Die neue Regierung muss Verantwortung fürs Klima übernehmen
Die neue Regierung muss Verantwortung fürs Klima übernehmen
(© Ana Hupe)
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„Burning down the house“. Die Brände in Südamerika sind von schwerwiegendem Ausmaß für Klima und Artenvielfalt – und für die Menschen, die im und von dem Wald leben. Nicht nur die Lebensgrundlagen, sondern auch kulturelles Erbe und Identität gehen verloren. Exemplarisch dafür steht in dieser Collage der Brand des brasilianischen Nationalmuseums 2018.
Waldbrände in ungesehenem Ausmaß auf der ganzen Welt, Flutkatastrophen, explodierende Getreidepreise – wir sehen es mittlerweile Tag für Tag: Die Klimakrise trifft uns schon heute und droht sich weiter massiv zu verschärfen. Das hat auch der Weltklimarat in seinem neuen Sachstandsbericht im August so deutlich wie nie bestätigt. Dieses Jahrzehnt ist entscheidend – wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir das Ziel des Pariser Klimaabkommens nicht mehr erreichen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Deutschland und die EU tragen eine besondere Verantwortung für die Bekämpfung der Klimakrise. Einerseits haben sie jahrhundertelang ihren Wohlstand auf der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas aufgebaut. Andererseits verfügen sie über die Möglichkeiten, den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu bewältigen. Dafür braucht Deutschland eine Bundesregierung, die schnell aus Kohle, Öl und Gas aussteigt und Klimaschutz zur obersten Priorität macht. Die anstehende Bundestagswahl muss deshalb eine Klimawahl werden.
Aber die Verantwortung der nächsten Bundesregierung endet nicht an den Grenzen Deutschlands oder der EU. Deutschland muss und kann die Entwicklung zu einer klimaneutralen und gerechten Zukunft in anderen Teilen der Welt unterstützen. Denn was wir in Europa tun oder lassen, unsere Ernährung, unser Handel, haben Auswirkungen auf andere Teile der Welt. Das zeigt etwa der Blick auf die Vernichtung der Wälder im Wirtschaftsraum Mercosur (Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay). Denn die EU ist zweitgrößte Abnehmerin der landwirtschaftlichen Produkte, die die Entwaldung dort besonders anheizen: Rindfleisch und Soja.
Im Juni 2020 gab es im Amazonas so viele Waldbrände wie zuletzt vor 14 Jahren, größtenteils zurückzuführen auf Brandstiftung für die Landwirtschaft und begünstigt von sich verändernden Klimabedingungen. Vor wenigen Wochen ergaben wissenschaftliche Messungen erstmals, dass Teile des Amazonas, vor allem im Südosten, von einer Treibhausgas-Senke zu einer Treibhausgas-Quelle geworden sind: Der Wald stößt mehr Kohlendioxid durch Entwaldung, Brände und Trockenheit aus, als er durch das Wachstum der Bäume bindet.
Die Entwaldung im Mercosur betrifft neben dem Amazonas auch den Atlantischen Regenwald und die Savannen des Cerrado und des Gran Chaco. In all diesen Lebensräumen ist die Ausweitung von Rinderweiden und Sojafeldern die Hauptursache für Entwaldung. Hier wird auch für den Export nach Europa produziert. Die exportgetriebene Entwaldung in Südamerika bedroht nicht nur die Stabilität des Weltklimas, sondern zerstört auch die Biodiversität und führt zu Menschenrechtsverletzungen, insbesondere von indigenen Menschen, die im und mit dem Wald leben. Es werden traditionelles Wissen und Identität, oft genug Gesundheit und Leben zerstört. Nicht umsonst zieht die Künstlerin Ana Hupe, die diese Ausgabe mitgestaltet hat, den Vergleich zwischen brennenden Wäldern und dem Brand des brasilianischen Nationalmuseums.
Zur Eindämmung der Entwaldung braucht es mehr internationale Kooperation. Export- und Importländer sowie die großen Handelsfirmen müssen Verantwortung übernehmen. Großbritannien wird im November den Weltklimagipfel in Glasgow ausrichten und hat bereits angekündigt, das Thema Entwaldung auf die Tagesordnung zu setzen. Auch beim mehrfach verschobenen UN-Biodiversitätsgipfel, der im Frühjahr 2022 im chinesischen Kunming stattfinden soll, sollte der Stopp der Waldvernichtung Thema sein. Denn als weltgrößter Importeur von Produkten, die mit Abholzung in Verbindung stehen, trägt China eine starke Verantwortung.
Auch die EU auf Rang zwei muss jetzt Verantwortung übernehmen, um diese internationalen Verhandlungen zum Erfolg zu führen. Denn nur wer selbst glaubwürdig handelt, kann dies auch von anderen einfordern. So darf sie das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur nicht ratifizieren, denn es enthält keine wirksamen Regeln zum Schutz von Menschenrechten, Klima und Wäldern, dafür aber Anreize zum Export von Soja und Fleisch. Auch das geplante EU-Lieferkettengesetz und weitere Regulierungen sollten sicherstellen, dass Unternehmen keine landwirtschaftlichen Produkte mehr nach Europa importieren dürfen, die nachweislich die Entwaldung anheizen.
Können wir das schaffen? Ja, aber dafür muss die nächste Bundesregierung den Schwerpunkt auf Klima- und Biodiversitätsschutz und verantwortungsvolle Handelspolitik setzen – in Deutschland, in der EU und weltweit. Auch das macht die Wahl am 26. September zur Klimawahl.
Lutz Weischer und Christoph Bals
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In einer Zeit globaler Krisen steht Deutschland vor einer Richtungswahl: Um Grund- und Freiheitsrechte auch für junge und kommende Generationen hier und anderswo zu sichern, brauchen wir eine Politik, die für Menschenrechte, Umweltschutz und Gerechtigkeit einsteht. In der nächsten Legislaturperiode müssen endlich konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Denn in diesem Jahrzehnt entscheidet sich, ob die globalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele noch eingehalten werden können. Was muss die nächste Bundesregierung also tun, um Deutschland gerechter, nachhaltiger und international verantwortungsvoller zu machen?
Als Teil eines umfangreicheren Reformprogramms muss die nächste Regierung auf jeden Fall die folgenden zehn Aufgaben anpacken:
1. Nachhaltigkeitsziele als Richtschnur des Regierungshandelns >>1. Nachhaltigkeitsziele als Richtschnur des Regierungshandelns
SDGs und Klimaschutz müssen für alle Ministerien verbindlich werden. Die Zusammenarbeit der Ministerien muss dafür anders und besser organisiert, jedes Gesetz hinsichtlich der Auswirkungen auf Menschenrechte, Klimaschutz und Nachhaltigkeit überprüft werden. Ein Bundestagsausschuss für Nachhaltigkeit muss Mitsprache im Gesetzgebungs- und Haushaltsverfahren erhalten. Gemeinsam mit den Bundesländern sollte die Bundesregierung Bildung für Nachhaltige Entwicklung im Sinne des UNESCO-Programms BNE2030 zum Leitbild für alle Bildung machen.
2. Nutzen des Finanzmarkts als Hebel zur Finanzierung des Wandels >>2. Nutzen des Finanzmarkts als Hebel zur Finanzierung des Wandels
Wir fordern eine kluge Regulierung des Finanzmarkts, damit Risiken vermieden und die notwendigen Veränderungen leichter finanziert werden können. Die öffentliche Hand muss bei der zukunftsorientierten Offenlegung von Klimarisiken und der Lenkung eigener Finanzflüsse als Vorreiterin vorangehen. Die Sustainable-Finance-Strategie der Bundesregierung muss nachgeschärft, die wichtigen und konkreten Empfehlungen des Sustainable-Finance-Beirats müssen umgesetzt werden.
3. Schneller, naturverträglicher Ausbau von Wind- und Solarkraft >>3. Schneller, naturverträglicher Ausbau von Wind- und Solarkraft
Ambitionierte Klimaziele im Strom-, Verkehrs- und Gebäudesektor sowie in der Industrie lassen sich nur mit deutlich schnellerem Ausbau der erneuerbaren Energien erreichen. Wir fordern höhere Ausbauziele, bessere Planungs- und Genehmigungsverfahren und den Ausbau der notwendigen Netze. Für Bürger:innen braucht es überzeugende politische und ökonomische Teilnahmekonzepte. 2030 muss der Kohleausstieg abgeschlossen sein und mindestens 80% des Stroms müssen aus erneuerbaren Energien stammen.
4. Ausstieg aus der industriellen Tierhaltung und Umbau der Landwirtschaft >>4. Ausstieg aus der industriellen Tierhaltung und Umbau der Landwirtschaft
Die Ausrichtung der Landwirtschaft auf immer mehr Produktion zu international wettbewerbsfähigen Preisen verursacht hohe Treibhausgasemissionen, gefährdet durch Antibiotikaeinsatz die Gesundheit, beschleunigt das Höfesterben und zerstört Märkte für Bauern im Globalen Süden. Wir fordern die Reduktion der Tierbestände, die Bindung der Tierzahlen an die lokale Futterfläche und eine Abgabe auf tierische Lebensmittel, um eine tierwohlgerechte Haltung mit existenzsichernden Erzeugerpreisen zu ermöglichen.
5. Mobilitätswende von Auto und Flug zum Zug >>5. Mobilitätswende von Auto und Flug zum Zug
Um die Klimaziele zu erreichen und den Rohstoffverbrauch zu senken, brauchen wir nicht nur eine Antriebswende zur Elektromobilität, sondern eine Mobilitätswende, die zu weniger und kleineren Autos und weniger Flügen führt. Wir fordern ein sofortiges Moratorium für den Bau von Autobahnen und Bundesstraßen, ein Enddatum für den fossilen Verbrennungsmotor, einen Europatakt für attraktive Zugverbindungen und Investitionen in das deutsche und europäische Schienennetz.
6. Aufbau einer Kreislaufwirtschaft >>6. Aufbau einer Kreislaufwirtschaft
Der hohe Ressourcenverbrauch unserer Volkswirtschaft muss schrittweise gesenkt und – weit über Recycling-Konzepte hinaus – von einer Kreislaufwirtschaft abgelöst werden. Wir fordern verbindliche Ziele zur absoluten Reduktion der Nutzung von Primärrohstoffen und die dafür nötigen Maßnahmen, wie eine Ressourcensteuer und eine Substitutionsquote.
7. Digitalisierung für das Gemeinwohl >>7. Digitalisierung für das Gemeinwohl
Wir fordern einen politischen Rahmen für Digitalisierung, der den Schutz der Lebensgrundlagen mit dem Schutz der Demokratie verknüpft. Dazu gehört auch, die Bundesförderung für die Digitalisierung der Schulen und Lernorte auf nachhaltige, inklusive und demokratieförderliche Lösungen auszurichten.
8. Neuausrichtung der Handelspolitik an den Menschenrechten und am Schutz der Lebensgrundlagen >>8. Neuausrichtung der Handelspolitik an den Menschenrechten und am Schutz der Lebensgrundlagen
Statt der bisherigen Freihandelsabkommen, die Menschenrechte, SDGs und Pariser Klimaziele unzureichend berücksichtigen, fordern wir eine neue Form von Partnerschaftsabkommen. Die Ratifikation des Mercosur-Freihandelsabkommens muss ausgesetzt werden, solange der Schutz von Menschenrechten, Klima und Wald nicht gesichert ist. Die Investitions- und Handelspolitik mit den Staaten Afrikas muss im Sinne eines Pakts für soziale und ökologische Nachhaltigkeit neu gestaltet werden.
9. Wirksames europäisches Lieferkettengesetz >>9. Wirksames europäisches Lieferkettengesetz
Gemeinsam machen wir die Wahl zur Klimawahl!
Klimawahlcheck
Ihnen ist noch nicht ganz klar, welche Partei sich wie für Klimaschutz einsetzt? Mit diesem Tool finden Sie raus, welches Wahlprogramm am besten zu Ihnen passt.
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Klima-Pledge - Meine Stimme für die Zukunft
Verpflichten Sie sich gemeinsam mit Hunderttausenden digital dazu, diese Wahl zur Klimawahl zu machen. Wie das? Versprechen Sie Ihre Stimme der Partei, die aus Ihrer Sicht die besten Ideen für Klimaschutz hat und sprechen Sie darüber: mit Freund:innen, Familie, am Arbeitsplatz …
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Globaler Klimastreik am 24. September
Seien Sie laut und präsent: Zwei Tage vor der Bundestagswahl gehen wir in Deutschland und auf der ganzen Welt mit Fridays for Future für gerechte und konsequente Klimapolitik auf die Straße.
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Wählen fürs Klima am 26. September
Schnappen Sie sich Ihre Wahlunterlagen und auf geht‘s ins zuständige Wahllokal! Oder wählen Sie einfach und bequem per Brief – so schützen Sie in der Pandemie sich selbst und andere.