Die Klima-Chancen der Finanzmarktkrise nutzen

Weitblick Artikel

Die Klima-Chancen der Finanzmarktkrise nutzen

Al Gores Fünf-Punkte-Plan bereichert auch die europäische Debatte

 

Vieles spricht dafür, die internationale Finanzkrise gemeinsam mit der Energie-, Klima- und Welternährungskrise anzupacken. Wer eine Finanzkrise, die durch überzogene und ungesicherte Verschuldung verursacht wurde, durch ein weiteres Ausdehnen der ökologischen Schulden in den Griff kriegen will, wird keine zukunftsfähigen Lösungen hervorbringen. Nötig sind umfassende Konzepte, ein "Green New Deal" oder eine neue "Große Transformation". Der Übergang wird Brüche erzeugen, aber die Risiken eines "Weiter so" sind weit größer.

Al Gore fasst für die USA die notwendigen Schritte zu einem Fünf-Punkte-Plan zusammen, um die US-Energieversorgung neu aufzustellen und dabei der Finanzkrise massiv zu begegnen. Der Plan bereichert auch die europäische Debatte. Erstens: Es sollen umfangreiche Investitionen in Erneuerbare Energien getätigt werden. Zweitens: Ein SuperSmartGrid, d.h. ein Netz verlustarmer Gleichstrom-Hochspannungserdleitungen von den dezentralen Quellen Erneuerbarer Energie zu den Verbrauchern, soll aufgebaut werden. Innerhalb von zehn Jahren soll die US-Wende hin zu Erneuerbaren Energien vollzogen sein. Drittens: Hilfen für den Umbau der Automobilindustrie, insbesondere für die kleinen innovativen Autohersteller, sollen die Produktpaletten hin zu kleinen, sparsamen PKW und vor allem Elektroautos, die erneuerbaren Strom speichern und abgeben können, verändern. Viertens: Ein umfassender Plan soll die 40 Prozent der amerikanischen Emissionen, die dem Gebäudebestand entstammen, durch Isolierung, neue Fenster und innovative Heizungen drastisch reduzieren. Dies soll vor allem denen helfen, deren Häuser zurzeit weniger Wert sind als die Schulden, die auf ihnen lasten. Fünftens: CO2 soll auch in den USA einen Preis bekommen. Der Aufbau eines nationalen Emissionshandels soll verbunden werden mit uneingeschränkten Anstrengungen beim Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009, ein wesentlich weitergehendes und wirkungsvolleres Abkommen zu erreichen, als es das Kyoto-Protokoll in seiner bisherigen Form war.

Es ist erfreulich, dass der Plan positiv vom Transformationsteam Obamas kommentiert wurde und frischer Wind aus den USA kommt. Dies ist jetzt besonders wichtig, da die EU taumelt und unsicher ist, ob sie die versprochene Führungsrolle tatsächlich in Form des Energie- und Klimapakets umsetzen will. Deutschland hat sich einstweilen aus dem Führerstand der vermeintlichen Klimalokomotive EU verabschiedet, sowohl in Bezug auf CO2-Grenzwerte im PKW-Bereich als auch auf einen effektiven Emissionshandel.

Stefan Rostock