"Unsere wesentlichen Herausforderungen sind Klimaschutz und die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards"
"Unsere wesentlichen Herausforderungen sind Klimaschutz und die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards"
IGNACIO CAMPINO
Leiter des Bereichs Corporate
Sustainability & Citizenship
der Deutschen Telekom
Herr Campino, was sind die größten Nachhaltigkeitsherausforderungen für ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom - vor allem mit Blick auf die internationale Dimension?
Aus internationaler Sicht sind vor allem der Klimaschutz und die Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards in der Lieferantenkette wesentliche Herausforderungen.
Was ist die Sozialcharta der Deutschen Telekom?
Die Sozialcharta der Deutschen Telekom ist eine freiwillige Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Standards im Unternehmen. Die Sozialcharta ist auch Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Telekom und gilt somit auch für unsere Lieferanten.
Die Deutsche Telekom hat sich zum Ziel gesetzt, ökologische und soziale Mindeststandards innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette einzuhalten. Die Wertschöpfungskette z.B. für ein Handy beginnt ja schon im Kongo mit dem Coltanabbau. Wie viel Einfluss nimmt die Telekom nicht nur auf ihre direkten Zulieferer, sondern auch auf deren Zulieferer?
Die Deutsche Telekom hat ein Lieferantenmanagementsystem eingeführt, um ökologische und soziale Mindeststandards entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicherzustellen. Mit Hilfe eines e-Tools lassen sich alle relevanten Informationen erfassen. Aus den erhaltenen Informationen können wir den Bedarf nach genaueren Nachprüfungen und Audits vor Ort ableiten. Bezüglich Coltan hat die Deutsche Telekom ein "Coltanstatement" verabschiedet und verlangt Informationen von den Lieferanten bezüglich der Herkunft des Rohstoffs. Die Prüfungen der Lieferanten werden auch auf deren Lieferanten ausgedehnt.
Weshalb hat sich die Telekom zu dem Coltan-Statement bekannt und was haben Befragungen der Top-Zulieferer zu ihren Coltan-
Bestimmungen ergeben?
Der Auslöser für das Statement war die Bekanntgabe, dass im Kongo die Erlöse aus dem Coltanabbau zur Finanzierung von Parteien des Bürgerkriegs diente. Durch die Befragungen haben wir erkannt, dass bei unseren Top-Zulieferern ein entsprechendes Bewusstsein vorherrscht und sie ähnliche Policies und Statements bereits entwickelt haben.
Wie können solche Bestimmungen zu Coltan kontrolliert werden?
Die Branche der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) hat schon vor langer Zeit das Coltan-Problem erkannt. Deswegen hat die GeSI-Initiative (Global e-Sustainability Initiative), die sich auf internationaler Ebene für Nachhaltigkeit in der IuK-Branche einsetzt, in Zusammenarbeit mit "Fauna and Flora" eine große Untersuchung zu diesem Thema im Kongo durchgeführt. Die Ergebnisse und die entsprechenden Empfehlungen werden von der IuK-Branche berücksichtigt.
Welche Ziele verknüpft die Telekom mit ihrem Engagement bei der GeSI-Initiative? Ist die Initiative auch geeignet, um innerhalb des Elektroniksektors zu gemeinsamen Schritten zu kommen?
Die Deutsche Telekom ist, als weltweit agierendes Unternehmen, Teil der Gesellschaft in den jeweiligen Ländern - als Arbeitgeber, Nachbar oder Geschäftspartner. Eines unserer Ziele ist es, zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen. Die GeSI-Initiative verfolgt auf globaler Ebene ähnliche Ziele und ist somit für die Telekom eine ideale Initiative innerhalb des Elektroniksektors.
Im Nachhaltigkeitsbericht führt die Deutsche Telekom aus, dass die Abteilung für Corporate Social Responsibility (CSR) und die Einkaufsabteilung zusammenarbeiten. Wie sieht diese Zusammenarbeit genau aus?
Es gibt eine konzernweite Arbeitsgruppe aus den Einheiten Einkauf und Nachhaltigkeit (Sustainable Procurement Working Group). Hier wurde eine spezielle Nachhaltige Einkaufsstrategie zur Sicherung von Nachhaltigkeitskriterien im gesamten Einkaufsprozess entwickelt und vom Procurement Leaders Team verabschiedet. In strittigen Fällen wird ein Standard-Eskalationsprozess eingeleitet. Die Entscheidung über Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten wird letztendlich vom Einkauf getroffen.
Laut Nachhaltigkeitsbericht will die Deutsche Telekom ihre Zulieferer auditieren, wobei 20 Prozent des Einkaufsvolumens aus Regionen außerhalb der EU und der USA stammen. Hier gibt es erfahrungsgemäß die größten Probleme bei der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards. Wie sehen die Audits für diese Zulieferer aus?
Unsere Audits konzentrieren sich zurzeit auf diese Zulieferer. Jedes Jahr auditieren wir Lieferanten, die nach unserer Bewertung ein bestimmtes Risiko aufweisen. Mehr als um das Erzielen von prozentuellen Durchschnittswerten geht es uns dabei darum, eventuelle Risiken entlang unserer Wertschöpfungskette frühzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards sicherzustellen.
Was passiert, wenn ein Zulieferer die geforderten Standards nicht einhält?
Bei schwerwiegenden Verstößen steht am Ende der Ausschluss aus der Lieferantenliste. Dies ist aber noch niemals geschehen und auch nicht nötig gewesen. Zielsetzung unserer Bemühungen im Supply Chain Management ist die Schaffung einer effektiven und konstruktiven Beziehung mit unseren Lieferanten.
Die Informations- und Kommunikationstechnologien verursachen einen hohen Stromverbrauch. Die Deutsche Telekom ist in Deutschland einer der großen Energieverbraucher. Wie stellt sich der Konzern dieser Verantwortung?
Die Deutsche Telekom hat beschlossen, bis zum Jahre 2010 alle CO2-Emissionen in Deutschland aus dem Stromverbrauch mit Hilfe des RECS (Renewable Energy Certificate System) - einem freiwilligen Handelssystem für Zertifkate, die für zusätzliche Erneuerbare Energien vergeben werden - zu kompensieren.
Die Telekommunikation ist eine der Branchen mit dem am schnellsten wachsenden Stromverbrauch. Haben Sie eine Gegenstrategie?
Das Thema ist nicht der Stromverbrauch an sich. Wesentlich ist, dass es uns gelungen ist, den Stromverbrauch von den CO2-Emissionen zu entkoppeln. Darüber hinaus hat die Deutsche Telekom das erste klimaneutrale Telefon an den Markt gebracht.
Die Telekom hat auch eine der größten Fahrzeugflotten. Wann wird diese unter dem von der EU für 2012 angepeilten Wert von 120 g CO2 pro Kilometer bleiben?
Die Deutsche Telekom ist ernsthaft beschäftigt mit der Reduktion der CO2-Emissionen ihrer Flotte. So werden z.B. die umweltfreundlichsten Fahrzeuge jeder Klasse beschafft, und die Deutsche Telekom betreibt die größte Erdgasflotte Deutschlands. Mit Hilfe von Routenoptimierungen werden außerdem Fahrstrecken verkürzt, und Schulungen von Fahrern helfen, den Treibstoffverbrauch zu reduzieren. Eine Angabe über den Zeitpunkt für die Erreichung des Emissionswertes von 120 g CO2 pro km kann noch nicht gemacht werden. Es hängt sehr von den Entwicklungen in der Fahrzeug-industrie ab. Wir müssen unsere Fahrzeuge nach den Bedürfnissen der Serviceeinheiten beschaffen, damit wir unseren Kunden einen guten Service anbieten können.
Interview: Christoph Bals und Cornelia Heydenreich