Auf der Suche nach dem richtigen Mix
Auf der Suche nach dem richtigen Mix
Nach Jahren der Diskussion über die Chancen und Grenzen von freiwilligen Selbstverpflichtungen und über die Gefahren und Perspektiven von gesetzlichen Rahmenordnungen scheint mit dem Ansatz eines intelligenten Mixes aus freiwilligen und verbindlichen Maßnahmen ein Meilenstein erreicht: der Konsens darüber, dass es kein „Entweder – Oder“ geben kann.
Diese Einsicht ist die Voraussetzung dafür, den Blick auf die branchenspezifischen Anwendungsmöglichkeiten, also auf das „Wie“ zu lenken. So wirft das in Kürze erscheinende „era-paper“, eine ethische Risikoanalyse der Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik, einen kritischen Blick auf die Regelwerke der Elektrorecyclingbranche. Denn anders als die meisten anderen Branchen ist diese durch detaillierte gesetzliche Vorgaben gekennzeichnet, deren Effektivität in Hinblick auf die Vermeidung sozialethischer und ökologischer Risiken ernüchternd ist.
Wir sind trotz der Vielzahl von sowohl selbstverpflichtenden als auch rechtlich bindenden Regelsystemen mit den indirekten Folgen unseres technikaffinen Lebensstils konfrontiert: irgendwo in Afrika oder Asien nehmen ArbeiterInnen auf brennenden Müllbergen ohne Schutzkleider die giftigen Elektroaltgeräte auseinander, die dort größtenteils eigentlich gar nicht ankommen dürften.
Die Gründe für diese Diskrepanz zwischen einer ausdifferenzierten, verpflichtenden Regelungsstruktur und ihrer Effektivität in der Praxis liegen in erheblichen Schwachstellen im Kontroll- und Sanktionsapparat und gehen weit über die viel kritisierte geringe Ressourcen- und Personalausstattung bei Polizei, Zoll und Behörden hinaus.
Ein noch größerer Einfluss ist den falschen Anreizsystemen zuzuschreiben, die es für viele Händler ökonomisch attraktiv machen, neben der legalen Ausfuhr von gebrauchten Elektrogeräten auch Elektroschrott illegal zu exportieren. Und die Kombination aus einer Vielzahl von Akteuren, einer schwierigen Abgrenzung von gebrauchten und zu verschrottenden Geräten sowie der Komplexität der gesetzlichen Rahmenordnung führt zu einem selbst für Experten nur schwer zu durchschauenden System.
Offensichtlich garantiert auch in der EU allein eine hohe gesetzliche Regelungsdichte nicht automatisch deren Wirksamkeit. Vielmehr, und das gilt branchenübergreifend, kommt es auf ihre Ausgestaltung an und zwar vor allem an den Schnittstellen, wo gesetzlichen Verordnungen ökonomische Anreize entgegenstehen.
Christiane Staffhorst,
Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik