EU muss Verantwortung gerecht werden!
EU muss Verantwortung gerecht werden!
Auf dem Frühjahrsgipfel 2007 beschloss die EU den Einstieg in ernsthaften Klimaschutz. Nach heftigem Widerstand von Ländern wie Polen und Italien hat sich der Gesetzgebungsprozess verzögert, doch bis zum 12. Dezember 2008 soll das Energie- und Klimaschutzpaket unter Dach und Fach gebracht werden. Wenn das nicht gelingt, wird der Klimagipfel in Posen zur peinlichen Entzauberung der EU-Klimapolitik. Durch das Paket sollen Klimaschutzziele für die EU-Staaten und die wichtigsten Sektoren sowie Instrumente zur Umsetzung beschlossen werden.
Rat und Parlament müssen dem finalen Entwurf der Rechtsakte zustimmen. Gelingt es nicht, das Paket vor der Europawahl im Juni 2009 durchzusetzen, müsste der gesamte Gesetzgebungsprozess wiederholt werden - und die EU könnte noch nicht einmal beim Klimagipfel in Kopenhagen Ende 2009 zeigen, dass sie ernst macht mit dem Klimaschutz. Das vermeintliche Zugpferd EU würde zum Bremsklotz für die internationale Klimapolitik.
Ein wesentlicher Charme des Vorschlags der EU-Kommission besteht in der Formulierung eines doppelten Ziels: So würde sich die EU mit dem Paket ohne Wenn und Aber zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 verpflichten. Wenn es zu einem ernsthaften internationalen Abkommen käme, würde sie die Emissionen automatisch um 30 Prozent verringern. Dieser Automatismus ist allerdings von Seiten einiger Mitgliedsstaaten unter Beschuss. Wenn dies kippt, startet auch die EU ohne Bereitschaft zum notwendigen Handeln für das Begrenzen der Erwärmung unter zwei Grad in die Verhandlungen.
Damit die EU ihre Reduktionsziele erreichen kann, muss sie ein effizientes CO2-Handelssystem entwickeln. Zentral für die Lenkungswirkung ist, dass die Emissionszertifikate nicht kostenlos zugeteilt, sondern an Energiewirtschaft und Industrie versteigert werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Stromkonzerne sonst den höheren Strompreis an die Kunden weitergeben, obwohl sie nichts dafür bezahlt haben - eine Riesen-subvention für die größten CO2-Emittenten.
Die Auktionierung ist gleichzeitig ein entscheidendes Instrument, um Gelder zu generieren, die dringend für den Klimaschutz innerhalb der EU sowie international gebraucht werden. Nach Schätzung der EU-Kommission könnten sich diese Einnahmen bis 2020 auf jährlich 50 Mrd. Euro belaufen, eine Summe, die die jetzt notwendige große Transformation zu einem emissionsarmen Wohlstandsmodell massiv anstoßen kann. Die Entwicklungsländer, die von den negativen Folgen des Klimawandels am stärksten betroffen sind, müssen von den Verursacherstaaten unterstützt werden. Waldschutz und Technologiekooperation mit den Schwellenländern müssen finanziert werden. Das EU-Parlament und die EU-Kommission haben vorgeschlagen, dass auf jeden Fall ein Teil der durch die Auktionierung erzielten Gelder international verwendet wird, doch die EU-Mitgliedsstaaten, auch Deutschland, torpedieren diesen Vorschlag. Wenn allerdings die Versteigerungserlöse nicht zumindest teilweise zweckgebunden verwendet werden, geht die EU-Kommission mit zugenähten Taschen in die entscheidenden Verhandlungen in Kopenhagen. Die Frage "Zweckbindung oder nicht" bedeutet daher auch "ein ambitioniertes Kopenhagen-Abkommen oder nicht"!
Jan Burck und Hannah Vermaßen