Zivilgesellschaft 2.0
Zivilgesellschaft 2.0
Weite Teile der Zivilgesellschaft – ob in Vereinen und Verbänden oder spontan und netzwerkartig organisiert – denken derzeit über neue Strategien nach. Die Zusammenhänge der gleichzeitigen Krisen – von der neuen Hungerkrise über die Klima-, Biodiversitäts- und Peak-Oil-Krise bis hin zur Wirtschaftskrise – zeigen, dass bisherige Ansätze oft nicht den komplexen Herausforderungen gerecht werden. Ein neuer Suchprozess hat begonnen: Wie kann die Zivilgesellschaft in Zukunft systemischer und systematischer agieren?
Die langjährigen Anliegen von umwelt-, globalisierungs- und entwicklungspolitisch Bewegten sind nicht obsolet geworden. Aber es sind neue Fragen hinzugekommen. Etwa: Welche Konzepte für Wohlstand ohne Wachstum sind belastbar und innerhalb der Zeiträume umzusetzen, die uns Klimawandel, Ressourcenknappheit und andere soziale und ökologische Grenzen noch lassen? Oder: Wie können sich die vielen unterschiedlichen Formen zivilgesellschaftlichen Engagements strategisch ergänzen, um letztlich eine „Große Transformation“ (nach Karl Polanyi) zu ermöglichen, die die Wirtschaft wieder in die Kultur, die gesamte Gesellschaft und die ökologische Mitwelt einbettet?
„Transformation in Diversity“ ist das Schlagwort eines neu von Germanwatch initiierten und von der Stiftung Mercator finanzierten internationalen Zivilgesellschafts-Dialogs zur strategischen Abstimmung und Ausrichtung von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Bewegungen. Der Fokus liegt auf den Themenfeldern Energie/Klimawandel und Ernährung/Landwirtschaft. In dem strategischen Dialog geht es darum, auf der Grundlage von erfolgreichen Kampagnen politische Strategien zu entwickeln, neue Allianzen zu schmieden, aber auch eine dynamische Arbeitsteilung zwischen verschiedenen Akteuren zu diskutieren. Denn Transformation sieht je nach Region sehr unterschiedlich aus, auch wenn die übergeordneten Ziele oft sehr ähnlich sind.
Der strategische Dialog baut auf dem auf, was andere Initiativen und Zusammenschlüsse an innovativen Ansätzen erarbeitet haben. Wie können sich NGOs in einer sich dramatisch verändernden Welt strategisch, inhaltlich und organisationsintern proaktiv angesichts der Herausforderungen einer Großen Transformation aufstellen? In einigen dieser Zusammenschlüsse arbeitet Germanwatch bereits mit.
Das Smart CSOs-Lab (www.smart-csos.org) bringt NGOs aus Europa zusammen, um die Frage zu diskutieren, wie sich zivilgesellschaftliche Organisationen (Civil Society Organisations) selber verändern müssen, um für die notwendigen gesellschaftlichen Prozesse wirksame Anstöße geben zu können. Die Great Transition Intitiative (www.gtinitiative.org) bearbeitet das Thema Transformation seit über 10 Jahren; Schwerpunkt ist die Analyse der Probleme und Herausforderungen. „The Widening Circle” (www.wideningcircle.org) sucht eher nach einer neuen globalen Bewegung.
Stefan Rostock und Tilman Santarius