Pressemitteilung | 08.10.2009

Saudi Arabien schwächt die Position der Entwicklungsländer auf den UN-Klimaverhandlungen.

Gemeinsame Pressemitteilung von Germanwatch, IndyACT und tcktcktck

Bonn/Bangkok, 8.10.09: Die libanesische Organisation IndyACT hat gemeinsam mit der deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch auf den UN-Klimaverhandlungen in Bangkok einen Bericht vorgestellt, der deutlich macht, dass Saudi Arabien an den entscheidenden Stellen im Verhandlungsprozess die Politik blockiert, die gerade für die Sicherheit der ärmsten und besonders verletzlichen Länder wichtig ist. In der Analyse wurden die Positionen verschiedener arabischer Regierungen im Rahmen der Verhandlungen für ein neues Klimaabkommen im Dezember in Kopenhagen untersucht.

Die Analyse umfasst alle 22 arabischen Länder. Die soziale und wirtschaftliche Situation variiert in den verschiedenen Ländern und reicht von reichen und neu industrialisierten Ländern, deren wichtigste Einnahmequelle der Ölverkauf ist, bis hin zu den am wenigsten entwickelten Ländern, die an extremer Wasserknappheit leiden. Deshalb unterscheiden sich die Interessen der arabischen Länder innerhalb der Klimaverhandlungen deutlich. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass alle Länder die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu spüren bekommen werden.

"Obwohl die arabische Region so unterschiedliche Interessen hat, ist die Hauptposition der arabischen Länder derzeit darauf konzentriert, den Ölexport zu schützen anstatt den Planeten vor den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels zu bewahren. Saudi Arabien benutzt sein politisches Gewicht in der Region und die Uneinigkeit anderer arabischer Regierungen, um seine Interessen durchzusetzen", sagte Wael Hmaidan, Geschäftsführer von IndyACT.

Auch historisch gesehen hat die arabische Region bisher einen besonderen Einfluss auf die Klimaverhandlungen gehabt. Die Delegation aus Saudi Arabien hat eine Delegation, die von der Größe und Erfahrung her vergleichbar ist mit den industrialisierten Ländern. Dieses Jahr hat der Sudan - Ölexporteur und gleichzeitig eines der wirtschaftlich am wenigsten entwickelten Länder - den Vorsitz in der Gruppe der 77, während Algerien, ein OPEC-Mitglied, die afrikanische Gruppe leitet. "Die arabischen Länder hätten hierdurch die Möglichkeit, den Prozess wirklich voran zu bringen, aber dafür müssten alle Länder zusammenarbeiten, um eine ausgeglichene Position für die Region zu bekommen", erklärt Hmaidan.

Viele Nichtregierungsorganisationen zeigen sich über den erhöhten Einfluss von Saudi Arabien besorgt, der sich bisher als Quertreiber zwischen den Entwicklungsländern gezeigt hat, und darüber, wie dies die dringendsten Bedürfnisse der ärmsten und besonders verletzlichen Länder beeinflussen wird. "Die Delegationen der ärmsten und besonders verletzlichen Regionen bekommen immer weniger Raum in den Verhandlungen", sagt Raju Chhetri von der United Mission to Nepal.

Allein in den vergangenen zwei Wochen hat es Saudi Arabien geschafft, einige wichtige Forderungen für die ärmsten und besonders verletzlichen Regionen zu unterminieren. Sie haben im Verhandlungstext Stellen entfernen wollen, die diese Regionen unterstützen würden; sie haben die Diskussion über Anpassung behindert, weil sie über die nachteiligen Effekte der zu ergreifenden Maßnahmen diskutieren wollten, obwohl diese bereits im Bali-Aktionsplan von 2007 enthalten sind; sie waren das einzige Land, das sich gegen eine fast einstimmige Mehrheit stellte, um weitere Verhandlungen in der zweiten Novemberhälfte zu führen; und sie waren sogar das einzige Land, das sich gegen die Notwendigkeit einer Benennung eines numerischen globalen Ziels ausspricht, das nicht überschritten werden darf, um einen gefährlichen Klimawandel zu vermeiden. "Seit 2006 gibt Germanwatch jährlich den internationalen Klimaschutz-Index heraus. Saudi Arabien schnitt im Hinblick auf die folgenden drei Kriterien immer am schlechtesten ab: Emissionslevel, Emissionsanstieg und die Bewertung ihrer internationalen Klimapolitik durch Experten", erklärte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Die Verhandlungen sind ins Stocken geraten, weil die Industrieländer sich auf keine ambitionierten Reduktionsziele für ihre CO2-Emissionen einigen wollen. Trotzdem ist es besonders wichtig, dass gerade die Entwicklungsländer sehr starke Positionen haben müssen, um größeren Druck auf die Industrieländer auszuüben. "Die saudische Position erlaubt es den Industrienationen, ihre sehr geringen Reduktionsziele und Finanzzusagen zu verstecken. Das gibt ihnen die Möglichkeit die Länder der G77 und China angesichts ihrer Blockadeposition zu beschuldigen. Das aber verdeckt den Blick auf die positiven Entwicklungen innerhalb vieler Länder, besonders der am wenigsten entwickelten Länder und der kleinen Inselstaaten", so Bals weiter.

>> Weitere Informationen zur Rolle der arabischen Regierungen während der Klimaverhandlungen (in englischer Sprache)
 

Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:

  • Christoph Bals, bals@germanwatch.org, +49 174 327 5669 (vor Ort in Bangkok)