Anruf aus Mexiko

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Anruf aus Mexiko

 

Im März 2002 klingelte bei FIAN (FoodFirst Informations- & Aktions- Netzwerk) und Germanwatch das Telefon: Arbeiter von Euzkadi de Méxiko, einer Tochterfirma des deutschen Reifenherstellers Continental AG, meldeten die ungerechtfertigte Schließung ihres Werkes nahe Guadalajara. Nach Unstimmigkeiten zwischen der unabhängigen Gewerkschaft SNRTE und der Konzernführung hatte der Reifenhersteller beschlossen, die Produktion ohne wirtschaftliche Not in ein weniger "renitentes" mexikanisches Werk umzusiedeln. Der Werkschließung in Guadalajara gingen Drohungen und Einschüchterungsversuche gegenüber SNRTE-Mitgliedern voraus.

Ein Vorfall, wie ihn Arbeiter/-innen aus Ländern des Südens ungezählte Male erlebt haben. Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen ermöglichen es nun, Beschwerden bei der Regierung des Landes, in dem der Verstoß gegen die Leitsätze stattgefunden hat oder - falls es keine nationale Kontaktstelle gibt - bei der Regierung des Landes, aus dem der entsprechende Konzern stammt, vorzubringen.

Meist - wie auch in Deutschland und Mexiko der Fall - sitzen die Nationalen Kontaktstellen (NCP) im jeweiligen Wirtschaftsministerium. Dies könnte eine Schwachstelle der OECD-Leitsätze sein: Es liegt auf der Hand, dass in den - eher wirtschaftsnahen - Behörden Interessenkonflikte auftreten. Deshalb kümmern sich internationale Nichtregierungsorganisationen ebenfalls um die Durchsetzung der Leitsätze. In Deutschland liegt die Koordinierung bei Germanwatch. Cornelia Heydenreich, Referentin für "KodexWatch" bei Germanwatch, erläutert ihren Einsatz im Fall Continental: "Jesús Torres Nuno, Enrique Gómez und Oscar Rubio von der SNRTE sind im vergangenen Mai zu uns nach Deutschland gekommen. Wir haben ihnen geholfen, die Beschwerde für die Nationale Kontaktstelle zu formulieren. Gemeinsam mit FIAN haben wir sie zu Treffen im Wirtschaftsministerium, mit dem Continental-Aufsichtsrat, mit deutschen Gewerkschaftlern sowie zu einem Auftritt bei der Jahresversammlung der Aktionäre von Continental AG begleitet."

KodexWatch brachte den Fall auch in die Presse. Nachdem die mexikanische NCP den Fall zu verschleppen schien, nutzte Germanwatch den Deutschlandbesuch des mexikanischen Präsidenten Vicente Fox, um ihn zu treffen und persönlich auf die Regelverstöße von Euzkadi und das Nicht-Agieren der NCP aufmerksam zu machen.

Zwar ist der Continental-Fall bis heute nicht abgeschlossen, doch hat sich KodexWatch in seinem ersten "Ernstfall" bewährt: Der sanfte Druck der beteiligten Nichtregierungsorganisationen auf die NCPs erleichterte die Beschwerdeführung. Trotzdem dauern die Prozesse bisher noch zu lange.

Heydenreich: "Der Mechanismus funktioniert noch nicht so gut, wie er könnte. Ziel des Germanwatch-Projektes ´KodexWatch` ist es daher, die OECD-Leitsätze stärker bekannt zu machen und zu nutzen. Insbesondere durch den Beschwerdemechanismus sind sie ein wichtiges Instrument für eine positive Globalisierung. Mit einer konsequenten Anwendung der Leitsätze können die Bedingungen vor Ort in bestimmten Beschwerdefällen verbessert und das Verhalten von multinationalen Konzernen verantwortlich gestaltet werden."

Heike Ifland
 

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