versandten Brief mitgeteilt worden.
Angelika Zahrnt, Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), verwies auf neue Studien, die zeigen, dass sich die Welt auf einem Emissionstrend befinde, der noch jenseits der "Worst-case-Szenarien" des UN-Klimarates IPCC liege. "Angesichts dieser Tatsache muss auch der Flugverkehr als am schnellsten wachsende Emissionsquelle in Europa in die Pflicht genommen werden, und zwar noch stärker als vom Umweltausschuss vorgeschlagen", so Zahrnt. "Die Emissionen des Flugverkehrs, die heute fast doppelt so hoch sind wie noch 1990, müssten in einem ersten Schritt auf 50% des Durchschnitts der Jahre 2004 bis 2006 begrenzt werden."
Monika Ganseforth vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert, dass alle Klimawirkungen des Flugverkehrs einbezogen werden, nicht nur CO2. "Denn die Gesamtwirkung wird auf das zwei- bis fünffache des CO2-Ausstoßes geschätzt. "Auch hier sind die Beschlüsse des EU-Umweltausschusses als Minimalansatz anzusehen. Unterminiert die Bundesregierung diese Forderung, verstößt sie gegen das Vorsorgeprinzip", so Ganseforth. Zudem sollte der Flugverkehr ab dem Jahr 2010 einbezogen werden, nicht erst ab 2012, wie von der Bundesregierung angestrebt.
Juliette de Grandpré, Emissionshandelsexpertin beim WWF: "Das Instrument des Emissionshandels bietet den Fluglinien trotzdem noch eine große Flexibilität, die Auswirkungen auf die Ticketpreise werden marginal sein." Zudem müssten die Zertifikate zu 100% versteigert werden. "Dies sehen auch viele Wirtschaftswissenschaftler als transparenteste und effizienteste Methode zur Verteilung der Zertifikate", so de Grandpré. Als weitere Maßnahme sollte europaweit eine Kerosinsteuer eingeführt werden.
Die fünf Verbände unterstützen zudem den Vorschlag der EU-Kommission, die Einnahmen aus der Versteigerung für weiteren Klimaschutz und auch für Maßnahmen zur Anpassung an die negativen Konsequenzen des Klimawandels zu verwenden, insbesondere in den besonders betroffenen Entwicklungsländer. "Dies wäre ein wichtiges Signal vor den anstehenden UN-Klimaverhandlungen in Bali, um gemeinsam mit den Entwicklungsländern Strategien für ein faires und gerechtes Klimaabkommen für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls zu entwickeln", so Juliette de Grandpré.
Hubert Weinzierl, Präsident des Umweltdachverbandes Deutscher Naturschutzring (DNR), verwies darauf, dass auch die Klima-Allianz, das breiteste zivilgesellschaftliche Bündnis, das es in Deutschland je zum Klimaschutz gegeben hat, einen anspruchsvollen Einbezug des Flugverkehrs in den Emissionshandel fordert. "Die Klima-Allianz umfasst mittlerweile mehr als 80 Organisationen aus Umwelt und Entwicklung, Kirchen, Verbraucherschutz- und Jugendverbänden und der globalisierungskritischen Bewegung. Die Notwendigkeit, auch im Flugverkehr mit Klimaschutz ernstzumachen, wird weit über die Umweltorganisationen hinaus anerkannt."
Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:
- Juliette de Grandpré, WWF: grandpre@wwf.de, Tel. 030 3087 42 24
- Sven Harmeling, Germanwatch: harmeling@germanwatch.org; Tel. 0160 99461412
- Werner Reh, BUND: werner.reh@bund.net; Tel. 030 27586-435
- Markus Steigenberger, DNR: markus.steigenberger@dnr.de; Tel. 030 443391-86
- Monika Ganseforth, VCD: monika.ganseforth@vcd.org; Tel. 0511 21521-10