Klimawandel erschwert Erreichen der Millenniumziele

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Klimawandel erschwert Erreichen der Millenniumziele

Interview mit Prof. Klaus Töpfer, Direktor des Umweltprogramms der vereinten Nationen (UNEP)

Klaus Töpfer

Das UN-Umweltprogramm sitzt in Kenia. Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf die Lebensbedingungen in Entwicklungsländern? 

Die Ärmsten der Armen leiden am meisten unter dem Klimawandel. Es ist eine Tatsache, dass diejenigen, die am meisten von den Auswirkungen betroffen sind, am wenigsten zu den Ursachen beigetragen haben. Die hochentwickelten Länder "exportieren" sozusagen ihre Umweltauswirkungen und verschlechtern damit massiv die Lebensbedingungen in den Entwicklungsländern. 

Die internationale Staatengemeinschaft will mit den sogenannten Millenniumszielen die Anzahl der Armen weltweit bis 2015 halbieren. Kann dies ohne ernsthaften Klimaschutz gelingen? 

Der Klimawandel erschwert die Realisierung der "Millennium Development Goals" erheblich, wenn er sie nicht gar in Teilen unmöglich macht. Es ist deswegen zu begrüßen, dass Premier Blair als Schwerpunkt seiner Präsidentschaft in der G8 zwei Schwerpunktthemen gewählt hat: Afrika und der Klimawandel. Diese Prioritäten haben enge Querverbindungen und machen die Relevanz des Klimawandels für den Frieden auf dieser Welt sehr deutlich. 

Welche Rolle könnte der Finanzsektor und die Versicherungen bei der Bekämpfung des Klimawandels spielen? 

Wir sind in UNEP bemüht, den Finanzsektor und die Versicherung in eine Klimastrategie einzubinden und sind dabei zunehmend erfolgreicher. Klimawandel und die damit verbundenen vermehrten Naturkatastrophen sind für Versicherungen ein großes unternehmerisches Risiko. Im Finanzsektor wollen wir das Investitionsverhalten der Pensionsfonds und der institutionellen Anleger sensibilisieren im Hinblick auf Risiken durch den Klimawandel. Deshalb haben wir im Mai in New York gemeinsam mit anderen Partnern den "Investment Summit" durchgeführt. 

Wie schätzen Sie die wissenschaftlichen Kenntnisse über Ausmaße und Folgen des Klimawandels ein? 

Die wissenschaftlichen Kenntnisse sind außerordentlich gut ausgearbeitet und sehr solide fundiert. Unsere Arbeit basiert in diesem Zusammenhang auf den Ergebnissen des "Intergovernmental Panel on Climate Change" (IPCC). Das IPCC ist eine beispielhafte internationale Institution, gegründet von UNEP und der "World Meteorological Organization", zur Integration aller wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Erkenntnisse von hochrangigen Wissenschaftlern aus der ganzen Welt. 

Welche Erwartungen knüpfen Sie an das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls vom Februar 2005? 

Es ist großartig, dass das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten ist. Die Ratifizierung durch Russland hat dies - wenngleich sehr spät - möglich gemacht. Mit dem Kyoto-Protokoll haben wir nicht nur für die daran gebundenen Vertragsstaaten konkrete Ziele zur Verminderung von Klimagasen vorgegeben, sondern auch neue, kreative Maßnahmen geschaffen. Dies wird dazu beitragen, dass Minderungen auch über die Zielsetzungen des Protokolls hinaus möglich werden. 

Können Sie uns drei Handlungsmöglichkeiten nennen, mit denen unsere LeserInnen zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen können? 

Klimawandel ist verbunden mit der Verbrennung von fossilen Energieträgern - also mit Kohle, Mineralölen und Gas. Alles, was dazu beiträgt, diese Energieträger weniger zu nutzen, ist ein Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel. Das betrifft unsere Wohnungen und deren Isolierungen oder die Nutzung von Elektrogeräten. Allein die Vermeidung von Standby-Schaltungen ist ein kleiner, aber wichtiger Beitrag! Ein weiteres Beispiel ist die Anschaffung eines Autos mit geringem Kraftstoffverbrauch und die Vermeidung von unnötigen Fahrten. 

Das Interview führte Sven Anemüller

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