Neue Regeln für das Land
Neue Regeln für das Land
Der Zugang zu Ressourcen, vor allem Land, ist für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in den Ländern des Südens lebenswichtig. Foto: Fred Dott
Weltweit nehmen die Investitionen in Land, Wälder und Fischerei-Ressourcen zu. Großflächige Transaktionen führen regelmäßig zu Konflikten über Eigentum und Nutzungsrechte, bei denen vorherige Nutzer oft benachteiligt werden („land grabbing“). Daher entstand im UN-Ausschuss für Welternährungssicherheit – angelehnt an die positiven Erfahrungen mit ähnlichen Leitlinien zum Recht auf Nahrung – die Initiative, freiwillige Leitlinien für die gute Regierungsführung zu formulieren. Vertreter von Staaten, Zivilgesellschaft und Wirtschaft verhandelten gemeinsam in einem dreijährigen Prozess die nun beschlossenen „Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern im Kontext nationaler Ernährungssicherheit“.
Das Dokument betont menschenrechtliche Standards und Rechtsstaatlichkeit und formuliert Mindeststandards für Behörden und Investoren. Es stellt klar, dass für die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung der Zugang zu Land, Wäldern und Fischereigründen zentral ist, und dass es ohne langfristige und umfassende Flächennutzungsplanung nicht gelingen kann, neue Investitionen für eine breitenwirksame ländliche Entwicklung zu nutzen.
Werden die Leitlinien angewendet, können sie ein wichtiger Schritt sein, um die Situation von Kleinbäuerinnen und -bauern in den Ländern des Südens entscheidend zu verbessern. Mit ihren Mindeststandards könnten die Rechte besonders armer und an den Rand gedrängter Bevölkerungsgruppen besser als bisher geschützt werden. Die Leitlinien sehen vor, dass ihnen der Zugang zu den Ressourcen, von denen ihr Einkommen und ihr Überleben abhängt, zu sichern ist bzw., sollte das Land anders genutzt werden, sie angemessen zu entschädigen sind. Die neuen Leitlinien führen darüber hinaus aus, wie die Beteiligung aller Betroffenen sichergestellt und wie traditionelle sowie informelle Nutzungsrechte wahrgenommen und abgesichert werden können. Außerdem erläutern sie, wie die Interessen indigener Völker zu berücksichtigen sind. Die Korruptionsbekämpfung hat dabei einen hohen Stellenwert.
Die Stärke eines solchen freiwilligen völkerrechtlichen Dokumentes liegt darin, dass es universell anerkannte Standards einer menschenrechtlich verantwortlichen Landpolitik beschreibt, da sie von allen Mitgliedern des Welternährungsausschusses einstimmig angenommen wurden. Durchsetzen lassen sich solche Standards dadurch, dass die Zivilgesellschaft sie einfordert, dass verantwortliche Mitarbeitende von Regierungen sie zur Orientierung nutzen und dass Unternehmen, die in Land investieren, sich an die beschriebenen Verfahren und Absicherungen für besonders benachteiligte Gruppen halten. Die Freiwilligkeit des Instruments machte es möglich, schnell auf ein drängendes weltweites Problem zu reagieren. Auch ohne formell bindende Wirkung tragen die Leitlinien zur Standardentwicklung im Völkerrecht bei.
Dass sie im Konsens beschlossen wurden, ist wichtig. Abweichungen von ihnen lassen sich künftig nur schwer rechtfertigen. Investoren wie Regierungen haben nun Maßstäbe für ihr Verhalten bekommen. Auch zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bauernorganisationen erleichtern sie die Argumentation und ein Monitoring von Regierungspolitik.
Positiv hervorzuheben ist, dass Deutschland durch das Landwirtschafts- und Entwicklungsministerium die Ausarbeitung dieser Leitlinien maßgeblich unterstützt hat. Die deutsche Entwicklungspolitik ist ihrerseits nun aufgerufen, diese Leitlinien zum Maßstab ihres Handelns bei der Beratung und Unterstützung von Partnerländern zu machen. Private Investoren sollten die Leitlinien ebenfalls als Mindeststandard nutzen, um ihrer menschenrechtlichen Verantwortung gerecht zu werden.
Michael Windfuhr, Stellv. Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte und Vorstandsmitglied von Germanwatch