G20-Staaten müssen grünere Konjunkturpakete schaffen!
Gemeinsame Pressemitteilung von Germanwatch, E3G und Ecofys
Bonn, 02.04.2009: Der Anteil klimafreundlicher Maßnahmen in Deutschlands Konjunkturpaketen ist bisher nicht ausreichend. Das zeigt eine heute veröffentlichte Studie von Ecofys und Germanwatch. Diese analysiert im Auftrag u.a. von E3G die "Klimafreundlichkeit" der Konjunkturpakete von fünf Ländern und der EU. Anlass ist der heute stattfindende G20 Gipfel in London.
"Durch den Einsatz von Milliarden von Dollar bietet sich die Chance zu einem nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung in Zeiten der Rezession. Leider investieren die Länder noch immer in die Vergangenheit - und das nur Monate vor dem entscheidenden Klimagipfel in Kopenhagen. Ohne entschiedenes Handeln wird der Klimawandel zu einer Krise, die noch weitaus katastrophalere Auswirkungen haben könnte", sagt Jennifer Morgan, Direktorin des Klimaschutzprogramms der europäischen Umweltorganisation E3G. "Es zeigt sich, dass keins der untersuchten Länder die Gelder des Konjunkturpakets entschieden genug nutzt, um zugleich die Weichen gegen die sich anbahnende Klimakrise zu stellen", kommentiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Wir brauchen jährlich mindestens ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes, um den Umbau der Industrieländer in CO2-arme Gesellschaften zu schaffen. Die Studie zeigt, dass dieses Ziel von allen untersuchten Ländern weit verfehlt wird. Besonders erschreckend ist das italienische Konjunkturpaket, das sich durch massive Investitionen in den Straßenbau und somit den Autoverkehr insgesamt sogar negativ auf das Klima auswirken wird."
Deutschland zeigt mit einem Anteil von 0,5 Prozent "grünem Geld" vom BIP zwar eine bessere Leistung als die anderen analysierten Staaten. Dies ist aber nur die Hälfte der jetzt notwendigen Investitionen in Erneuerbare Energien oder Energieeffizienz. "Begrüßenswert ist das Wärmeschutzpaket für deutsche Schulen und Universitäten. Allerdings zeigen schon die ersten Wochen, dass die Umsetzung nicht ausreichend geregelt ist. Es wird schon verschiedentlich zurückgerudert und ist nicht sichergestellt, dass das Geld auch wirklich da ankommt, wo es gebraucht wird", erklärt Jan Burck von Germanwatch und weist darauf hin, dass diese im Konjunkturpaket an einer versteckten Stelle platzierten Gelder in einem Bericht der HSBC vom Februar nicht als "klimafreundlich" erkannt worden waren und dort folglich ein deutlich anderes Ergebnis präsentiert wurde. Burck, einer der Autoren der Studie, fordert weiterhin: "Es muss insbesondere mehr Geld in den öffentlichen Nahverkehr investiert werden, denn diesen Bereich vernachlässigt das deutsche Konjunkturpaket sträflich."
Interessant ist auch die Analyse des mit Abstand größten Pakets der USA. "Hier zeigt sich, dass zwar im Vergleich zur vorherigen Regierung der neue Präsident Obama eine weitaus klimafreundlichere Politik betreibt, allerdings mit einem Anteil von gerade einmal 0,4 Prozent "klimafreundlichem Geld" viel zu wenig unternimmt, um tiefgreifenden Wandel zu schaffen", erklärt Jennifer Morgan von E3G.
Die Studie analysiert die Konjunkturpakete anhand ihrer Klimafreundlichkeit beziehungsweise -unfreundlichkeit. Hierfür wurden die verschiedenen Maßnahmen in den Paketen klassifiziert und bewertet. Die positiven und die negativen Maßnahmen werden gegeneinander aufgerechnet, so dass klar ist, wie viel Geld wirklich nachhaltig investiert wird.
Aufgrund der mangelnden Datenverfügbarkeit konnten wichtige Konjunkturpakete anderer Länder, wie zum Beispiel China, noch nicht analysiert werden. Spannend wird sein, ob China die Fehler der westlichen Staaten wiederholt oder das Konjunkturprogramm für einen Beginn zu einem echten Wandel nutzt.
Schlüsselergebnisse der Studie:
- Von den 1100 Milliarden US$ Gesamtwert der untersuchten Konjunkturpakete betragen die (nach Effektivität bereinigten) klimafreundlichen Ausgaben lediglich 73 Milliarden US$ - ein winziger Anteil (6,6%) der gesamten Summe.
- Um die globalen Emissionen so weit zu reduzieren, dass der globale Temperaturanstieg auf 2°C begrenzt wird, entstehen Kosten von schätzungsweise 1-3% des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die jetzt vorgelegte Analyse zeigt, dass Deutschland und die USA "grünen" Maßnahmen mit rund 0,5% des nationalen BIP die höchste Priorität gegeben haben. Selbst diese Beträge sind aber deutlich unter dem erforderlichen Niveau der Investitionen, um einen katastrophalen Klimawandel zu vermeiden.
- Es wird mehr Klarheit und Transparenz über den Umfang klimafreundlicher Maßnahmen in den Anreizpaketen aller Länder benötigt, um potenzielles "Greenwashing" zu vermeiden und die Vorschläge besser einschätzen zu können.
- Die meisten Länder fokussieren ihre Aktivitäten auf Energieeffizienz im Gebäude- und PKW-Bereich und ignorieren, welche zentralen Möglichkeiten Erneuerbare Energien und das Umstrukturieren der Stromnetze bieten.
- In Italien, wo klimafreundliche Anreize nur für den Verkehrsbereich relevant sind, übersteigen die Investitionen für neue Straßen die Investitionen für den öffentlichen Verkehr und die Subventionen für effiziente Fahrzeuge um etwa 30%.
- Das Anreizpaket Großbritanniens hat das Potenzial für Investitionen in Erneuerbare Energien völlig vernachlässigt und erhält aufgrund von 742 Millionen US$ Investitionen in den Straßenbau insgesamt eine negative Bewertung.
Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:
- Jan Burck, Referent für Klimaschutz, Germanwatch, 0177-8889286
- Niklas Höhne, Ecofys, Direktor Energie und Klimapolitik 0162-1013420
- Jennifer Morgan, E3G, Direktorin Globales Klimaschutzprogramm 0162-2914451
Die Studie ist abrufbar unter www.germanwatch.org/klima/score09.pdf und www.e3g.org
Dritte Generation Umweltschutz (E3G) ist eine europäische Umweltorganisation, mit Sitz in Brüssel, Berlin und Washington, D.C.
Germanwatch ist eine Entwicklungs- und Umweltorganisation mit Büros in Bonn und Berlin.
Ecofys ist ein Beratungsunternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz und Klimaschutz mit Büros in 12 Ländern, in Deutschland in Köln, Berlin und Nürnberg.