Lieferketten transparent machen: Das Beispiel IT-Industrie

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Lieferketten transparent machen: Das Beispiel IT-Industrie

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Für viele VerbraucherInnen war die alarmierende Selbstmordserie von ArbeiterInnen eines Zulieferers von Apple ein Weckruf in Bezug auf die Bedingungen, unter denen IT-Hersteller ihre Geräte produzieren lassen. 2012 kritisierte Bundespräsident Gauck das Konsumverhalten der Deutschen: Statt sich für die neuesten Handys anzustellen, sollten sie lieber gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen protestieren. Doch so hilfreich der Druck der VerbraucherInnen ist – ohne politische Rahmensetzung stehen sie auf verlorenem Posten. Die Initiative der Europäischen Kommission für mehr soziale und ökologische Transparenz lehnt die deutsche Regierung jedoch vehement ab. 

Die Kommission schlägt vor, dass große Unternehmen ihre Unternehmenspolitik zu Umwelt- und ArbeitnehmerInnenbelangen sowie zur Achtung der Menschenrechte darlegen müssen. Zugleich sollen sie über mögliche menschenrechtliche Risiken und deren Handhabung im Unternehmen berichten. Der Vorschlag enthält aus Sicht von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften zwar zu viele Ausnahmen für Unternehmen. Sie erwarten dennoch von der Bundesregierung, dass sie sich für den Vorschlag einsetzt. Die Bundesregierung setzt jedoch ausschließlich auf das Prinzip der Freiwilligkeit und befürchtet zudem einen Bürokratieanstieg und hohe Kosten für Unternehmen – ganz im Einklang mit den Bedenken der deutschen Arbeitgeberverbände. Dabei wäre eine Offenlegungspflicht, die auch die Lieferkette mit umfassen sollte, im Interesse einer nachhaltigen Wirtschaft. Nachhaltigkeit lässt sich nur dann gewährleisten, wenn sowohl Unternehmen, als auch VerbraucherInnen und Beschaffungsstellen Einsicht in die Lieferkette eines Produkts bekommen.

►►► Rechtlich verbindliche Offenlegungspflichten für Unternehmen bezüglich nichtfinanzieller Informationen schaffen.

Lieferketten sind komplex, wie das Beispiel eines Handys zeigt: Die Bestandteile wie Metalle, Plastik oder Lötzinn werden über den Globus zu Vorproduzenten geschickt, die Leiterplatte, Akku und Gehäuse herstellen. Wie zahlreiche Studien des Projektes makeITfair zeigen, lässt sich kaum überprüfen, unter welchen Bedingungen ein Handy hergestellt wurde, solange Unternehmen nicht ihre komplexe Lieferkette offenlegen. Geschäftsgeheimnis, sagen viele der großen Unternehmen. Dass es auch anders geht, zeigt das kleine Unternehmen NagerIT, das die Produktions- und Lieferkette ihrer „fairsten Computermaus der Welt” mit Name und Standort der Zulieferer auf der Webseite offengelegt hat (siehe Grafik unten | PDF). NachahmerInnen ausdrücklich erwünscht! 

Johanna Kusch


Weitere Informationen:

  • Apple Stories, ein Film von Rasmus Gerlach über die Arbeitsbedingungen in der Lieferkette von Apple
  • Stellungnahme vom CorANetzwerk für Unternehmensverantwortung zu dem Vorschlag der EU-Kommission zu Offenlegungspflichten

Lieferkette einer Computer-Maus:

Wäre auch nach den neuen Plänen der EU-Kommission noch nicht verpflichtend offenzulegen:
Transparente Lieferkette der bislang fairsten Computermaus. Quelle: https://www.nager-it.de/static/pdf/lieferkette.pdf