Energierevolution in China
Energierevolution in China
Smog in Peking – einer der Gründe, weshalb China die Kohlenutzung einschränkt.
China zahlt einen hohen Preis für sein hohes Wirtschaftswachstum der letzten Dekaden. Das Land ist in absoluten Zahlen inzwischen bei weitem der größte CO2-Emittent weltweit. Zugleich vernebeln in den meisten Großstädten gewaltige Smogwolken regelmäßig die Sicht und nehmen auch der neuen Mittelklasse die Luft zum Atmen.
Zugleich hat sich – gerade als Reaktion auf diese Probleme – in keinem anderen der großen Länder dieser Welt in den letzten Jahren so viel Positives in Bezug auf Klima und Kohle getan wie in China. Seit Jahren ist China mit Abstand der größte Investor in Erneuerbare Energien. So wurden alleine im Jahr 2013 zusätzlich 12 Gigawatt (GW) an Solarstrom installiert. Dem ambitionierten Ziel, die Windkraftkapazität bis 2015 auf 100 GW auszubauen, ist China mit 92 GW bereits sehr nahe. Im Jahr 2013 wurden 16 GW Windkraft in China installiert, was über der Hälfte der weltweit neu installierten Leistung entsprach.
Im März dieses Jahres drängte Premierminister Li Keqiang auf weitere Beschleunigung und erklärte den „Krieg gegen Luftverschmutzung“, und Präsident Xi drängte auf eine „Energierevolution“. Vor wenigen Wochen hat die nationale Entwicklungs- und Reformkommission ihr Ziel für den Ausbau des Solarstroms auf 100 GW und für Wind auf 200 GW im Jahr 2020 deutlich hochgeschraubt. Die politischen Entscheidungsträger in der EU könnten vor Neid erblassen angesichts solcher Wachstumszahlen.
Kohle verliert an Boden
Die überraschendste Entwicklung aber ist, dass die Absetzbewegung von der Kohle in China an Dynamik gewinnt. In den ersten drei Quartalen haben sowohl die Produktion als auch die Verbrennung von Kohle um ein Prozent gegenüber dem Vorjahr abgenommen. Und das, nachdem sich das Wachstum der Kohlenutzung bereits drei Jahre lang verringert hatte. Inzwischen hat schon fast ein Drittel der Provinzen Chinas Kohle-Begrenzungsziele bis 2017 beschlossen.
Derzeit wird – und das wäre eine Sensation – intensiv an einem umfassenden Fahrplan gearbeitet, um auch ein China-weites Kohlebegrenzungsziel zu verabschieden, wonach ein Höhepunkt der Kohlenutzung bis 2020 erreicht werden könnte. Bereits verabschiedet wurden gerade auch erstmals Klimaschutzziele für die Stahl- und Zementproduzenten, die ihre CO2-Emissionen bis 2020 auf das Niveau von 2015 reduzieren sollen.
Keine Frage: nicht alles ist Gold in der chinesischen Energie- und Klimapolitik. Der Energieverbrauch ist in den letzten Jahren schneller gewachsen als geplant. China baut nicht nur Erneuerbare Energien rasend schnell aus, sondern plant auch 100 neue Kernkraftwerke und investiert aus Angst vor knapp werdendem Öl in die höchst problematische Kohlevergasung. Aber auf der anderen Seite gibt es viele Fortschritte, von denen man vor fünf Jahren kaum zu träumen wagte – und eine deutlich größere Pro-Klimaschutz-Dynamik als gegenwärtig in der EU.
Lina Li, Greenovation Hub & Christoph Bals