Grundlegendes Umsteuern ist erforderlich

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Grundlegendes Umsteuern ist erforderlich

Zivilgesellschaft drängt auf Kurskorrekturen

  
Im Juli richten sich viele Augen auf den G20-Gipfel in Hamburg. Er ist ein Kristallisationspunkt für die internationale Diplomatie in stürmischen Zeiten. Wird hier von der wachsenden Zahl autokratischer G20-Regierungen der Bau neuer Schutzmauern verabredet, oder aber der Bau von Windrädern, die den Sturm in konstruktive Energie verwandeln? In immer mehr G20-Staaten wird die Luft für eine lebendige Zivilgesellschaft dünn, damit wächst zugleich deren Bedeutung. Ihre Stimme ist essentiell angesichts der bedrohlichen Renaissance des Nationalismus – und um die richtigen Themen auf die Agenda der G20 zu setzen. 

Die Zivilgesellschaft ist die wichtigste Triebkraft gegen eine Verengung der G20-Agenda auf die Interessen mächtiger Nationalstaaten und Großkonzerne. Die Abschluss-Erklärung des „Civil 20“, des zivilgesellschaftlichen Begleitprozesses der G20, formuliert es deutlich: Die skandalöse Ungleichheit und die zunehmende ökologische und soziale Destabilisierung der Welt erfordern ein grundsätzliches Umsteuern des von der G20 dominierten, globalen Wirtschafts- und Finanzsystems. Diese Botschaft ist auch Kern des in Hamburg geplanten „Gipfels der Solidarität“ sowie der vielfältigen Proteste, Demonstrationen und Aktionen zivilen Ungehorsams während der Gipfeltage. Es ist gerade im aktuellen Kontext inakzeptabel, wenn Bürgerrechte und Möglichkeiten zum gewaltfreien Protest eingeschränkt werden.

Einbindung hat auch Symbolwirkung

Im Vorfeld des Gipfels hat sich die deutsche G20-Präsidentschaft um eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft in die Arbeitsprozesse der G20 bemüht. Es verging 2017 in Berlin kaum eine Woche, in der nicht ein Ministerium zu Austausch und Information über G20-Themen lud. Während weltweit der Druck auf die Zivilgesellschaft steigt und Kritik kriminalisiert wird, ist dieser Dialog mit der Zivilgesellschaft auch symbolisch wichtig.

Germanwatch hat breite Bündnisse gegen eine sozial und ökologisch ungezügelte Globalisierung sowie nationalistische Tendenzen mit vorangetrieben. So haben alle Begleitprozesse der G20, von Unternehmen (B20) über Gewerkschaften (L20) bis zur Jugend (Y20), in einer gemeinsamen Erklärung vor den Gefahren des Nationalismus und der autoritären Staatsführung gewarnt. In einer anderen, an der Germanwatch intensiv beteiligt war, werden die „G19“ aufgefordert, mit oder ohne Trump das Klimaabkommen von Paris konsequent umzusetzen.

Eine kritische Zivilgesellschaft ist zudem essentiell, um Ungerechtigkeiten und Fehlentwicklungen zu skandalisieren und Modelle für alternatives Wirtschaften sowie nachhaltige Entwicklung aufzuzeigen, aber gerade auch wegen ihrer Vielfalt und solidarischen Verbundenheit.

Die G20 kann vor allem gemeinsame Politiken ankündigen. Wenn dies gelingt, ist das angesichts des derzeitigen multilateralen Minenfeldes wertvoll. Damit dabei nicht nur leere Formeln herauskommen, sondern Politiken dann auch umgesetzt werden, sind zivilgesellschaftliche Forderungen und Kritik unerlässlich.
 

Tobias Pforte-von Randow & Christoph Bals

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