Geldanlage als Abstimmung über Zukunftsfähigkeit
Geldanlage als Abstimmung über Zukunftsfähigkeit
Die sozial und ökologisch nachhaltige Geldanlage entwächst ihren Kinderschuhen. Immer mehr Menschen drängen bei der Geldanlage nicht nur auf Rentabilität und Sicherheit sondern auch auf die Einhaltung ökologischer und sozialer Kriterien. Der Vietnam-Krieg gab vor 35 Jahren den Anstoß für eine Welle des ethischen Investments. Menschen, die tagsüber gegen den Krieg demonstrierten, ärgerten sich darüber, dass ihr auf der Bank oder in Aktien angelegtes Geld Tag und Nacht die Rüstungskonzerne mitfinanzierte. Eine Generation von ethischen Geldanlage- Produkten war geboren, die bestimmte Ausschluss-Kriterien - zunächst vor allem Rüstung - bei der Geldanlage berücksichtigte.
In Deutschland verstärkte sich das Nachdenken über ökologisches und soziales Investment mit dem Erstarken der Umwelt- und Friedensbewegung in den 70er Jahren. Rüstung, Atomkraft, später Gentechnik, aber auch soziale, Nord-Süd- und Frauenthemen spielten eine zunehmende Rolle. Neben Fonds, die sich an Ausschlusskriterien orientierten, entstanden solche, die Positivkriterien benutzen oder auf bestimmte innovative Technologien - etwa erneuerbare Energieträger - setzten. Auch verschiedene Kombinationen von Ausschluss- und Positivkriterien werden - etwa vom Natur- Aktien-Index (NAI) - verwandt, ohne dass sich Einbußen an der Rentabilität ergeben müssen.
Angeregt durch die Rio-Debatte über das Zusammenspiel von sozialer, ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit in den 90er Jahren, wagen sich auch zunehmend konventionelle Anbieter an neue Produkte heran. Sie schließen keine oder nur sehr wenige Branchen aus, betrachten nur Unternehmen, die als ökonomisch ertragsreich eingestuft werden, treffen dann aber eine Auswahl, wer nach ökologischen und sozialen Kriterien die besten Unternehmen sind. Mit der Etablierung des Dow Jones Sustainability World Indexes gewann dieser "Best-in- Class"-Ansatz weltweit an Bedeutung. Problematisch aus ethischer Sicht erscheint dabei, dass selbst Unternehmen, die einen sehr hohen Anteil an Risiko-Technologien produzieren - etwa die RWE mit ihrem Engagement bei Kernkraft und klimaschädigender Kohle - in solchen Indices auftauchen. Auf der anderen Seite ist es erstaunlich zu sehen, wie sehr sich Unternehmen bezüglich ihrer sozialen und ökologischen Politik bemühen, um in solchen Indices besser gewertet zu werden. Einer der Gründe von ABB, ihr Engagement beim Drei- Schluchten-Staudamm zu beenden, war die Sorge um schlechte Ratings bei "Best-in-Class"-Ansätzen.
Ein weiterer Ansatz hat sich in den letzten Jahren vor allem in einigen angelsächsischen Ländern durchgesetzt - der so genannte Engagementansatz. Hierbei wird in genau die Aktien investiert, in die man nach ganz konventionellen Kriterien investieren würde. Die entsprechenden Fonds legen ihre Kriterien nicht bei der Geldanlage, sondern bezüglich der Einflussnahme auf das Unternehmensmanagement an. Die Fonds, die sich dem Engagement-Ansatz verschreiben, drängen bei der Unternehmensführung und oft auch beim Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung nicht auf kurzfristigen Shareholder-Value sondern auf die Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien. Gerade gegenüber den "Schmuddelkindern" kann so neben dem öffentlichen Druck durch Nichtregierungsorganisationen und Presse auch ein Druck der Shareholder aufgebaut werden.
Alle vier Ansätze der nachhaltigen Geldanlage haben ihren Sinn. Das Zusammenspiel von ihnen ermöglicht, sofern die VerbraucherInnen ihr Geld dementsprechend anlegen, einen konstruktiven Einfluss auf den sozialen und ökologischen Trend der Unternehmenspolitik. GERMANWATCH drängt massiv darauf, dass bei den Produkten der Riester-Rente (und hoffentlich demnächst generell von Fonds und Versicherungen) darüber berichtet werden muss, ob und in welcher Weise sie ökologische, soziale und ethische Kriterien bei der Geldanlage berücksichtigen. Diese Transparenz brauchen VerbraucherInnen, damit der Geldschein zum Stimmzettel für mehr Zukunftsfähigkeit werden kann.
Christoph Bals