Schwerpunkt: UN-Gipfel Rio20+
Schwerpunkt: UN-Gipfel Rio20+
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
im Juni kommen die Regierungen der Welt 20 Jahre nach dem historischen „Rio-Erdgipfel“ von 1992 erneut zusammen, um über Strategien für eine Nachhaltige Entwicklung zu verhandeln. Ein Rekord scheint bereits sicher: Mit 50.000 registrierten Gästen werden beim „Rio20+“-Gipfel* mehr Gäste erwartet, als beim letzten Erdgipfel vor zehn Jahren in Johannesburg. Die Teilnehmerzahl macht deutlich, wie dringend die globalen Probleme sind, und steht doch in einem Missverhältnis zu den erwarteten bescheidenen Ergebnissen. Aber sie zeigt auch, dass die großen Gipfel mit Erwartungen überfrachtet werden – als ließe sich nur dort die Welt retten. Dabei ist klar: Verhandeln alleine reicht nicht, sondern es muss auch konkret gehandelt werden.
Etliche Akteure der Zivilgesellschaft rufen zu einer „Großen Transformation“ auf, um systemische Antworten auf die vielfältigen Krisen und neuen Kräfteverhältnisse in der Welt zu suchen. Darüber berichten wir in der vorliegenden Weitblick-Ausgabe. Außerdem können Sie auch selber handeln: Machen Sie mit bei Germanwatch oder einer der zahlreichen Aktionen zum Tag der Nachhaltigkeit am 4. Juni!
Tilman Santarius
Vorstandsmitglied von Germanwatch
*Germanwatch sieht und betont durch die Bezeichnung „Rio20+“ statt „Rio+20“ die vorhandenen nach vorne gerichteten Chancen in dem Gipfel.
Impressum
Herausgeber: Germanwatch e.V.
Redaktion: Dörte Bernhardt (V.i.S.d.P.), Daniela Baum, Tilman Santarius, Gerold Kier.
Stand: Juni 2012.
Gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der Stiftung Mercator. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei Germanwatch.
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Neue Welt. Schöne Welt?
Wir erleben derzeit den größten geopolitischen Umbruch seit 1990. Die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer G20 sticht die Gruppe der acht wichtigsten Industrienationen G8 an Bedeutung aus. Neue Weltmächte wie China, Indien und Brasilien sind die Motoren der Weltwirtschaft. Die Industrieländer sind inzwischen weit stärker verschuldet als diese Schwellenländer. In China, das gewaltige Devisenreserven angehäuft hat, wird darüber diskutiert, wie sich der „Niedergang des Westens” bremsen lässt. Auch die CO2- Emissionen der bisherigen Gruppe der Entwicklungsländer haben die der Industrieländer überholt.
Germanwatch-Kernforderungen für „Rio20+”
Die Kernforderungen von Germanwatch für den Rio-Gipfel 2012 zu den Themenbereichen "Green and Fair Economy", Ziele für nachhaltige Entwicklung – Sustainable Development Goals (SDGs), Internationale Nachhaltigkeitsinstitutionen und dem zu vereinbarenden Umsetzungsprozess für die Zeit nach dem Gipfel auf einen Blick.
Genug Nahrung für neun Milliarden Menschen
Jedes fünfte Kind, das heute zur Welt kommt, wird hungrig aufwachsen. Seit Mitte der 1990er Jahre stieg die Zahl der Mangelernährten um mehr als 100 Millionen. Und das obwohl die Landwirtschaft durchschnittlich täglich 4.600 Kilokalorien pro Kopf produziert – etwa doppelt so viel wie nötig.
Zivilgesellschaft 2.0
Weite Teile der Zivilgesellschaft – ob in Vereinen und Verbänden oder spontan und netzwerkartig organisiert – denken derzeit über neue Strategien nach. Die Zusammenhänge der gleichzeitigen Krisen – von der neuen Hungerkrise über die Klima-, Biodiversitäts- und Peak-Oil-Krise bis hin zur Wirtschaftskrise – zeigen, dass bisherige Ansätze oft nicht den komplexen Herausforderungen gerecht werden. Ein neuer Suchprozess hat begonnen: Wie kann die Zivilgesellschaft in Zukunft systemischer und systematischer agieren?
Zukunft, wie wir sie wollen
Zum Klimagipfel in Durban 2011 traf sich eine Gruppe von Jugendlichen aus den sogenannten „BASIC-Staaten“ China, Indien, Brasilien und Südafrika informell vor dem Konferenzsaal, um die Bildung einer BASIC-Jugendallianz zu diskutieren. Wir waren uns alle einig, dass wir die „Zukunft, wie wir sie wollen“ mitgestalten wollen, indem wir sie leben. Die Tage des „erst verschmutzen, später schützen“ sind vorbei und ein fundamentaler Wechsel der Entwicklungsparadigmen ist nötig.
Nachhaltigkeitsziele müssen die Struktur des Wirtschaftssystems transformieren
Achim Steiner antwortet im Interview auf Fragen zu globalen Nachhaltigkeitsherausforderungen und den Erwartungen an den Gipfel in Rio im Juni 2012. Wird die Weltgemeinschaft beim Rio+20-Gipfel die notwendige Handlungsbereitschaft zeigen und konkrete Impulse für eine nachhaltige Entwicklung geben?
Nachhaltigkeit? Nehmen wir persönlich!
Wer nur sein eigenes Leben verändert, ohne sich für politische Veränderungen einzusetzen, bleibt auf dem halben Weg zu seinem Ziel stehen. Wer politische Forderungen stellt, ohne sein eigenes Leben zu verändern, wird unglaubwürdig. Es braucht Einmischung auf unterschiedlichen Ebenen für eine zukunftsfähige Gesellschaft: nachhaltiges Handeln im Privatleben wie in der Politik, lokal und global.
"Loss and Damage" rückt in den Fokus
„Loss and damage“ steht für Schäden und Verluste durch den Klimawandel, durch extremere Wetterereignisse, den Meeresspiegelanstieg oder die Häufung von Dürren. Angesichts des weiterhin unzureichenden Klimaschutzes nimmt die Bedeutung und Brisanz dieses Themas zu. Ambitionierterer Klimaschutz kann langfristig diese Konsequenzen begrenzen bzw. verhindern, dass sie unbeherrschbar werden. Aber auch klimabedingte Migration dort, wo die Menschen sich nicht mehr anpassen können, findet sich im Kontext von „Loss and Damage“.
Posterwettbewerb Klimagerechtigkeit
Ende 2011 rief Germanwatch zu einem Posterwettbewerb zum Thema Klimagerechtigkeit auf. Über sechzig Personen setzten sich kreativ mit dem Thema auseinander und schickten uns ihre Entwürfe. Keine leichte Aufgabe für die Jury, bei so vielen kreativen Ideen! Doch nun stehen die Gewinner fest.
Ein Jahr Energiewende – eine kritische Bilanz
Als Folge der Reaktorkatastrophe am 11. März 2011 in Fukushima beschloss der Bundestag unter Zustimmung fast aller Parteien den endgültigen Atomausstieg. Dies war der Startschuss für die Energiewende. Weg von Atomkraft und fossilen Energieträgern, hin zu Erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und damit zu einer risikoarmen und CO2-freien Energieversorgung.
Reform der EU-Agrarpolitik – gute Ansätze und ein schwarzes Loch
Die seit 1963 bestehende Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union wird schon lange wegen der Überproduktion von Getreide, Fleisch und Milch kritisiert. Subventionierte Exporte verdrängen vor allem Kleinbauern in Entwicklungsländern von ihren lokalen Märkten. Der zunehmende Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden sowie die regional konzentrierte industrielle Tierhaltung führen in der EU zu wachsenden Umweltproblemen.
Zur Lage der Welt 2012
Die Erschöpfung unserer natürlichen Ressourcen, der desolate Zustand der öffentlichen Haushalte, der Kampf um Nahrung und Energie – dies alles kann nur behoben werden, wenn das Prinzip der Nachhaltigkeit unser Wirtschaften und unser Leben bestimmt. Der vorliegende, mittlerweile schon 29. Bericht der Reihe «Zur Lage der Welt», skizziert die Grundzüge einer nachhaltigen Ökonomie mit Schwerpunkt auf die zukünftige Energieerzeugung, den Materialverbrauch, die Ernährung, den globalen Verkehr und die Arbeitsplätze.
Warum ich Germanwatch wichtig finde - Cornelia Füllkrug-Weitzel
"20 Jahre nach dem Erdgipfel von Rio ist die Herausforderung einer nachhaltigen Entwicklung aktueller denn je. Bislang hat es die Politik nicht vermocht, einen Kurswechsel hin zu mehr Zukunftsfähigkeit zu vollziehen. Das darf jedoch nicht davon abhalten, für eine globale Transformation unseres Entwicklungsmodells einzutreten. Wer nicht kämpft, hat schon verloren – Germanwatch beherzigt dieses Motto sehr glaubwürdig. Die Verbindung von visionärem Weitblick und Handlungsorientierung macht Germanwatch zu einem Vorbild. Solche Organisationen braucht es, damit der Rio-Prozess zum Erfolg führt." (Juni 2012)