Klima, Kyoto, Kapital
Klima, Kyoto, Kapital
Die Finanzdienstleister machen schwere Zeiten durch: Hohe Schadenquoten insbesondere bei den Versicherern durch Naturkatastrophen und die Nachwirkungen des Anschlags vom 11. September 2001, der Verfall der Aktienkurse, eine in die Zig-Tausende gehende Zahl von Firmenkonkursen und nicht zurückgezahlten Krediten allein in Deutschland und lahmende nationale Volkswirtschaften haben in diesem Jahr zu einem Kapitalverlust ohne Beispiel geführt. Das Vertrauen in die bislang als krisenfest geltenden Banken- und Versicherungshäuser ist erschüttert.
Dabei tut die Branche alles Erdenkliche, um der Krise aktiv zu begegnen. Dazu zählt auch die Einbeziehung von neuen bzw. neu gewichteten Bewertungskriterien für Kredite und den Versicherungsschutz.
Schon seit gut einem Jahrzehnt warnen die Versicherer und Banken vor den Folgen eines möglichen Klimawandels. Die Finanzbranche war einer der ersten Wirtschaftszweige, der aufgrund umfangreicher historischer Daten Veränderungen bei wetterbedingten Naturkatastrophen registrierte und erste Indizien für ein sich änderndes Weltklima vorlegen konnte.
Die Verabschiedung des Kyoto-Protokolls 1997 wurde daher auch folgerichtig durch die meisten großen Finanzhäuser Europas und Asiens begrüßt.
Kyoto ist, bei allen vorhandenen Schwächen bzw. Widerständen, ein erster wichtiger Schritt zum Klimaschutz. Die Deutsche Bank AG und andere haben begonnen, Klimagesichtspunkte in die Risikobewertung für Kreditvergaben und Bürgschaften zu integrieren. Die „CO2-Liability“ von Unternehmen und Projekten war auch Gegenstand eines EU-geförderten Forschungsprojektes der Gerling-Gruppe in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen, der Bank San Paolo Imi und Natsource TTL London, einem Emissionsbroker.
Die Integration von klimarelevanten Aspekten ist auf dem Weg in das Kerngeschäft von Versicherungen und Banken: Risikobewertungen, neue Investmentfonds, Versicherungsprodukte, Klimaprojekte und die Förderung erneuerbarer Energien (Direktinvestitionen und Fondsmodelle) sowie die Unterstützung von Kunden bei den ersten zaghaften Versuchen seriösen Emissionshandel zu betreiben sind nur einige Beispiele. Natürlich wird damit das Klima nicht direkt geschützt. Doch für die Finanzwelt werden Verlustquoten verringert und das knappe Gut Kapital effizienter und effektiver eingesetzt; letztlich auch im Sinne des Klimaschutzes.
Doch vor einem Trugschluss muss gewarnt werden: Banken, Investmenthäuser und Versicherer sind keine Weltklimapolizisten. Sie agieren in vorgegebenen politischen und wirtschaftlichen Rahmen und stellen Mittler zwischen Kapitalgebern/Risikonehmern und Kunden dar.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind jedoch mit Blick auf das Klima immer noch heiß umstritten und unklar. Hier ist die Politik gefordert, die Akzeptanz der im Kyoto-Protokoll niedergelegten marktwirtschaftlichen Instrumente zu erhöhen, indem eine klare und vernünftige gesetzliche Basis geschaffen wird.
Durch das Inkrafttreten des Kyoto Protokolls und durch die Umsetzung der derzeit verhandelten EU-Direktive zum Emissionshandel werden die ersten Schritte zu einem nachhaltigeren Umgang mit der Natur und Wirtschaftsgütern rechtsverbindlich vorgeschrieben.
Die Finanzwelt wird ihre Chancen in den sich neu entwickelnden Geschäftsfeldern nutzen und mit innovativen, kundengerechten Produkten und Dienstleistungen an den Markt treten. Erfolg für und durch den Klimaschutz wäre gewiss eine begrüßenswerte win-win-Situation. Nicht nur für die Finanzwelt.
Aiko Bode
Aiko Bode ist Leiter des Kölner Büros der Gerling Sustainable Development Project GmbH