"Wir sind Überzeugungstäter"

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"Wir sind Überzeugungstäter"

Klimabewusst fliegen mit dem Forum Anders Reisen

 

Roland Streicher ist Vorstandsvorsitzender des Forums Anders Reisen, einem Unternehmerverband für nachhaltigen Tourismus mit jährlich ca. 60.000 Kunden. Mit ihm sprach Germanwatch-Mitarbeiter Dietrich Brockhagen.

 

DB: Herr Streicher, als Geschäftsführer von ReNatour kooperieren sie zusammen mit 80 anderen kleinen und mittelständischen Reiseveranstaltern mit dem BMU und Germanwatch, um ihren Kunden ab 2004 das "klimabewusste Fliegen" anzubieten. Wie soll das konkret bei Ihnen aussehen?

RS: Wir widmen der "umweltfreundlichen" Anreise bereits jetzt eine komplette Katalogseite, um dem Kunden die damit zusammenhängende Problematik zu vermitteln. Was die praktische Umsetzung der Aktion "klimabewusst fliegen" angeht, sind wir noch am planen. Wir wollen es dem Kunden so einfach wie möglich machen, die Option "klimabewusster Flug" zu buchen. Selbstverständlich wird es eine freiwillige Option sein, die der Kunde bei der Reisebuchung ganz einfach mit ankreuzen kann. Einige Veranstalter des Forums denken sogar darüber nach, ihren Kunden nur noch klimabewusste Flüge anzubieten. Wenn der Kunde nicht bezahlen will, so legt der Veranstalter diesen Betrag aus der eigenen Tasche drauf.

DB: Durch die Klimaschutzabgabe wird fliegen teurer, bei langen Interkontinentalflügen vielleicht um 50 € und mehr. Außerdem stigmatisiert diese Botschaft Flugreisen. Haben Sie keine Angst, Kunden zu verprellen?

RS Das Risiko gehen wir ein. Wir können als kritische Veranstalter nicht auf der einen Seite nachhaltigen Tourismus anbieten und das Problem Flugverkehr und Klima auf der anderen Seite ignorieren. Wir sind Überzeugungstäter und überzeugt, dass unsere Kunden das honorieren.

DB: Aber welchen Nutzen hat der Kunde denn konkret? Das gute Gewissen wollen Sie ihm ja nicht verkaufen.

RS:  Nein, natürlich nicht, aber er kann zumindest den Schaden mindern. Wir sagen ihm klipp und klar: Fliegen ist ein Problem. Punkt. Und wir legen ihm bei naheliegenden Zielen besonders die Bahn ans Herz. Aber bei Fernreisen läßt sich der Flieger nun mal nicht vermeiden und für diesen Fall soll eben zumindest das getan werden, was möglich ist. Und hierfür halten wir dieses Projekt für geradezu ideal.

DB: Mit wieviel Buchungen rechnen Sie?

RS: Es gab bei den Reiseveranstaltern des Forum Anders Reisen schon ähnliche Aktionen die sehr vielversprechend verliefen. Ein Freiburger Mitglied beispielsweise führte eine ähnliches Projekt mit überraschendem Erfolg durch. Deswegen sind wir zuversichtlich, dass wir im Verband jährlich 30.000 Kunden von diesem Konzept überzeugen können.

DB: Das ist nicht besonders viel, verglichen mit den deutschen Marktriesen TUI oder Thomas Cook.

RS: Sicher. Aber wenn wir das neue Angebot gut kommunizieren und überzeugen können, worum es geht, dann wird es nach und nach zum guten Ton gehören, klimabewusst zu fliegen. Unser Ziel ist es, Impulse zu setzen und hierüber ein gesteigertes Bewusstsein für kritische Inhalte im Tourismus zu erzeugen, so dass sich irgendwann auch die TUI einer solchen Diskussion stellen muss.
 

 

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