Schuften für den Amtscomputer

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Schuften für den Amtscomputer

Öffentliche Institutionen müssen sich bei der Auftragsvergabe an sozialen und ökologischen Kriterien orientieren

 

Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation sind weltweit 18 Millionen Menschen in der Elektronikindustrie beschäftigt, über ein Drittel davon in China. Oft leiden die Arbeiter unter sehr schlechten sozialen und ökologischen Bedingungen.

Bei der Wahl ihrer Computer zählt für Bund, Länder und Kommunen in Deutschland bislang nur ein Kriterium - der niedrigste Preis. Dabei geht es laut dem Bundesverband der IT-Branche (Bitkom) um ein Auftragsvolumen von allein 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2006. Diese Ausgaben werden mit der Umstellung auf das neue Betriebssystem Windows-Vista in den nächsten Jahren noch in die Höhe schnellen. Dieses ist wegen der vielen automatisch laufenden Programme energieintensiver und stellt viel höhere Anforderungen an die Hardware.

Bislang ist eine sozial-ökologische Kaufempfehlung nicht möglich, da die Arbeitsbedingungen bei allen Computer produzierenden Firmen bzw. ihren Zulieferern schlecht sind. Zwar unterzeichneten mit Ausnahme von Fujitsu-Siemens-Computers, dem Marktführer in Deutschland, alle Markenkonzerne den brancheneigenen Verhaltenskodex. Dieser ist jedoch freiwillig und hat bislang nicht zu einer wirklichen Verbesserung der Sozial- und Umweltstandards in der Computerproduktion geführt. So berichtet ein Arbeiter des Unternehmens Foxconn, das in China Computer für den Weltmarkt produziert und den Kodex selbst unterzeichnet hat: "Ich mische Farben für die Herstellung von Computern. Einige davon sind hochgiftig. Ich habe gehört, dass 30 Prozent der Arbeiter aus diesem Bereich unfruchtbar werden."

Ein wichtiger Hebel zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen wäre es, wenn öffentliche Institutionen und Gemeinden bei der Ausschreibung von Computern die Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO) zu einem Vergabekriterium erklären würden. Nun wären die Unternehmen in der Pflicht nachzuweisen, dass diese Normen in den Zulieferketten eingehalten werden. Verschweigen sie die Verletzungen von Arbeitsrechten in ihren Lieferketten, so könnte dies unter bestimmten Bedingungen sogar zu einer Vertragsstrafe führen. Das Thema wäre damit im Licht der Öffentlichkeit.

Wünschenswert wäre, dass sich die öffentliche Hand nicht nur optional zu universellen Rechten wie den ILO-Kernarbeitsnormen bekennt, sondern dass dies zur Regel wird. Um soziale und ökologische Kriterien für die Auftragsvergabe festzuschreiben, bietet die aktuelle zweite Stufe der Vergaberechtsreform eine Chance. Damit würde die Bundesregierung eine längst überfällige EU-Vergaberichtlinie umsetzen. Insbesondere das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung setzt sich auf Bundesebene für eine solche Politik ein (siehe Aktion auf dieser Seite). Doch bereits die Erwähnung sozialer Kriterien für die Auftragsvergabe droht am Widerstand des Wirtschaftsministerium und einer starken Unternehmenslobby zu scheitern.
 

Sarah Bormann
Die Autorin ist Mitarbeiterin bei WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung)
 

Weitere Infos: Weed
 

 

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