Mangelhafte Umsetzung der OECD-Leitsätze

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Mangelhafte Umsetzung der OECD-Leitsätze

Interessenskonflikt der deutschen Kontaktstelle auflösen

 

Kinderarbeit bei Zulieferern von Bayer, Verletzung mexikanischen Arbeitsrechts bei Continental und jüngst die klimaschädliche Konzernstrategie bei VW - diese Vorwürfe hat Germanwatch im Rahmen von Beschwerden im deutschen Wirtschaftsministerium vorgetragen. Dort ist die Nationale Kontaktstelle (NKS) angesiedelt, die Umsetzungsinstanz für die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen. Die Leitsätze sind zwar nicht völkerrechtlich verbindlich, jedoch bisher das stärkste internationale Instrument für Unternehmensverantwortung. Die Praxis ist allerdings bisher mangelhaft.

Kein Wunder, wenn man sich den Interessenskonflikt der Kontaktstelle vor Augen führt. Die Instanz befindet sich im Wirtschaftsministerium in der Abteilung für Auslandsinvestitionen, die sich um die Förderung der deutschen Wirtschaft kümmern soll. Das geht nicht immer einher mit Anliegen wie Menschenrechten und Umweltstandards.

International gibt es andere Strukturen: Die Hälfte der weltweit 39 Kontaktstellen besteht aus mehreren Ministerien, in neun Ländern sind Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände eingebunden, in zwei Fällen sogar NRO. Eine wichtige Rolle spielt zudem in einigen Ländern das Parlament, wie Erfahrungen aus den Niederlanden und Großbritannien zeigen. In Großbritannien entstand in der Folge eines kritischen Parlamentsberichts eine interministerielle NKS. Ein Beirat von externen Experten überwacht deren Arbeit. In den Niederlanden besteht die NKS seit diesem Jahr aus einem unabhängigen Expertengremium, in dem die Regierung einen Sitz hat. Das internationale NRO-Netzwerk OECD Watch hat solche Erfahrungen ausgewertet und ein Modell für Kontaktstellen entwickelt.

Auch für Deutschland wären derartige Veränderungen begrüßenswert. Ein Bündnis aus 15 NRO hat den Bundestag aufgefordert, aktiv zu werden. Als eine Reaktion will die Arbeitsgruppe Eine Welt der SPD nun prüfen, ob auch in Deutschland eine interministerielle Struktur eingerichtet werden soll.

In diesem Jahr gab es höchste politische Aufmerksamkeit für die OECD-Leitsätze auf internationaler Ebene: Die G8-Staaten verpflichteten sich in ihrer Abschluss-erklärung, diese durch die NKS aktiv zu fördern. Auch die G8-Arbeitsminister streben eine wirksamere Tätigkeit der NKS an.

Unterstützung gibt es auch aus der Finanzwirtschaft: Insbesondere Ratingagenturen und Investmentfonds würden die OECD-Leitsätze gern stärker nutzen. Aber die Abschlusserklärungen von Beschwerdeverfahren sind bisher zu unkonkret. Germanwatch versucht im Rahmen von OECD Watch und gemeinsam mit dem europäischen Verband Eurosif (European Social Investment Forum), weitere Verbesserungen zu bewirken. Die OECD-Leitsätze stellen nur ein sinnvolles Instrument dar, wenn sie effektiv umgesetzt werden. Das ist noch ein weiter Weg.
 

Cornelia Heydenreich

Weitere Infos: OECD-Leitsätze und Nationale Kontaktstelle
 

 

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