Aktion gegen Klimasünder

Weitblick Artikel

Aktion gegen Klimasünder

 

Klimasünder BASF: BASF hat in Deutschland und der EU den Widerstand gegen einen wirkungsvollen Emissionshandel (und gegen die Ökosteuer) organisiert. Dies hat zu einer bedenklichen Position Deutschlands in der EU geführt. Die BASF behauptet, für Klimaschutz zu sein, widersetzt sich aber den dafür unerlässlichen Instrumenten.

Klimasünder RWE: Die RWE erzeugt ihren Strom weiterhin mit den Risiko-Energieträgern Kernkraft und Braunkohle. Bei zahlreichen politischen Klimaschutz-Rahmensetzungen hat die RWE - oft leider erfolgreiche - politische Störfeuer entfacht wie bei der Blockade einer wirkungsvollen Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung oder dem Emissionshandel.

Das Beispiel Dow Jones Sustainability Index
Die Schweizer Vermögensverwaltung SAM stellt mit dem USamerikanischen Unternehmen Dow Jones die Auswahl der im Dow Jones Sustainability Index (DJSI) gelisteten Unternehmen zusammen. Aus dem Dow Jones Global Index mit zur Zeit knapp 3000 Unternehmen werden die 300 sozial und ökologisch vorbildlichsten Unternehmen herausgefiltert. Die Präsenz im Index bedeutet für diese Unternehmen einen erheblichen Imagegewinn und die Aufnahme in viele sozialökologisch ausgerichtete Investmentfonds. Sowohl die BASF, wie RWE sind zur Zeit im DJSI gelistet.

Der Index hat greifbare Erfolge vorzuweisen. Viele Unternehmen haben tiefgreifende soziale und ökologische Verbesserungen eingeführt, so z.B. bei der Energie- und Ressourceneffizienz oder bei den Arbeitsbedingungen, um im Index gelistet zu werden. Bedingt durch die Größe der Unternehmen sind die erreichten Einsparungen und Verbesserungen von beachtenswertem Ausmaß. SAM hat die Akzeptanz von Geldanlagen, die sich an Nachhaltigkeitskriterien orientieren, mit dem Sustainability Index stark gefördert.

Zu wenig beachtet werden leider die strategische Ausrichtung und die politische Lobbytätigkeit der Unternehmen. Die Zukunft wird jedoch mitgestaltet durch solche Unternehmensziele und -interessen.

Germanwatch wendet sich mit einem Schreiben an BASF und RWE und fordert einen Stopp der klimaschädlichen Aktivitäten. Sowohl Lobbyaktivitäten und Unternehmensausrichtung dürfen den internationalen Klimaschutzbemühungen nicht entgegengesetzt sein - Nachhaltigkeit ist eine Zukunftsaufgabe.

Germanwatch wendet sich auch an SAM und wird die Wichtigkeit des Indizes unterstreichen sowie den Dialog mit den Analysten suchen. Germanwatch wird unter den derzeitigen Bedingungen auf die Herausnahme von BASF und RWE aus dem DJSI drängen. Außerdem setzt sich Germanwatch für eine Verbesserung der Auswahlkriterien durch Einbezug von mehr externen Informationen und dem Votum von durch Unternehmensaktivitäten Betroffene (Stakeholder) ein.

Es folgt der Briefwechsel von Germanwatch mit BASF, RWE und SAM.


 

Briefe:


 

Brief von Germanwatch an die BASF AG, 6.12.02
 

An
BASF Aktiengesellschaft
- Der Vorstand - 
Carl-Bosch-Straße 38 
67056 Ludwigshafen
 

Bonn, 6. Dezember 2002


Stopp Ihrer klimaschädlichen Aktivitäten

Sehr geehrte Damen und Herren,

"Der Klimawandel ist keine skeptische Prognose, sondern bittere Realität", - so Bundeskanzler Gerhard Schröder auf dem UN-Gipfel in Johannesburg im September 2002.

Im Rahmen der UN-Klimaverhandlungen wurden Reduktionsziele für die klimaschädlichen Treibhausgase ausgehandelt. Ein marktkonformes Instrument, um diese Reduktionen zu erreichen, ist der Emissionshandel. Mit der kommenden Entscheidung des EU-Umweltministerrates am 9. und 10. Dezember werden dafür in Europa die Weichen gestellt.

Maßgeblich auf Initiative der BASF hat sich in Deutschland der Widerstand wichtiger Teile der Industrie gegen diesen Mechanismus formiert. Aus der Nähe konnten wir beobachten, mit welcher Energie sie den Protest gegen dieses für den europäischen Klimaschutz unentbehrliche Instrument organisiert hat. Wir haben das Agieren der BASF in der Arbeitsgruppe Emissionshandel gesehen, was Ende letzten Jahres beinahe zum Platzen der gesamten Gruppe geführt hat. Wir haben von mindestens vier großen Unternehmen, die bisher eine konstruktive Rolle in der Debatte gespielt hatten, berichtet bekommen, dass sie Mahnbriefe von ihrem Geschäftspartner BASF bekommen haben. Wir haben gesehen, wie Sie in Brüssel Lobbyisten organisiert haben, um auch auf europäischer Ebene gegen den Emissionshandel zu Felde zu ziehen. Das Engagement der BASF gegen den Emissionshandel wiegt umso schwerer, als die BASF in Verlauf der letzten Jahre auch schon ganz maßgeblich am Protest von Industriekreisen sowohl gegen die Wärmenutzungsverordnung als auch gegen die Ökosteuer beteiligt war. Damit wird deutlich, dass der Widerstand nicht nur einem Instrument des Klimaschutzes gilt, sondern allen für die Industrie wirksamen Instrumenten. 

Ein solches Verhalten halten wir für unakzeptabel. Wir werden die Rating-Agenturen, die nachhaltiges Verhalten bewerten, über Inhalt und Form ihrer Einflussnahme informieren. Mit SAM in Zürich haben wir bereits einen diesbezüglichen Dialog aufgenommen und drängen darauf, dass die BASF nicht weiter im Dow Jones Sustainability Index als einer der Nachhaltigkeits-Branchenführer im Bereich Chemie geratet wird. 

Wir bedauern sehr, dass die BASF zunehmend zum Klima-Buhmann wird, obwohl es ja durchaus Produkte und Politiken in Ihrem Haus gibt, die sich sehen lassen können. Gerade Ihr Unternehmen hätte das Potenzial, sich ganz anders in der öffentlichen Debatte zu präsentieren. 

Das Klima wandelt sich, leider werden wir daran zum Teil nichts mehr ändern können - Unternehmen, die sich nicht wandeln, werden zu den Verlierern gehören. 

Mit freundlichen Grüßen,
 

Klaus Milke
Vorstand bei Germanwatch


 

Briefe:


 

Brief von Germanwatch an die RWE AG, 6.12.02

 

An die 
RWE AG
- Der Vorstand - 
Opernplatz 1
45128 Essen
 

Bonn, 6. Dezember 2002


Stopp Ihrer klimaschädlichen Aktivitäten

Sehr geehrte Herren,

"Der Klimawandel ist keine skeptische Prognose, sondern bittere Realität", - so Bundeskanzler Gerhard Schröder auf dem UN-Gipfel in Johannesburg im September 2002.

Im Rahmen der UN-Klimaverhandlungen wurden Reduktionsziele für die klimaschädlichen Treibhausgase ausgehandelt. Ein marktkonformes Instrument, um diese Reduktionen zu erreichen, ist der Emissionshandel. Mit der kommenden Entscheidung des EU-Umweltministerrates am 9. und 10. Dezember werden dafür in Europa aller Voraussicht nach die Weichen gestellt. RWE hat stark gegen diesen Mechanismus, der gerade auch für treibhausgasintensive Unternehmen einen interessanten Ansatz des Risikomanagements darstellt, lobbyiert. Dies haben wir, ebenso wie ihre Lobby-Aktivitäten gegen eine wirkungsvolle Regelung zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen. (Wobei wir Ihren Herrn Dr. Engelhardt und Dr. Rentz, die Ihren Konzern in vielen Debatten vertreten haben, durchaus eine erfreuliche Kompetenz, Sachlichkeit und Diskussionsbereitschaft bescheinigen wollen.)

RWE setzt als Stromproduzent immer noch aktiv und auch mit langfristiger unternehmensstrategischer Ausrichtung auf den klimaschädlichsten Energieträger Braunkohle und die Hochrisikotechnologie Atomkraft. Beides trägt nicht zu einer sicheren zukunftsfähigen Energieversorgung oder zum Klimaschutz bei. Wir sehen und unterstützen die Aktivitäten des RWE-Konzerns im Bereich erneuerbare Energien. Wir verfolgen mit Spannung ihre Szenarienüberlegungen über eine dezentralere Energieversorgung. 

Wir sehen aber eben auch die Chancen, die einem Konzern wie der RWE AG durch ein proaktives Verhalten im Rahmen des Emissionshandels entstehen können. Jedoch: Ihr politisches Verhalten der letzten Monate scheint uns dagegen zu sprechen, Ihr Unternehmen als auf dem Weg zur Nachhaltigkeit einzustufen. 

Der Finanzsektor beginnt, direkte Klimarisiken und regulative Klimarisiken, die für Unternehmen bestehen, bei seinen Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen. Dies kann in Zukunft negative Auswirkungen auf den Börsenwert von Unternehmen mit einem hohen Klimarisiko haben, gleichzeitig werden aber Unternehmen mit einem geringeren regulativen Treibhausgasrisiko entsprechend positiv bewertet. 
Nachhaltigkeitsindizes und Investmentfonds, die nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien anlegen, spielen eine immer größere Rolle sowohl für das Image eine Unternehmens, wie für die Kapitalakquise. 

Bei der Ausrichtung des RWE-Konzerns auf Braunkohle, Steinkohle und Atom, wie sie sich auch für die Zukunft abzeichnet, trägt RWE nicht zum Klimaschutz und zur Entwicklung einer nachhaltigen Gesellschaftsgestaltung bei. Durch die Lobbyarbeit von RWE macht der Konzern deutlich, dass er daran auch in absehbarer Zukunft nichts ändern will. 

Deshalb setzt sich Germanwatch dafür ein, dass RWE nicht länger im Dow Jones Sustainability Index gelistet wird.

Germanwatch hat sich in dieser Frage an Sustainable Asset Management (SAM) in Zürich gewandt, die den Dow Jones Sustainability Index erstellen. Wir setzen uns für ein Herausnehmen von RWE ein. Ferner wurde dieser Schritt in der aktuellen Germanwatch-Zeitung, die Ihnen mit diesem Schreiben zugeht, öffentlich gemacht.

Germanwatch als Umwelt- und Entwicklungsorganisation fordert Sie auf, Ihr Unternehmen zukunftsfähig - insbesondere auch hinsichtlich ihrer konkreten Geschäftspolitik und Verbandsarbeit - auszurichten - zum Wohl der Menschen in NRW und der ganzen Welt. Denn die Hauptbetroffenen des Klimawandels sitzen in den ländlichen Regionen der Entwicklungsländer.

Wir möchten Sie dringend auffordern, die Chancen zu nutzen, die sich aus einer proaktiven und innovativen Unternehmenspolitik heraus ergeben. Behindern Sie nicht die rahmensetzenden Instrumente, die Ihnen dies ermöglichen! 

Das Klima wandelt sich, daran werden wir zum Teil leider nichts ändern können, - Unternehmen, die sich nicht wandeln, werden zu den Verlierern gehören.

Mit freundlichen Grüßen,
 

Klaus Milke
Vorstand bei Germanwatch


 

Briefe:


 

Brief von Germanwatch an SAM, 6.12.02
 

An 
SAM Sustainable Asset Management 
Reto Ringger
Zollikerstr. 60 
CH - 8702 Zürich-Zollikon
Schweiz

Bonn, 6. Dezember 2002

BASF und RWE nicht in ökologisch-soziale Indizes

Sehr geehrter Herr Ringger,

der Dow Jones Sustainability Index ist wichtig für den quantitativen Sprung der nachhaltigen Kapitalanlagen aus der "grünen Nische". Er hat große Verdienste insbesondere auch als Grundlage von Produkten, die der Altersvorsorge dienen. 

Der DJSI hat greifbare Erfolge vorzuweisen. Viele Unternehmen haben soziale und ökologische Verbesserungen eingeführt, so z.B. bei der Energie- und Ressourceneffizienz oder bei den Arbeitsbedingungen. Zumindest indirekt dürften diese auch auf die Wirkung des DJSI zurückzuführen sein.
Bedingt durch die Größe der Unternehmen sind die erreichten Einsparungen und Verbesserungen von beachtenswertem Ausmaß. SAM hat die Akzeptanz von Geldanlagen, die sich an Nachhaltigkeitskriterien orientieren, mit dem Sustainability Index stark gefördert. Die Präsenz im Index bedeutet für diese Unternehmen einen erheblichen Imagegewinn und die Aufnahme in viele sozial-ökologisch ausgerichtete Investmentfonds. 

Sowohl die BASF AG, wie die RWE AG sind zur Zeit im DJSI gelistet.

Germanwatch fordert SAM auf, die Unternehmen RWE AG und BASF AG aufgrund ihres derzeit gegen aktiven Klimaschutz gerichteten Verhaltens aus dem DJSI herauszunehmen.

Begründung:

Klimasünder BASF: BASF hat in Deutschland und in der EU den Widerstand gegen einen wirkungsvollen Emissionshandel (und vorher bereits gegen die Ökosteuer und die Wärmenutzungsverordnung) organisiert. Dies hat zu einer bedenklichen Position Deutschlands in der EU geführt und hätte - beim Erfolg - eines der wichtigsten Instrumente für den Klimaschutz sabotiert. Die BASF hat durchaus Einsparerfolge vorzuweisen und behauptet, für Klimaschutz zu sein. Sie widersetzt sich aber sehr aktiv den dafür unerlässlichen Instrumenten. Mehrere Unternehmen - wir wissen von mindestens vieren - haben uns glaubwürdig berichtet, dass sie in den letzten Monaten durch Briefe aus der BASF unter Druck gesetzt wurden, sich nicht weiter in der Öffentlichkeit für den Klimaschutz einzusetzen. (Einen der Briefe haben wir selbst gesehen, aber die Unternehmen, die allesamt wenigstens partiell "eingeknickt" sind, stellen uns diese natürlich nicht zur Verfügung). Ein solches Vorgehen empfinden wir als skandalös!

Bei Bedarf können wir gerne Materialien zuliefern, die unsere inhaltlichen Aussagen belegen. (Vgl. etwa den gerade erschienen Artikel "Berliner Blockade" in "Die Zeit", Dezember 2002). Kein anderes deutsches Unternehmen hat in den letzten zehn Jahren politisch mehr gegen Klimaschutzregulierungen getan als die BASF. So ein Unternehmen gehört nicht in einen Nachhaltigkeitsindex. 

Klimasünder RWE: Die RWE erzeugt ihren Strom weiterhin ganz überwiegend mit den Risiko-Energieträgern Kernkraft und Braunkohle. Bei zahlreichen politischen Klimaschutz-Rahmensetzungen hat die RWE - oft leider erfolgreiche - politische Störfeuer entfacht wie bei der Blockade einer wirkungsvollen Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung oder dem Emissionshandel. 

Wir denken, dass diese beiden Unternehmen auch in einem auf relativer Wertung beruhendem Best-in-Class-Ansatz nicht als Leader ihrer Branche geführt werden dürfen. 

Darüber hinaus wollen wir anregen, über strukturelle Verbesserungen bei der Bewertung der Unternehmen für den DJSI nachzudenken.

Zu wenig beachtet werden u.E. die strategische Ausrichtung und die politische Lobbytätigkeit der Unternehmen. Gerade in der Lobbyarbeit aber kommt maßgeblich zum Ausdruck, auf welche Zukunftspfade ein Unternehmen setzt. 

Germanwatch fordert deshalb SAM auf, die direkte und indirekte politische Lobbytätigkeit der Unternehmen in die Bewertung mit einzubeziehen. Dies bezieht sich sowohl auf direkte Aktivitäten der Unternehmen, wie auf Aktivitäten über Unternehmensverbände. Eine Möglichkeit dies zu erreichen ist der fest verankerte Stakeholderdialog u.a. mit NGOs.

Germanwatch wendet sich in dieser Frage parallel auch direkt an die BASF AG und RWE AG. Die Briefe liegen Ihnen zur Kenntnisnahme bei. Ferner wurde dieser Schritt in der aktuellen Germanwatch-Zeitung, die Ihnen mit diesem Schreiben zugeht, öffentlich gemacht.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
 

Klaus Milke
Vorstand bei Germanwatch


 

Briefe:


 

Stellungnahme von SAM, 12.12.02

(Reaktion auf den Brief vom 6.12.02)
 

Globale Klimapolitik ist ein wichtiges Kriterium im Dow Jones Sustainability Index

Die globale Klimaveränderung wird von SAM als eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit betrachtet. SAM ist dabei der Überzeugung, dass ein effektives Zusammenspiel von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft im Angehen dieser Herausforderung eine unabdingbare Voraussetzung für nachhaltige Lösungen ist. Aus diesem Grund integriert SAM systematisch folgende Bewertungskriterien in die Unternehmensanalyse, die dem Dow Jones Sustainability Index (DJSI) zugrunde liegt:

  • Sind ökologische und soziale Fragestellungen ein integrierter Bestandteil der Entwicklungs- und Wertschöpfungsstrategie eines Unternehmens?
  • Verfolgt ein Unternehmen eine klare, transparente Umweltpolitik und sind entsprechende quantitative Unternehmensziele erstellt?
  • Hat ein Unternehmen eine klare, transparente Strategie entwickelt, um Klimarisiken zu minimieren? Sind quantitative Ziele erstellt? Werden die Mechanismen, die im Kyoto Protokoll empfohlen werden eingesetzt?
  • Informiert ein Unternehmen regelmässig über relevante Umweltaspekte der Unternehmenstätigkeit? Sind die Informationen von externer Stelle verifiziert?
  • Verfolgt ein Unternehmen einen offenen Dialog mit seinen Stakeholdern? Können spezifische Projekte und Resultate vorgewiesen werden?
  • Wie ist der Trend des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen eines Unternehmens (um das Top-scoring zu erreichen, müssen die Performances in den letzten vier Jahren um mindestens 10% relativ zum Umsatz abgenommen haben)?

Da öffentlich zugängliche Informationen über die oben aufgeführten Fragen bei vielen Unternehmen (SAM beurteilt jedes Jahr rund 1� Unternehmen weltweit) immer noch nicht vorhanden sind, verwendet SAM einen Fragebogen, um entsprechende Information zu erhalten (http://www.sustainability-index.com/assessment/questionnaire.html). Die Angaben der Unternehmen werden jedoch systematisch aufgrund von Medienberichten, Unternehmensdokumentationen und Informationen von Stakeholdern überprüft. SAM begrüsst die konstruktive Zusammenarbeit mit NGOs. Entspricht das Lobbying eines Unternehmens nicht den angegebenen Informationen und der "offiziell kommunizierten Strategie", wird dies in der Analyse berücksichtigt. Dies kann in Folge auch dazu führen, dass sich ein Unternehmen nicht für den DJSI qualifiziert. Der genaue Analyseprozess ist öffentlich im DJSI Guidebook dokumentiert (http://www.sustainability-index.com/djsi_world/guidebook.html). Jährlich lässt SAM von externer Stelle den Auswahlprozess überprüfen (http://www.sustainability-index.com/assessment/verification.html).

Warum ist BASF im DJSI vertreten?

Aufgrund der Sustainability-Analyse zählt BASF weltweit zu den führenden 10% Chemieunternehmen (http://www.sustainability-index.com/djsi_world/pdf/sectors/DJSI_World_CHM_03.pdf). Im Vergleich zu den Mitbewerbern in der chemischen Industrie geht BASF Herausforderungen im ökonomischen und ökologischen Bereich klar überdurchschnittlich an. In sozialen Fragestellungen bewertet SAM BASF als eines der fortschrittlichsten Unternehmen innerhalb der chemischen Industrie. Diese Führungsposition im sozialen Bereich hat schlussendlich zu einem Punktescore geführt, welches zur Qualifikation in den DJSI reichte. BASF hat allerdings den Spitzenplatz innerhalb der chemischen Industrie in der diesjährigen Bewertung eingebüsst. Dies ist unter anderem auf ein Fehlen quantitativer gruppenweiter Umwelt- und Klimaziele zurückzuführen. Es ist bekannt, dass BASF politische Lobbyingaktivitäten gegen die Einführung eines EU weiten Firmenemissionshandelssystems betreibt. BASF ist im Vergleich zu anderen Unternehmen denn auch relativ transparent über diese politische Lobbyingarbeit. Die von SAM Research durchgeführte Medienanalyse hat allerdings nicht aufgezeigt, dass BASF in ihren Lobbyingaktivitäten über einen verantwortbaren Rahmen hinausgegangen ist. Eine solche Überschreitung ist für Akteure wie SAM, die nicht in die politische Arbeit integriert sind, aus naheliegenden Gründen nur sehr schwer zu beurteilen. SAM ist daher für konkrete Hinweise von Germanwatch dankbar und wird diese in die Analyse von BASF integrieren, sowie BASF damit konfrontieren.

Warum ist RWE im DJSI vertreten?

Die Bewertung nach den Kriterien von SAM Research hat gezeigt, dass RWE sich für den DJSI qualifiziert, der die 10% besten Unternehmen hinsichtlich Nachhaltigkeitsmanagement umfasst. Dies bedeutet, dass RWE die branchenspezifischen Herausforderungen überdurchschnittlich gut bewältigt. Die von Germanwatch angesprochenen spezifischen strategischen Risiken hinsichtlich des Erzeugungsmix von RWE (Kernkraft, Braunkohle) sind in der Bewertung der RWE berücksichtigt und haben sich auch belastend auf das Score ausgewirkt. Dieses strategische Risiko wird zudem ausdrücklich im SAM Benchmarking Report benannt: "With more than 50% coal fueled generation capacity, the exposure to carbon risk is comparably high and eco-efficiency performance low. (…) the specific mix of assets in RWE's portfolio, especially the nuclear and coal plays expose the company to environmental and social issues related to climate change and disposal of nuclear waste." Im Hinblick auf die Lobbying-Aktiväten, ist uns bekannt, dass RWE durch den BDI und die Verbände der Energiewirtschaft, versucht, Einfluss auf die Klimapolitik der Bundesregierung nimmt. Unsere Sicht der Dinge allerdings ist, dass RWE sich in dieser Hinsicht nicht signifikant von anderen weltweit operierenden Unternehmen unterscheidet. Allerdings sind wir wie auch im Falle von BASF dankbar über Hinweise, die uns andersartiges Verhalten von RWE aufzeigen.

Methodische Weiterentwicklungen

SAM ist bestrebt, unternehmerische Nachhaltigkeit anhand einer führenden Analysemethodik zu messen. Daher wird die Methodik jährlich überarbeitet und mit neuesten Erkenntnissen verfeinert. SAM ist offen für konstruktive und konkrete Verbesserungsvorschläge von Germanwatch, wie auch anderer Interessensgruppen.

Wir möchten nochmals betonen, dass wir den gestarteten Informationsaustausch mit Germanwatch sehr begrüssen, die Anregungen gerne aufnehmen und in unsere Beurteilungen integrieren. Wir begrüssen daher den weiterführenden und lösungsorientierten Dialog mit Germanwatch.

Mit Freundlichen Grüssen

Alois Flatz
Head of Research
SAM Sustainable Asset Management
alois@sam-group.com


 

Briefe:


 

Brief der BASF AG an Germanwatch, 20.12.02
(Reaktion auf den Brief vom 6.12.02)
 

An
GERMANWATCH
Herrn Klaus Milke
Mitglied des Vorstandes
Kaiserstrasse 201
53113 Bonn
 

20. Dezember 2002

Sehr geehrter Herr Milke,

wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 06. Dezember 2002 zum Thema Emissionshandel.

Wir sind uns sicherlich in einem Punkt einig: Es geht darum, die im Kyoto-Protokoll vereinbarte Reduktion von Treibhausgasen in der EU bis 2012 von 8 % zu erreichen, ebenso die von der Bundesregierung im Rahmen des EU-Burden-Sharing übernommene Verpflichtung zur Reduktion von 21% in Deutschland. Wie Ihnen als aktiver Umweltverband hinlänglich bekannt ist, ist Deutschland bei der Erreichung der Klimaschutzziele auf einem guten Weg, nicht zuletzt dank der Leistungen der Industrie, u.a. der BASF.

Wir haben von 1990 bis 2001 in Ludwigshafen die direkten CO2-Emissionen um 26% reduziert, in Schwarzheide sogar um 70%. Die deutsche Industrie insgesamt hat ihre Emissionen bis 1999 laut Umweltbundesamt um 22% reduziert, während sich im gleichen Zeitraum die Emissionen im Sektor Verkehr um 11% erhöht und im Bereich der Haushalte um 2 % reduziert haben.

Hervorheben möchten wir, dass wir die Kyoto-Ziele und die flexiblen Instrumente des Kyoto-Protokolls bejahen, einschließlich des dort vorgesehenen Emissionshandels auf Ebene der Staaten. Wir gehen schon lange konsequent den Weg des ökonomischen und ökologischen Umgangs mit Energie. Weltweit gewinnen wir über 90% unseres benötigten Dampfes aus KWK-Anlagen und Abwärme. Bereits seit Anfang der 80er Jahre haben wir begonnen, an unseren gesamten Standorten mit Hilfe eines Wärmeintegrationsverfahrens die Produktionsanlagen zu untersuchen und in Bezug auf ihren spezifischen Energiebedarf zu optimieren. Seit diesem Zeitpunkt wird jede Neuanlage nach diesem Verfahren optimiert. Kürzlich haben wir den Bau einer weiteren GuD-Anlage für den Standort Ludwigshafen beschlossen. Spätestens nach deren Errichtung werden wir weltweit über 90% unserer Kraftwerke auf GuD-Basis betreiben und damit die mit Abstand effizienteste Technologie für die Nutzung der KWK-Anlagen einsetzen.

Unterschiedlicher Auffassung sind wir bei der Beurteilung des EU-Emissionshandels als Mittel zur Erreichung von Klimaschutzzielen. Sie erklären eines der möglichen Instrumente, den Emissionshandel auf Unternehmensebene, zum allein seligmachenden Mittel der Wahl und stempeln alle, die anderer Auffassung sind, als (Klima)Sünder ab. Der Bundeskanzler und der Bundeswirtschaftsminister sind der Ansicht, dass Deutschland den EU-Emissionshandel nicht benötigt. Auch der Bundesumweltminister hält das EU-Handelssystem in Deutschland nicht für zwingend. Wir halten darüber hinausgehend daran fest, dass die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Industrie der beste Weg zur Erreichung der Klimaschutzziele sind. Denn erst sie haben die enormen Reduktionsleistungen in Deutschland ermöglicht.

Als unmittelbar von der Richtlinie Betroffene halten wir es für richtig und angebracht, unsere Auffassung und insbesondere unsere Befürchtung zur Wirkung des EU-Handelssystem klar zu artikulieren und Anstöße zur Reflektion zu geben. Wir haben hieraus nie einen Hehl gemacht. Die von Ihnen inkriminierten "Lobbyaktivitäten" der BASF stützen sich auf Positionen, die wir parallel auch öffentlich kommunizieren, u.a. durch Vorträge, Diskussionen und Veröffentlichungen. Wir sehen uns hierzu in einem demokratischen Staatswesen nicht nur berechtigt, sondern zum Schutze des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze geradezu verpflichtet.

Bekanntlich hat sich der EU-Umweltrat am 09. Dezember 2002 über die Richtlinie geeinigt. Wir haben bereits öffentlich erklärt, dass wir mit dem Kompromiss leben können. Bei der Diskussion über den EU-Emissionshandel wird zukünftig verstärkt die nationale Ausgestaltung der Richtlinie im Vordergrund stehen. Wir werden uns auch an dieser Diskussion aktiv beteiligen und stellen uns gerne einer sachbezogenen Diskussion mit Ihnen. Gerne würden wir auch den Dialog mit Ihnen in einem Gespräch in Ludwigshafen weiterführen, um Ihnen nicht nur unsere Zielsetzungen zu verdeutlichen, sondern Ihnen auch das bereits Erreichte anschaulich vor Augen zu führen. Wir würden uns freuen, wenn wir auf die hier angesprochene Einladung bald eine Zusage erhielten.
 

Mit freundlichen Grüßen

BASF Aktiengesellschaft

 

Matthias Hensel

Leiter Unternehmenskommunikation

Lothar Meinzer

Leiter Sustainability Center


 

Briefe:


 

Brief von Germanwatch an die BASF AG, 30.1.03
(Reaktion auf den Brief vom 20.12.02)
 

An
Matthias Hensel
Dr. Lothar Meinzer
BASF-Aktiengesellschaft
67056 Ludwigshafen

Bonn, 30.1.2003

BASF, Klimaschutz und Emissionshandel

Sehr geehrter Herr Hensel, sehr geehrter Herr Meinzer,

für Ihr Schreiben vom 20. Dezember herzlichen Dank. Wir freuen uns, auf dieser Ebene einen hoffentlich fruchtbaren Dialog mit Ihnen zu beginnen. Die Nord-Süd-Initiative Germanwatch e.V. ist seit Jahren darauf spezialisiert, Dialogprozesse mit Partnern - gerade auch aus der Industrie - voranzutreiben. Während wir glauben, dass die Politik einen vorhersehbaren und stringenten Rahmen für eine zukunftsfähige Entwicklung setzen muss, sehen wir gleichzeitig, dass es die Industrie ist, die einen entscheidenden Anteil an dem notwendigen Umbau etwa der Energie- und Verkehrsinfrastruktur in Richtung einer nachhaltigen Gesellschaft leisten muss. Wir versuchen, den ernsthaften Dialog mit allen Akteuren zu führen, denen eine zentrale Aufgabe auf diesem Weg zukommt. 

Auch wenn wir öffentliche Kritik äußern, geht es uns nicht darum, ein Unternehmen (und schon gar nicht eine Einzelperson) ganz generell an den Pranger zu stellen. Aber es muss in entscheidenden Zukunftsfragen für die Öffentlichkeit transparent sein, wer die notwendigen Rahmensetzungen behindert. Dabei maßen wir uns nicht an, fehlerlos zu sein, sondern freuen uns, mit den entsprechenden Akteuren in einen konstruktiven Austausch von Argumenten zu treten. Wir haben auf diese Art und Weise schon viel gelernt. 

Nun zur Sache: Als Nord-Süd-Initiative beschäftigen wir uns mit dem globalen Klimawandel, weil wir sehen, wie bereits jetzt die immer deutlicher sichtbaren Konsequenzen des Klimawandels in vielen Regionen der Welt zu einem enormen Problem für die soziale und ökonomische Entwicklung werden. Die (Rück-)Versicherer arbeiten schon an Konzepten, welche Regionen in Zukunft keine volle Deckung mehr bekommen können. Gewaltige soziale Verwerfungen, vor allem für die Land- (bzw. landlose) Bevölkerung in den Ländern des Südens, zeichnen sich ab. 

Aus den zentralen wissenschaftlichen Berichten des IPCC (oder in Deutschland der Klima-Enquete-Kommissionen) wissen wir, dass - um den Negativtrend maßgeblich positiv zu beeinflussen - in den Industrieländern bis Mitte diesen Jahrhunderts der Treibhausgas-Ausstoß um etwa 80 Prozent verringert werden müsste. Das Kyoto-Protokoll ist nur ein erster - wenn auch wichtiger - Schritt in diese Richtung. Es würde bestenfalls eine Reduzierung des Treibhausgasausstoßes der Industrieländer von 5 Prozent bringen. Diese Gesamtperspektive gilt es, bei unserer Diskussion im Auge zu halten.

Anders als Sie unterstellen, ist für uns der Emissionshandel kein "allein selig machendes Mittel der Wahl". Wir setzen uns für einen nach Sektoren und Akteuren differenzierten Instrumentenmix ein, um im Klimaschutz voranzukommen: so etwa für das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz), für die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung, für eine ökologische Finanzreform, für eine Weiterentwicklung der Energiesparverordnung im Gebäudebereich, für eine Flottenverbrauchsregelung und Anreize für nachhaltiges Investment. Umso mehr hat uns aber im Verlauf der letzten zehn Jahre irritiert, dass die BASF immer dann, wenn es um ernsthafte Vorhaben der Klimaschutzregulierung der deutschen Industrie durch die deutschen Regierungen ging, sehr aktiv geworden ist, diese Pläne zu unterminieren.

  • So war das bei der Debatte um das ordnungsrechtliche Instrument der Wärmenutzungsverordnung. Der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) waren bereit, die Wärmenutzungsverordnung zu akzeptieren. Aber der Verband der Chemischen Undustrie (VCI), und besonders wortgewaltig und wirkungsmächtig die BASF, blockierten dessen Einführung.
  • Ähnlich auch die Debatte um die Ökosteuer während der Regierung Kohl. Nachdem Schäuble und andere in der Union diese Diskussion losgetreten hatten, wurde die BASF massiv dagegen aktiv. Am Tag nach einem Treffen mit einem Vertreter des BASF-Vorstands sorgte der damalige Bundeskanzler dann mit einem Machtwort für ein Ende der Debatte.
  • Der massive Einsatz der BASF auf deutscher und EU-Ebene gegen eine EU-Emissionshandelsrichtlinie reiht sich in diese Aktivitäten ein, die durchaus gegen verschiedene Klimaschutz-Instrumente gerichtet waren. Auch diesen haben wir hautnah mitverfolgt.

 Vermutlich werden Sie daraufhin wiederholen, dass Sie ja nicht gegen alle Instrumente sind. Dass sie vielmehr die branchenbezogenen freiwilligen Selbstverpflichtungen für den "besten Weg zur Erreichung der Klimaschutzziele" halten. Sie behaupten ja sogar, dass "erst sie [die Selbstverpflichtungen] die enormen Reduktionsleistungen in Deutschland ermöglicht" haben. Ein Blick auf die Entwicklung der Emissionen des Chemiesektors (vgl. RWI-Monitoring-Bericht) zeigt hingegen: 1995, als die erste Selbstverpflichtung abgeschlossen wurde, waren bereits gut 60 Prozent der versprochenen Reduktion erbracht. Es wäre gegen alle Logik, wenn die Selbstverpflichtungen schon wirken würden, bevor sie abgeschlossen werden. Ein Jahr später waren fast 80 Prozent der Selbstverpflichtung erreicht - auch dieser Sprung erfolgte wegen Unternehmensentscheidungen, die zum allergrößten Teil bereits vor Abschluss der Selbstverpflichtung getroffen worden waren. 

Wir gehen nicht so weit zu sagen, die Selbstverpflichtung sei völlig wirkungslos gewesen. Aber nicht sie war es, die die enormen Reduktionsleistungen ermöglicht hat, sondern das war in erster Linie der Strukturbruch im Zuge der Vereinigung Deutschlands. Dieser hat viel Geld gekostet, es wurde viel Sinnvolles für den Klimaschutz geleistet, aber er wurde nicht wegen der Klimaschutz-Selbstverpflichtung vollzogen. Ein Beleg für die Wirksamkeit dieses Instrumentes lässt sich daraus nicht ableiten. In solchen Zeiten, in denen Klimaschutz mit ohnehin anstehenden Investitionsentscheidungen Hand in Hand geht, können Selbstverpflichtungen durchaus ein hilfreiches Instrument sein. Wie hilflos die Selbstverpflichtung wirkt, wenn die Situation anders ist, kann man in den beiden letzten Jahren sehen. Während bei den Haushalten und vor allem beim Pkw-Verkehr nun endlich eine Verringerung der Emissionen in Gang gekommen ist, sieht es bei der von der Selbstverpflichtung betroffenen Industrie und Energie genau umgekehrt aus. Dies ist für den Verkehrsbereich, der praktisch in allen Industrieländern hinsichtlich Klimaschutz einen der am schwersten anzugehenden Sektoren darstellt, auffallend und erfreulicherweise im Widerspruch zur prognostizierten Emissionszunahme. Die von der Politik ergriffenen und nicht immer populären Maßnahmen - etwa die Ökosteuer, die Energieeinsparverordnung bei Gebäuden und im LKW-Bereich in Zukunft die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe - haben hier im Verbund mit Einflüssen des Weltmarkts (Rohölpreis) Wirkung gezeigt bzw. werden dies in Zukunft verstärkt tun.

Was uns zudem maßgeblich stört, ist die fehlende weiterführende Anreizstruktur der Branchen-Selbstverpflichtung. Die Branche bekommt ein Ziel, die Vorreiter erhalten nichts für ihre Leistung, aber die Trittbrettfahrer können sich ohne Nachteile auf dem Rücken der Vorreiter ausruhen. Wir fragen: Sieht so ein wirkungsvolles Instrument aus?

Es mag sein, dass Deutschland sein Kyoto-Klimaschutzziel (minus 21 Prozent) auch ohne EU-Emissionshandel erreichen würde. Das war nie unser Argument. Wir glauben aber, dass viele EU-Staaten ihr Ziel nicht erreichen würden. Die notwendige Liquidität in einem solchen Markt kann ohne den größten Akteur - Deutschland - aber kaum entstehen. Das EU-Ziel und damit Kyoto kämen ohne einen EU-Emissionshandel in Gefahr. 

Wir haben uns übrigens immer dafür eingesetzt, dass Vorreiter-Leistungen ("early action") im Rahmen eines solchen Systems belohnt werden, etwa auf der Grundlage eines Benchmarking-Ansatzes. Wenn Ihr Standort Schwarzheide oder gar der Gesamtkonzern für die Branche überdurchschnittlich klimaverträglich ist, dann sollten Sie zu den Verkäufern und nicht zu den Käufern von Emissionsrechten gehören. Warum wollen Sie aber nun Ihren Aktionären diesen geldwerten Nutzen vorenthalten?

Natürlich ist es legitim, dass ein Unternehmen wie die BASF Lobbyarbeit betreibt. Genauso legitim ist es, dass eine Nord-Süd-Initiative für Transparenz sorgt, wer für welche Ziele und mit welchen Mitteln Lobbyarbeit betreibt. Daran, welche politischen Rahmensetzungen ein Unternehmen befürwortet bzw. bekämpft, lässt sich (neben seinen Investitionsentscheidungen) am besten ablesen, ob dem Unternehmen eine zukunftsfähige Gesellschaftsentwicklung vorschwebt oder nicht. 

Erhebliche Anfragen haben wir - wie ausgeführt - allerdings nicht nur an das Ziel Ihrer Lobbyarbeit zum Emissionshandel, sondern auch an die dabei eingesetzten Mittel. Verschiedene große Unternehmen, die enge Geschäftsbeziehungen zur BASF pflegen, haben sich durch Briefe der BASF unter Druck gesetzt gefühlt, sich nicht mehr öffentlich für den Emissionshandel einzusetzen. Dies halten wir für unakzeptabel. 

Für die Einladung nach Ludwigshafen zur BASF bedanken wir uns. Uns ist bewusst, dass es eine ganze Reihe von BASF-Produkten gibt, die eine konstruktive Rolle für den Klimaschutz spielen können. Und wir gehen auch davon aus, dass es auch in Ihrem Unternehmen viele Menschen gibt, die sich aktiv für den Klimaschutz (und andere wichtige gesellschaftliche Ziele) einsetzen. Genau diese wollen wir mit unseren Aktivitäten durchaus ermuntern. Auch deshalb sind wir in jedem Fall an einer baldigen Fortsetzung des Dialoges interessiert. Gerne kommen wir nach entsprechenden Absprachen über Zielsetzung, Rahmen und Art des Dialoges auch mit einer kleinen Germanwatch-Delegation zu einem Gespräch in Ihr Unternehmen. 

Mit freundlichem Gruß

 

Klaus Milke

Vorstand

Christoph Bals

Campaign Director


 

Briefe:


 

Brief von RWE an Germanwatch, 8.1.03

Germanwatch
Herrn Klaus Milke
Mitglied des Vorstands
Kaiserstr. 201

53113 Bonn

8.Januar 2003

Ihr Schreiben vom 6. Dezember 2002

Sehr geehrter Herr Milke,

wir bestätigen den Eingang Ihres o.g. Schreibens an den Vorstand der RWE AG, das zuständigkeitshalber an uns weitergeleitet wurde. Darin setzen Sie sich kritisch mit den Aktivitäten unseres Unternehmens zum Klimaschutz auseinander und fordern uns auf, unsere Geschäftspolitik und Verbandsarbeit zu korrigieren.

Die Diskussion um effektiven Umwelt- und Klimaschutz und die Einbindung in eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie erfordert die sorgfältige Diskussion und Abwägung vieler Detailfragen und entzieht sich einer einfachen Schwarz-Weiß-Darstellung. Wir bedauern, dass Germanwatch offensichtlich das Thema Klimaschutz/Emissionshandel als alleinigen Maßstab für die Ausrichtung des RWE-Konzerns an einer Strategie Nachhaltiger Entwicklung nimmt. Dies widerspricht im Kern der Grundidee der Nachhaltigen Entwicklung, nämlich der Balance zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen.

Der RWE-Konzern leistet seit langem einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz in Deutschland und weltweit. Wesentliches Element unseres Engagements ist der Bau neuer und effizienter Kraftwerke. Auf Grund des hohen Wirkungsgrades führt ein neues Braunkohle-Kraftwerk mit optimierter Anlagentechnik (BOA) zu einer Verminderung der CO2-Emissionen um bis zu 3 Mio. t pro Jahr. Die fortgesetzte Erneuerung des Kraftwerksparks auf Basis Braukohle dient der kosteneffizienten Klimavorsorge. Gleichzeitig trägt der Einsatz der subventionsfreien heimischen Braunkohle wesentlich zur Erfüllung der energiepolitischen Ziele Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit bei, denn mit dem Ausbau von regenerativen Energien und der Kraftwärmekopplung allein lässt sich der Strombedarf Deutschlands und der Europäischen Union nicht kostengünstig sichern - schon gar nicht bei Verzicht auf die Kernenergie. 

Weitere Maßnahmen im Bereich Klimavorsorge sind die regelmäßige Ertüchtigung des bestehenden Kraftwerksparks, die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien oder die Markteinführung dezentraler Technologien wie der Brennstoffzelle. Darüber hinaus beteiligt sich RWE aktiv an der Erprobung und Weiterentwicklung der Kyoto-Instrumente durch Mitwirkung u.a. im Prototype Carbon Fund der Weltbank oder der E7-Initiative. Diese und zahlreiche weitere Aktivitäten in den Bereichen Umweltschutz und Nachhaltige Entwicklung haben wir u.a. in unserem Umweltbericht und auf der Website (www.rwe.com) ausgiebig dokumentiert. 

In Ihrem Schreiben kritisieren Sie unsere Haltung zum Thema Emissions Trading. Tatsache ist, dass wir uns nie grundsätzlich gegen den Emissionshandel als klimapolitisches Instrument ausgesprochen haben. Allerdings stehen wir Varianten, wie sie zurzeit im Rahmen der praktischen Umsetzung diskutiert werden, skeptisch gegenüber. Wir sehen Emissions Trading - anders als Sie - nicht als "Allheilmittel" für den internationalen Umwelt- und Klimaschutz an. Gemeinsam mit dem Bundeskanzler und dem Bundeswirtschaftsminister sind wir vielmehr der Auffassung, dass Deutschland kein Emissionshandelssystem benötigt, um seine klimapolitischen Zielsetzungen zu erfüllen. Die im Rahmen der Selbstverpflichtungserklärungen der deutschen Wirtschaft erreichten Emissionsminderungen leisten hierfür den größten Beitrag. 

Die von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschläge zur Einführung eines Emissionshandelssystems schienen uns nicht geeignet, zu einem wirkungsvollen und vor allem kosteneffizienten Klimaschutz beizutragen. Im Gegenteil: Mit einem restriktiven Emissionshandelssystem wären zusätzliche Kosten für Unternehmen und Risiken für den Wirtschaftsstandort Deutschland verbunden. Unsere Argumente haben wir offen und transparent dargelegt. Der in Brüssel im Dezember vergangenen Jahres gefundene gemeinsame Standpunkt der EU-Umweltminister hat eine Reihe unserer Vorschläge aufgenommen. Nach Verabschiedung der Richtlinie muss im Rahmen der nationalen Umsetzung des Emissionshandels berücksichtigt werden, dass deutsche Unternehmen nicht mit zusätzlichen Kosten belastet werden. Erste Signale aus der Bundesregierung zeigen hier in die richtige Richtung.

RWE wird sich auch in Zukunft für einen effizienten Umwelt- und Klimaschutz einsetzen. Wir werden uns weiterhin aktiv an der Diskussion um die nun anstehende nationale Umsetzung des Emissionshandels beteiligen. Dies halten wir als betroffenes Unternehmen für richtig und notwendig, und wir befinden uns mit unserer Argumentation im Einklang mit zahlreichen anderen Unternehmen, Verbänden und weiten Teilen der Bundesregierung.

Wir haben ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit. Mit unserer Geschäftsstrategie tragen wir ökonomischen, ökologische, und soziale Verantwortung, also in allen Bereichen einer Nachhaltigen Entwicklung. Wir sehen keinen Anlass, hiervon abzuweichen und dadurch volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch wichtige Belange wie Preisgünstigkeit oder Versorgungssicherheit zu gefährden. Nicht zuletzt deswegen sind wir wiederholt von SAM in den Dow Jones Sustainability Index aufgenommen worden.

Wir würden es begrüßen, wenn wir diese Aspekte mit Ihnen in einem persönlichen Gespräche vertiefen könnten. 

Mit freundlichen Grüßen,
 

RWE Aktiengesellschaft
 

Kopie: Herrn Reto Ringger, SAM


 

Briefe:


 

Brief von Germanwatch an RWE, 15.7.03
(Reaktion auf den Brief vom 8.1.03)

An die
RWE
Aktiengesellschaft
Opernplatz 1
45128 Essen
 

Ihr Schreiben vom 8. Januar 2003 (zu Klimaschutz/Emissionshandel)

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 8.1.2003 und das damit verbundene Gesprächsangebot. Entschuldigen Sie bitte unsere sehr späte Antwort. 

Wie Sie wissen, sind wir seit Jahren mit verschiedenen Mitarbeitern von RWE im regelmäßigen Kontakt. Wir halten RWE für einen der entscheidenden Akteure, wenn es um die ökologische und soziale Nachhaltigkeit Deutschlands in der Welt geht. Entsprechend großes Interesse haben wir weiterhin an einem konstruktivem Dialog mit Ihnen und nehmen das entsprechende Angebot dankend an. 

Ganz anders als Sie in Ihrem Schreiben vermuten, macht die Nord-Süd-Initiative Germanwatch keineswegs Klimaschutz und schon gar nicht den Emissionshandel zum alleinigen Maßstab für die Ausrichtung eines Energiekonzerns an einer Strategie Nachhaltiger Entwicklung. Wir wenden uns allerdings auch gegen alle Versuche, den ursprünglichen, weitreichenden Sinn des Begriffes "Sustainability" hinter einem Wortnebel der Beliebigkeit verschwinden zu lassen. Wir maßen uns nicht an, all die  sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimensionen der Nachhaltigkeit abschließend zu definieren, denn dies würde dem prozessualen Charakter des Begriffes nicht gerecht werden. Es geht dabei allerdings nicht um eine beliebige  Balance zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen. Es gehört heute zur Verankerung gesellschaftlicher  Legitimation transnationaler Konzerne, dass diese bestimmte Managementregeln beherzigen, die sowohl heute, als auch in Zukunft für immer mehr Menschen ein Leben in Würde erlauben. Wir orientieren uns dabei an den Managementregeln, die die entsprechende Enquete-Kommission des deutschen Bundestages im Konsens des deutschen Parlaments erarbeitet und verabschiedet hat. Im Abschlussbericht der Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung" des 13. Bundestages, Konzept Nachhaltigkeit, Bonn, 1998 heißt es auf Seite 46: 

"1. Die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen soll deren Regenerationsrate nicht überschreiten. Dies entspricht der Forderung nach Aufrechterhaltung der ökologischen Leistungsfähigkeit, d.h. (mindestens) nach Erhaltung des von den Funktionen her definierten ökologischen Realkapitals.

2. Nicht-erneuerbare Ressourcen sollen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form erneuerbarer Ressourcen oder höherer Produktivität der erneuerbaren sowie der nicht-erneuerbaren Ressourcen geschaffen wird. 

3. Stoffeinträge in die Umwelt sollen sich an der Belastbarkeit der Umweltmedien orientieren, wobei alle Funktionen zu berücksichtigen sind, nicht zuletzt die "stille" und empfindlichere Regelungsfunktion.

4. Das Zeitmaß anthropogener Einträge bzw. Eingriffe in die Umwelt muss im ausgewogenen Verhältnis zum Zeitmaß der für das Reaktionsvermögen der Umwelt relevanten natürlichen Prozesse stehen

5. Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit durch anthropogene Einwirkungen sind zu vermeiden." 

Nach unserem Eindruck scheint die RWE bislang den Management-Regeln 2 bis 4 nicht gerecht zu werden. Auch dies alleine würden wir noch nicht in einen Vorwurf ummünzen. Denn die derzeitigen politischen Rahmensetzungen erlauben es großen Energiekonzernen kaum, sich in vollem Ausmaß diesen Nachhaltigkeitskriterien entsprechend zu verhalten. Die eigentliche Kritik beginnt da, wo sich die RWE gegen die Einführung von politischen Rahmensetzungen wendet, die es in Zukunft erlauben würden, sich genau diesen Kriterien anzunähern. Also, wenn sich die RWE massiv gegen notwendige Klimaschutzregulierungen wehrt, ohne überzeugende Alternativen zur Zielerreichung zu präsentieren.

Nein, Klimaschutz ist nicht das einzige Kriterium für Nachhaltigkeit. Aber es wäre interessant zu sehen, ob Sie tatsächlich die gegenteilige Meinung vertreten, nämlich dass eine nachhaltige Entwicklung ohne energischen Klimaschutz denkbar ist. Auch ist richtig, dass der Emissionshandel kein Allheilmittel ist, sondern lediglich - bei entsprechender Ausgestaltung - ein sinnvolles Instrument (Wie wir insgesamt die Ökonomie als ein sinn- und wirkungsvolles Instrument betrachten, soziale Ziele im Rahmen ökologischer Grenzen zu erreichen). Aber Ihre Kritik am Instrument des Emissionshandels hätte  nur dann eine gewisse Plausibilität, wenn sich die RWE als Vorkämpfer bei anderen Klimaschutz-Instrumenten wie dem EEG, einer Kraftwärmekopplungs-Quotenregelung oder einer Ökosteuer hervorgetan hätte. Bei all diesen Instrumenten haben wir aber selber Vertreter von RWE an vorderster Front im Einsatz gegen wirkungsvolle Klimaschutzinstrumente gesehen.

Es ist schon verblüffend zu sehen, dass Sie - nachdem die RWE und andere sehr, sehr starken Druck auf Wirtschaftsminister und Bundeskanzler ausgeübt haben, sich gegen einen wirkungsvollen Emissionshandel einzusetzen - gerade diese als Kronzeugen gegen das neue Instrument anführen. Vielleicht sollte man dabei ein Missverständnis ausräumen. Auch wir sind der Überzeugung, dass Deutschland sein Kyoto-Klimaschutzziel vermutlich ohne den Emissionshandel erreichen würde. Aber wir sind uns ziemlich sicher, dass die EU insgesamt ihr Ziel nicht erreichen könnte. Wäre damit wirklich dem Klimaschutz oder der deutschen Industrie gedient, wenn man an dieses Problem mit nationalen Scheuklappen herangeht? In unseren Augen wäre die Klimaschutzdynamik erheblich gebremst worden. Und auch ein EU-Emissionshandelssystem ohne den größten Akteur - Deutschland - wäre wenig sinnvoll gewesen. Hinzu kommt: Um die von der Bundesregierung für das Jahr 2020 angepeilten Klimaschutzziele von minus 40 Prozent CO2 (gegenüber 1990) zu erreichen, hätte ein die Trittbrettfahrer belohnendes "Schönwetterinstrument" wie die Branchenselbstverpflichtung sicher nicht ausgereicht. Da ist es schon wesentlich sinnvoller, diese Herausforderung seitens der Industrie und Energiewirtschaft mit einem wirkungsvollen Instrument mit Biss anzugehen

Wobei wir uns auch dafür einsetzen, dass die anderen Sektoren ihren Teil der Problemlösung leisten. So starten wir in wenigen Monaten eine Flugverkehrskampagne. 

Wir erwarten also nicht, dass Sie das Problem lösen, sondern dass Sie Ihren Anteil zur Problemlösung beitragen. 

Wie gesagt, nehmen wir gerne das Angebot zu einem vertiefenden Gespräch an. Insbesondere würde uns im Detail die von Ihnen angedeutete Strategie "zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien oder die Markteinführung dezentraler Technologien wie der Brennstoffzelle" interessieren. Welche Strategie verfolgt die RWE auf dem Weg in eine nachhaltige Energiezukunft? Wir werden uns gerne wegen der Vereinbarung eines Termins mit Ihnen in Verbindung setzen. 

Mit freundlichen Grüßen

 

Klaus Milke

Vorstand

Christoph Bals

Campaign Director


 

Weitere Infos zum Thema:

 

Zuletzt geändert