Vertane Chance

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Vertane Chance

Kommentar zur Ein-Euro-Flugticketabgabe

 

Mit dem Beschluss der EU-Finanzminister vom Mai ist endlich das Tabu gebrochen, wonach der Flugverkehr immun gegen jede Art von Umweltabgaben ist. Mögen die Fluggesellschaften auch noch so sehr über den "Passagier als Melkkuh", und die "Bedienungsmentalität" der Minister wettern: Klar ist, dass Krankheiten wie Dengue-Fieber und Malaria sich in Entwicklungsländern durch die Klimaerwärmung schneller verbreiten. Und dazu trägt auch der Flugverkehr bei.

Schwer wiegt allerdings, dass die Flugticket-Abgabe als freiwillige geplant ist. Schon jetzt haben viele EU-Länder klar gemacht, dass sie die Abgabe nicht einführen wollen. Müßig, zu diskutieren, ob nun ein oder zwei Euro pro Ticket für Impfprogramme in Entwicklungsländern zu viel oder zu wenig sind: Es ist ein erster zaghafter Schritt, für die Entwicklungsländer gut, für den Klimaschutz zu wenig.

Die Schattenseite ist, dass mit dem ersten Schritt der eigentliche Durchbruch vertan scheint. Denn die Kerosinsteuer oder eine vergleichbare Abgabe, die ein echtes Mittel gegen den klimaschädigenden Flugverkehr wäre, wurde mit demselben Beschluss politisch begraben. Auch wenn die Industrie jetzt laut poltert - insgeheim wird sie sich freuen, der Kerosinsteuer so billig entronnen zu sein. Und das Klimaproblem Flugverkehr bleibt.

Was ist schief gelaufen? Der Schulterschluss von Deutschland und Frankreich in der Forderung nach der Kerosinsteuer war einmalig. Und er hat Wirkung gezeigt - leider nicht so, wie erhofft. Warum war der deutsche Umweltminister hier trotz Koalitionsvereinbarung so lange untätig? Warum hat er nicht schon vor zwei Jahren die Kerosinsteuer technisch als emissionsregulierende CO2-Abgabe betrieben und sich neben Frankreich noch weitere strategische Partner in der EU gesucht? Dann hätte jetzt der Druck der leeren Taschen der Finanzminister genutzt und die Abgabe hätte per Mehrheitsentscheidung gegen die Blockiererstaaten durchgesetzt werden können. Wo aber nichts vorbereitet ist, passiert genau das, was jetzt geschehen ist: Ein Schnell-Schnell-Beschluss mit wenig Wirkung, der einen wirklichen Fortschritt erstmal verhindert.

Dr. Dietrich Brockhagen