Rio und das liebe Geld

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Rio und das liebe Geld

 

Geld regiert die Welt" - schimpfen die einen. "Geld stinkt nicht" - sagen die anderen. So oder so bestimmt Geld irgendwie unser Leben und ohne können wir nicht.

Es liegt aber ganz sicher nicht an der Menge des absolut vorhandenen Geldes, ob bestimmte Fehlentwicklungen und z.B. Armut in der Welt existieren. Es ist eine politische oder ökonomische Entscheidung, wohin das Geld fließt. Aber es ist gerade auch eine Individualentscheidung, wie die angelegten Mittel verwendet werden.

Die Nachhaltigkeitsdebatte darf nicht den "harten" Finanzsektor außen vor lassen.

Dass vor dem Bilanzgipfel von Rio in Johannesburg im September '02 ein so schlechtes Ergebnis der Umsetzung der Beschlüsse von Rio 1992 vorgelegt werden kann, liegt u.U. daran, dass genau dieser integrative Ansatz nicht gelungen ist. Es darf nicht vergessen werden, dass die AGENDA 21 von 1992 fordert, den Wirtschafts- und Finanzsektor in die Aktionspläne für das 21. Jahrhundert aufzunehmen. Die Gelegenheit ist günstig: Die globalen Finanz- und Kapitalströme sind in der Diskussion. Die Demokratisierung der internationalen Finanzmärkte wird heute mit wachsender Resonanz gefordert (ATTAC-Bewegung). Die Notwendigkeit von mehr Stabilität, Transparenz und Regulation stößt gerade auch bei der Schuldendebatte auf breiten Konsens. Es wird immer häufiger gefordert, die internationale Spekulation, z.B. durch die Einführung einer modifizierten TOBIN-Tax, einzudämmen.

Multilaterale Lösungen im Finanzbereich sind nötig

Die UNEP (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) hat früh erkannt, diesen Sektor ausdrücklich zu adressieren (UNEP-Erklärungen der Finanzdienstleister von 1992 bzw. der Versicherer von 1996). UN-Generalsekretär Kofi Annan hat mit dem "Global Compact" versucht, den Dialog mit und zwischen Unternehmen zu verstärken. Die große UN-Vorkonferenz zu Johannesburg "Financing for Development" wird der Lackmus-Test sein, ob Johannesburg als Gemeinschaftsanstrengung von Industriestaaten und Entwicklungsländern ernst genommen wird. Wenn der Norden nicht mehr Geld auf den Tisch legt oder innovative Finanzierungswege beschließt, ist der gesamte Rio-Prozess gefährdet.

Die Macht der VerbraucherInnen ist gerade im Finanzbereich zu stärken

Der Markt des ethisch-ökologischen Investments wächst und kommt aus seiner Nische heraus. Dies liegt an der wachsende Nachfrage. Die Angebotspalette wird immer breiter und die Rendite, je nach Produktwahl, mindestens marktüblich. Der so genannte "Dow Jones Sustainability World Index" ist ein Symbol dafür, wie der Nachhaltigkeitsansatz ganz neue Zielgruppen erreicht und durch seinen "Best-in-Class"-Ansatz große Unternehmen in den Diskurs einbezieht. Nicht nur Aktien werden in Nachhaltigkeitsbetrachtungen einbezogen sondern zunehmend auch Rentenpapiere.

Geänderte Shareholder-Globalisierungsdebatte bei Unternehmen

Der reine Shareholder-Ansatz weicht mehr und mehr einer Stakeholder-Betrachtung. Die Kurzfristigkeit wird durch eine mittelfristig oder sogar langfristig angelegte Strategie ersetzt, bei der nicht nur die Interessen der Kapitaleigner (Shareholder) sondern auch die der Beschäftigten, der Umwelt und der Volkswirtschaft berücksichtigt werden (Stakeholder). Der 11.9. macht deutlich, dass die globale Risikogesellschaft nur durch weitsichtige und nachhaltige Vorgehensweisen sinnvoll gestaltet werden kann. Unternehmen sehen sich mehr und mehr unter einem Brennglas. Transparenz ist das Gebot der Stunde. Kein großes Unternehmen kann es sich leisten, ethisches, soziales und ökologisches Fehlverhalten an den Tag zu legen ohne in der öffentlichen Kritik zu stehen. Durch die globale Vernetzung lässt sich an (fast) keinem Punkt der Welt etwas vertuschen. Tendenz zunehmend.

"Harte Themen" nötig, um Nachhaltigkeitsimpulse festzumachen

"Meine Rente - Unsere Zukunft"- unter diesem Titel veranstaltet GERMANWATCH am 22. November zusammen mit dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW einen Kongress. Dabei steht die so genannte Nachhaltigkeits-Berichtspflicht (die von GERMANWATCH und der Stiftung Zukunftsfähigkeit erstritten wurde) im Mittelpunkt. Danach muss im Rahmen der privaten und auch der betrieblichen Altersvorsorge jährlich darüber berichtet werden, ob und wie ethische, soziale und ökologische Belange bei der Mittelverwendung der eingezahlten Beiträge berücksichtigt werden. Dies ist ein Hebel für eine neue Diskussion in der Bevölkerung. Denn kaum jemand möchte seinen Lebensabend durch Regenwaldzerstörung, Kinderarbeit oder Folter finanziert wissen.

Den Geld- und Kapitalbereich in den Nachhaltigkeitsdiskurs einbeziehen

Was ist in den Finanzprodukten drin? Der Phantasie sind keinerlei Grenzen gesetzt. Was geschieht mit den Vermögen der vielen tausend Stiftungen in unserem Lande ? Was tun die Kirchengemeinden mit ihren Geldern? Was passiert mit den angelegten Pensionsgeldern für die Beamten in unserem Lande? Wie können Nachhaltigkeitsentwicklungen steuerlich gefördert werden? Welche innovativen Formen des Engagements für Nachhaltigkeit im Finanzsektor müssen genutzt werden? Wo können neue Formen entwickelt werden? Der kreativen Initiativen und Vorschläge kann es noch viele geben.

Klaus Milke
 

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