Pressemitteilung | 23.02.2010

Auszeichnung für Verantwortungs-Nieten

2010-02-23-foto.jpg

Vertreter des CorA-Netzwerks vor dem Bundeswirtschaftsministerium am 23.2.2010

Berlin, 23. Februar 2010. Das bundesweite CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung hat heute vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin an die Deutsche Bahn AG und das Bundeswirtschaftsministerium den Preis "Unfairer und klimaschädlicher öffentlicher Auftraggeber" vergeben. "Mit dem Negativpreis würdigt das CorA-Netzwerk auf kritische Weise das unsoziale und ökologisch schädliche Wirken der öffentlichen Hand bei der Vergabe von Aufträgen", so Sarah Bormann von WEED. Die Preisvergabe fand vor dem Hintergrund des "Tages der öffentlichen Auftraggeber" statt, zeitgleich zur Verleihung des Preises für die Innovationsleistungen öffentlicher Beschaffer im Bundeswirtschaftsministerium.

"Offiziell fordert die Bahn von Vertragspartnern die Einhaltung von Sozialstandards, doch die gewerkschaftsnahe Organisation mobifair hat aufgedeckt, dass osteuropäische Arbeiter im Berliner Umland auf Bahnhöfen und Gleisen unter skandalösen Bedingungen zur Schneeräumung eingesetzt wurden", sagte Doro Zinke, Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg. Dabei geht es um Hungerlöhne, überlange Arbeitszeiten und lebensgefährliche Missachtung von Sicherheitsbestimmungen. Die Deutsche Bahn hat mittlerweile Verstöße gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz und Arbeitsschutzbestimmungen eingeräumt. "Dennoch vergibt sie weiterhin Aufträge für Dienstleistungen an externe Unternehmen, ohne dass kontrolliert wird, wer letztlich vor Ort die Arbeiten ausführt", so Zinke weiter. Der Fall zeigt die Notwendigkeit, den grenzüberschreitenden Schutz von Beschäftigten im europäischen Binnenmarkt zu stärken. 

Stattdessen wird ab dem 01.05.2011 der Druck auf die Löhne und Arbeitsbedingungen durch die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU weiter steigen. Es sei, so Zinke, ein Skandal, dass der Bund als Eigentümer der Bahn auch noch indirekt von der Ausbeutung osteuropäischer Arbeiter profitiert, statt Lohndumping zu bekämpfen. Notwendig sei ein einheitlicher Mindestlohn auch bei der Auftragsvergabe und eine effektive Kontrolle.

"Der Bund als Vorreiter bei der klimafreundlichen Beschaffung? Von wegen! Beim Stromeinkauf wählt das Bundeswirtschaftsministerium - neben den meisten anderen Bundesministerien - lieber die Billigvariante und versorgt sein Haus mit Energie aus größtenteils klimaschädlichen fossilen Energieträgern", so Katrin Ansel von Germanwatch zum zweiten Preisträger, dem BMWi. Den Zuschlag der europaweiten Ausschreibung für den billigsten Strom ohne Umweltvorgaben bekam im Mai 2009 die RWE-Tochter Envia, deren Strom sogar einen besonders hohen CO2-Ausstoß verursacht. "Das ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch kurzsichtig", so Ansel weiter: "Die Bundesregierung verpasst eine große Chance, wenn sie Deutschlands Vorreiterschaft in klimafreundlichen Technologien, Produkten und Dienstleistungen nicht konsequent durch den eigenen Einkauf fördert".

Mit der Vergabe des "Unfairen und klimaschädlichen öffentlichen Auftraggebers 2010" unterstreicht das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung seine Forderung nach einer verantwortungsvollen ökologischen und sozialen Beschaffung bei der öffentlichen Auftragsvergabe. 

Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:

Sarah Bormann, Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (WEED), 01 60 / 96 65 43 32
Heiko Glawe, DGB Bezirk Berlin-Brandenburg, 0171 / 62 52 764 
Katrin Ansel, Germanwatch, 0176 / 27 66 82 44