Systemwechsel in der Milchpolitik jetzt.
Landwirtschafts-, Umwelt-, Tierschutz-, Menschenrechts- und entwicklungspolitische Organisationen fordern sofortige Maßnahmen zur deutlichen Begrenzung der überschüssigen Milchmenge. Langfristig ist die europäische Milchproduktion vor allem an Bedarf und Nachfrage in der EU auszurichten.
Pressemitteilung des Milchbündnisses zum heutigen Sondergipfel der EU-Agrarminister in Brüssel
Berlin/Brüssel, 5.10.2009: Die anhaltende Krise auf dem Milchmarkt und die Protestaktionen von Milchbauern in vielen europäischen Ländern zwingen die Landwirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten zu einem außerplanmäßigen Treffen am heutigen Montag. "Spätestens jetzt muss allen Verantwortlichen klar geworden sein, dass die bisherigen Maßnahmen zur Stabilisierung der Milchpreise gescheitert sind", sagt Romuald Schaber, Vorsitzender vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM). "Der Aufstand der Milchbauern in Deutschland und vielen europäischen Nachbarländern ist ungebrochen. Sie haben die Gesellschaft hinter sich und das stärkt die Milcherzeuger und deren Anliegen ungemein."
"Wir appellieren an die EU-Kommission und die Agrarministerinnen und -minister, heute wesentliche Schritte für einen agrarpolitischen Systemwechsel einzuleiten", fügt Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), hinzu. "Umgehend müssen die politisch zu verantwortenden Milchübermengen abgebaut werden mit dem Ziel, langfristig die Milcherzeugung an dem Bedarf zu orientieren. Die europäischen Milcherzeuger müssen in die Lage versetzt werden, durch koordiniertes Vorgehen die Angebotsmenge der schwankenden Nachfrage anzupassen. Das ist notwendig, damit Milcherzeuger als ernst zunehmender Marktpartner agieren und kostendeckende Milchpreise aushandeln können."
"Auch aus entwicklungspolitischer Sicht ist die Beschränkung der Produktion die einzig sinnvolle Option", stellt Tobias Reichert von der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch fest. "Noch mehr und noch höhere Exportsubventionen, um die europäischen Übermengen anderen Ländern aufzudrücken, würden noch mehr Schaden auf den Weltmärkten anrichten." Armin Paasch von FIAN ergänzt: "Die derzeitige Agrarpolitik zerstört die Existenzen von Kleinbauern in Entwicklungsländern und gefährdet somit das grundlegende Menschenrecht auf Nahrung."
Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): "Wenn die EU-Agrarminister die Einkommen der Milchbetriebe jetzt nicht mit einer wirksamen Milchmengensenkung stabilisieren, sind sie dafür verantwortlich, wenn Milch in Kürze nur noch aus Agrarfabriken kommt und Europas bäuerliche Kultur zerstört wird. Landwirtschaftliche Überschüsse sind einfach vermeidbare Klimabelastungen. Die Agrarminister müssen diese Überschüsse abbauen, andernfalls tragen sie aktiv zum Klimawandel bei."
"Der Weg zur 50 Liter-Turbokuh wird durch das Preisdumping angetrieben, weil angesichts des Preisdrucks immer mehr aus den Tieren herausgeholt werden soll. Eine artgerechte, zukunftsweisende Tierhaltung ist mit Preisdumping nicht vereinbar. Eine Reduzierung der Milchmenge erreicht man zum Beispiel mit tiergerechter Weidehaltung, geringerem Einsatz oder Verzicht von Importfuttermitteln und Zweinutzungsrassen. Das ist artgerechte Tierhaltung mit gesunden, robusten Tieren, die eine längere Lebenserwartung haben und gleichzeitig auch einen Beitrag für den Natur- und Klimaschutz leisten", sagt Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.
Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:
- Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf (AbL) 0171-3627711
- Romuald Schaber (BDM) 0151-55037174
- Hubert Weiger (BUND) 0160-2811867
- Wolfgang Apel (Deutscher Tierschutzbund) 0228-6049624
- Armin Paasch (FIAN) 0176-22630755
- Tobias Reichert (Germanwatch) 0178-2125803