Die reformierte EU-Agrarpolitik gibt Spielraum zum Umsteuern

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Die reformierte EU-Agrarpolitik gibt Spielraum zum Umsteuern

Auf die nationale Umsetzung kommt es nun an


Die Einigung von EU-Mitgliedstaaten und Europäischem Parlament über eine „grünere und gerechtere“ Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist im besten Fall durchwachsen. Zwar werden nach der Einigung vom Sommer 2013 die Direktzahlungen an die Landwirte, die über drei Viertel der Subventionen ausmachen, erstmals an ökologische Kriterien geknüpft. Doch diese sind so schwach formuliert, dass sich für die meisten Betriebe kaum etwas ändern wird.

Zugleich delegierte die EU entscheidende Weichenstellungen für eine nachhaltige Agrarpolitik der nächsten sieben Jahre an die Regierungen der Mitgliedstaaten. So wurde zwar der Fonds für ländliche Entwicklung, der auch den ökologischen Landbau und Umweltmaßnahmen mitfinanziert, drastisch gekürzt – für Deutschland um etwa ein Viertel. Doch könnte die deutsche Regierung dies nun mehr als kompensieren, indem sie bis zu 15 % der Mittel für Direktzahlungen an Landwirte in diesen Fonds umschichtet.

Zugleich könnte sie die Direktzahlungen stärker für kleinere Betriebe einsetzen und mit bis zu 30 % davon die Zahlungen für die „ersten“ bis zu 48 Hektar jedes Betriebs aufstocken. Davon würden in Deutschland bis zu 90 % der kleineren und mittleren Betriebe profitieren. Verlierer wären jene 10 % Großbetriebe, die oft mit minimalem Arbeitseinsatz 55 % der Agrarflächen in Deutschland bewirtschaften. Der Strukturwandel zu rationalisierten und immer größeren Betrieben könnte so wirksam gebremst werden.

►►► Tierhaltung den lokalen ökologischen Grenzen anpassen.

Die nationale Umsetzung ermöglicht es auch, die wachsenden Probleme der industriellen Tierhaltung anzupacken. Drei Viertel der klimarelevanten Emissionen der deutschen Landwirtschaft stammen aus der Tierhaltung – wenn man die Emissionen für den Futtermittelanbau berücksichtigt. Die für den Anbau importierter Futtermittel benötigte Fläche steht in Entwicklungsländern zunehmend in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion und ist ein Treiber für die Zerstörung wertvoller Ökosysteme. Vor Ort belastet intensive Tierhaltung oft Gewässer durch Nährstoffe aus der Gülle. Die Bundesregierung kann nun eine Trendwende einleiten, indem sie Stallneubauten, die weiterer Kapazitätssteigerung dienen, nicht mehr fördert und regionale Auflagen gegen Umwelt- und Gesundheitseffekte verschärft sowie konsequent durchsetzt. Zudem kann sie einen Teil der Direktzahlungen für besonders umweltfreundliche Tierhaltungsformen wie Weidehaltung nutzen.

Tobias Reichert