Schrott sei Dank!?

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Schrott sei Dank!?

Reform der Elektroschrott-Richtlinie bleib trotz Fortschritten hinter Erwartungen zurück
Weitblick-Bild: 02/12_Schrott sei Dank!?

Verwertungsanlage für Elektronikschrott in Lünen. Foto: PR Aurubis

Am 13. August 2012 ist die Neufassung der europäischen Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Richtlinie, der so genannten WEEE-Richtlinie (2012/19/EU) in Kraft getreten. Die Neufassung soll vor allem die Sammelmengen von Elektroaltgeräten und die Recycling- und Wiederverwendungsquoten steigern sowie den illegalen Export eindämmen. Bis zum 14. Februar 2014 sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die Neuerungen in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland betrifft das vor allem das Elektro- und Elektronikgerätegesetz.

Die erste Fassung der WEEE-Richtlinie stammt aus dem Jahr 2003. Doch nach wie vor wird nur ungefähr ein Drittel der etwa neun Millionen Tonnen Elektro- und Elektronikgeräte, die jährlich im EU-Raum anfallen, offiziell recycelt. Ein Grund für den geringen Rücklauf und den damit verbundenen Materialverlust ist, dass ein Großteil der Altgeräte auf Abwege gelangt, vor allem in den illegalen Export.

Was bringt die WEEE-Reform

Laut WEEE-Reform sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Hersteller eine umweltgerechte Gestaltung von Elektronikgeräten nach der Öko-Design-Richtlinie tatsächlich umsetzen. Wiederverwendung und Recycling sollen so erleichtert und nicht durch besondere Konstruktionsmerkmale oder Herstellungsprozesse verhindert werden. Die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Betreibern von Recycling-Betrieben soll unterstützt werden.

Den illegalen Export von kaputten Geräten will die neue Richtlinie durch eine so genannte Beweislastumkehr eindämmen: Bei Kontrollen muss nun der Exporteur beweisen, dass er gebrauchsfähige Geräte exportiert. Bisher musste der Zoll beweisen, dass es sich um Elektroschrott handelt.

Was hat die Reform verpasst

Andere Neuerungen weisen Lücken oder zu niedrige Ziele auf. Das Europäische Umweltbüro (EEB), der Dachverband der Umweltorganisationen in Europa, hatte zusammen mit dem Projekt makeITfair und Anderen die Einführung eines gestaffelten Gebührensystems vorgeschlagen: Je leichter recycelbar und je weniger gefährliche Inhaltsstoffe ein Gerät enthält, desto geringer sollten die Entsorgungskosten der Altgeräte ausfallen. Die Forderung wurde nicht aufgegriffen. 

Auch der Vorschlag alle nicht funktionstüchtigen Geräte ohne Ausnahme als Elektroschrott einzustufen, wurde nicht aufgenommen. Vielmehr erlaubt die Richtlinie unter bestimmten Voraussetzungen den Export nicht mehr funktionstüchtiger Geräte. So kann die grundsätzlich sinnvolle Gewährleistungsreparatur oder eine angeblich gewerbliche Nutzung zur Grauzone werden und den Exporteuren als Schlupfloch dienen.
Ein anderes Beispiel ist die Geräterücknahmepflicht für den Handel, wenn der Verbraucher nicht zugleich ein neues Gerät erwirbt. Die Pflicht gilt nach zähem Ringen jetzt nur für Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 qm und für Geräte, die nicht größer als 25 cm sind.

Aber auch die Erhöhung der Sammelquoten fällt zu gering aus. Insbesondere Länder wie Deutschland, die bereits über eine im europäischen Vergleich hohe Sammelquote verfügen, erhalten so keinen Ansporn, die bestehenden Verbesserungspotenziale zu nutzen. Zudem lenken die vorgesehenen Quoten für die stoffliche Verwertung von 75 Prozent der Gerätemasse zudem den Fokus auf Massenrohstoffe wie Stahl, Aluminium oder Kupfer. Edelmetalle wie Gold oder Palladium sind nur im Milligrammbereich vorhanden, jedoch für das Recycling besonders wertvoll. 

Die EU-Mitgliedstaaten können sich allerdings für die nationale Umsetzung ambitioniertere Ziele setzen – ein wichtiger Merkposten für deutsche Nichtregierungsorganisationen.
 

Johanna Kusch

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