Schleier der Unwissenheit gehoben
Schleier der Unwissenheit gehoben
Es gibt verschiedene finanzrelevante Risiken, denen Unternehmen mit hohem Treibhausgasausstoß ausgesetzt sind, sofern sie nicht beherzt gegensteuern. Solche Unternehmen sind von Öko-Steuern oder ernsthaften Reduktionszielen im Rahmen des Emissionshandels massiv betroffen. Auch Schadensersatzklagen wegen der Folgen des Klimawandels werden immer wahrscheinlicher, vor allem wenn nachweisbar ist, dass Unternehmen wie Exxon international oder die BASF in Deutschland die Entwicklung der Klimaschutzgesetzgebung aktiv unterlaufen haben. Regierungen könnten Unternehmen mit hohem Treibhausgas-Ausstoß für die Kompensation der Opfer des Klimawandels, seien es Landwirte nach trockenem Sommer oder Flutopfer, in die Pflicht nehmen.
All dies diskutiert die Finanzwelt zunehmend, aber die Risiken werden noch nicht ausreichend quantifiziert. Darauf weist eine im Juni erschienene Studie von Claudia Volk, WestLB Equity Markets, hin. Zudem fehlt es an Transparenz in Bezug auf die Management-Qualitäten von Unternehmen im Umgang mit Klimarisiken. Noch kann der Finanzmarkt nicht zwischen - in Bezug auf dieses Problem - gut und schlecht geführten Unternehmen, zwischen ernsthaften Klimaschutz-Anstrengungen und reinem Hochglanzbroschüren-Marketing unterscheiden.
Claudia Volk hebt einen ersten Schleier der Unwissenheit in diesem Bereich: Sie quantifiziert die Klima- und Treibhausgasrisiken für verschiedene Branchen. Den Analysen zufolge müssen der Energie- und Energieversorgungssektor mit den größten Reduzierungen bei der Marktbewertung rechnen. Auch das Gesundheitswesen wird nach der Berechnung der von ihm zu tragendenen Klimafolgekosten (z.B. Seuchen nach Überschwemmungen) als weniger gute Geldanlage eingeschätzt. Dies gilt analog für die Automobilbranche und den Bankensektor. Interessant ist, dass die berechneten Risiken für alle Branchen in jenen Zukunftsszenarien, die weiter vom massiven Einsatz fossiler Energieträger ausgehen, relativ hoch sind. Sie sind hingegen am geringsten, wenn Erneuerbaren Energien eine tragende Rolle im Energiemix zukommt.
Richtig relevant für den Finanzmarkt werden diese Daten dann, wenn im nächsten Schritt nicht nur die Treibhausgas-Risiken der Branchen, sondern die einzelner Unternehmen quantifiziert werden. Dann kann der Finanzmarkt innerhalb einer Branche zwischen Unternehmen mit wirkungsvoller Klimastrategie und denen ohne unterscheiden - die hierfür notwendigen Studien werden in Kürze vorliegen. Der Finanzmarkt wird damit noch stärker zu einem Hebel werden, der die Klimaschutzbemühungen wirkungsvoll unterstützt.
Dustin Neuneyer
(WestLB) wurde im Zusammenhang mit ihrem finanziellen Engagement beim Bau einer umstrittenen Ölpipeline in Ecuador kritisiert: Eine OECD-Beschwerde von Greenpeace beklagt Verstöße gegen Menschenrechte, gegen die Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung und des Umweltschutzes. Germanwatch koordiniert die Arbeit der deutschen Nichtregierungsorganisationen zu den OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen.
Unabhängig davon begrüßen wir es, dass die Abteilung WestLB Equity Markets zur Zeit zu den Vorreitern gehört, wenn es darum geht, Konzepte zu entwickeln, die es dem Finanzmarkt erlauben, zwischen Unternehmen mit und ohne Strategie zur Berücksichtigung von Klimarisiken zu unterscheiden und auf eine Verringerung der Risiken des globalen Klimawandels zu drängen.