Pressemitteilung | 01.12.2008

Die EU als Bremser im internationalen Klimaschutz?

Germanwatch-Pressemitteilung

Posen, 1.12.08. Die Eröffnung des Klimagipfels beginnt mit Hinblick auf die EU unter negativen Vorzeichen: Das Klima- und Energiepaket, zentraler Baustein von Europas Klimapolitik, droht in den parallelen EU-Verhandlungen zur Harmlosigkeit abgeschwächt zu werden. Ausgerechnet Polen, Gastgeber des diesjährigen Klimagipfels in Posen, gehört zu den größten Bremsern bei den Verhandlungen des EU-Gesetzespakets: Premierminister Donald Tusk eröffnet die internationale Konferenz und blockiert doch zugleich über den Kopf seines Umweltministers hinweg dringend notwendige Schritte innerhalb der EU.

Es gibt deutliche Hinweise, dass die deutsche Regierung bei den EU-Verhandlungen, die diese Woche auf Ministerebene und nächste Woche von den Staatschefs geführt werden, Kompromissen zustimmen, die nicht mit der Großgefahrenschwelle des 2-Grad-Limits vereinbar sind. "18 Monate nach der kraftvollen Führungsrolle der Kanzlerin beim G-8-Gipfel in Heiligendamm droht mit deutscher Beihilfe das Treffen der EU-Regierungschefs zu einem Gipfel der Scheinheiligkeit zu werden, der einem ambitionierten Klimaabkommen den Boden unter den Füßen wegzieht", so Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Nicht nur, dass nach vorliegenden Kompromisspapieren ein Großteil der Emissionsreduktion durch flexible Mechanismen im Ausland gemacht werden könnte, womit der notwendige Umbau in der EU zum guten Teil ausfallen würde. Schlimmer noch: Der Emissionshandel könnte zu einem Subventionspaket für die Kohleindustrie umgestaltet werden. Die Energieversorgungsunternehmen bekämen erneut für einige Jahre ihre Emissionsrechte geschenkt, könnten den Verbrauchern jedoch zusätzliche Kosten dafür aufbürden. Nachdem diese bisher gängige Praxis allgemein bekannt geworden war, war die kostenlose Vergabe massiv unter Beschuss geraten und die EU-Kommission sowie das Europa-Parlament hatten auf eine vollständige Versteigerung der Emissionsrechte für den Energiesektor gedrängt.

"Das Geld wird dringend benötigt, um den Strukturwandel hin zur Low-Carbon-Wirtschaft in Zeiten der Finanzkrise einzuleiten und um den internationalen Klimaschutz zu unterstützen", kommentierte Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch.

Die befürchtete Entkernung des Klima- und Energiepakets wäre ein deutlicher Rückschlag für die Verhandlungen auf internationaler Ebene. Schon beim Start der Verhandlungen im polnischen Posen gerät die EU angesichts der immer offenkundiger werdenden Doppelzüngigkeit unter Druck. Die internationalen Nichtregierungsorganisationen und Delegierte aus den Schwellenländern attackierten zu Beginn der Konferenz die EU.

Ironie der Geschichte: Während der gewählte, aber noch nicht im Amt befindliche Barack Obama eben erst angekündigt hat, eine scharfe Klimawende (mit 100% Versteigerung von Emissionserlaubnissen) zu vollziehen, droht die EU ihm nun in den Rücken zu fallen.

Der heute eröffnete Klimagipfel verhandelt mit dem Ziel, in Kopenhagen nächstes Jahr ein umfassendes Klimaabkommen für die Zeit nach 2012 zu beschließen.

Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:

  • Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: bals@germanwatch.org, +49-174-3275669
  • Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch: milke@germanwatch.org, +49-172-4072837
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