Wir brauchen ein Recht auf Reparatur

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Wir brauchen ein Recht auf Reparatur

Noch ist „Obsoleszenz“ – natürliche oder künstliche Produktalterung – ein wichtiger Faktor für unsere Wirtschaft. Je schneller wir alte durch neue Produkte ersetzen, umso schneller wächst die Wirtschaft. Kein Wunder also, dass eine starke Industrielobby es geschafft hat, das Reparieren so unattraktiv zu machen. Selbst für diejenigen unter uns, die bei diesem Wegwerf-Wahnsinn nicht mitmachen wollen, ist es schwer geworden, langlebige Produkte zu finden oder den Wunsch nach Reparatur zu realisieren.

Ist das Produkt noch in der Gewährleistung, ist es für die Hersteller sehr oft billiger, ein defektes Produkt gegen ein Neues auszutauschen. Als KonsumentInnen haben wir nicht die Wahl. Ist das Produkt aus der Gewährleistung heraus oder bevorzugen wir freie Werkstätten, dann ist die Reparatur oft unnötig langwierig und teuer. Weil die Hersteller es so steuern, dass sie den größten Nutzen daraus ziehen – über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und deren Preise oder mit Produkten, die nicht repariert werden können. Aber wir alle wissen: Die Wegwerfgesellschaft stößt an ihre ökologischen (und sozialen) Grenzen.

Dass viele Menschen nicht mehr Teil dieser Verschwendungsmaschinerie sein wollen, dafür spricht die stetig wachsende „Repair-Bewegung“. In Repair-Cafés kommen europaweit immer mehr Menschen zusammen, um das, was ihnen lieb und teuer ist, instand zu setzen oder zu halten.

In Deutschland macht sich seit Ende 2015 der Runde Tisch Reparatur für das Recht auf Reparatur stark. Umweltverbände, Reparaturwerkstätten, VerbraucherschützerInnen und WissenschaftlerInnen fordern von der Politik eine Kehrtwende.

Hersteller in die Pflicht nehmen

Hersteller sollen dazu verpflichtet werden, Ersatzteile, Informationen und Werkzeuge allen zur Verfügung zu stellen, die reparieren wollen und können. Und zwar zu fairen, reparaturförderlichen Preisen oder sogar umsonst.

Wer ein Produkt kauft, soll vor dem Kauf Informationen darüber erhalten, wie lange das Produkt genutzt werden kann und über welchen Zeitraum der Hersteller Ersatzteile, Informationen oder auch Software-Updates zur Verfügung stellt.

Mit diesen Forderungen steht der Runde Tisch nicht alleine da: In Frankreich oder Finnland gehen die Parlamente erste Schritte in die richtige Richtung. In den USA steht in sieben Bundesstaaten der „Fair Repair Act“ auf der Tagesordnung der Parlamente. Er verpflichtet Hersteller, Ersatzteile und alle notwendigen Informationen für alle bereitzustellen, die reparieren wollen. Höchste Zeit also, dass auch wir BürgerInnen in Deutschland und Europa für unser Recht auf Reparatur kämpfen.
 

Christine Ax
Wissenschaftlerin, Autorin und Mitinitiatorin Runder Tisch Reparatur

Weitere Infos:
www.runder-tisch-reparatur.de

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