Lieber zum Ballermann als zur WM 2006
Lieber zum Ballermann als zur WM 2006
Das Land Rheinland-Pfalz verfügt über einige kleine, regional genutzte Flughäfen, die jährlich erhebliche öffentliche Mittel für Investitionen erhalten. Allein in den Ausbau des Flughafens Hahn, der hauptsächlich von Billigfluglinien genutzt wird, floss, vom Land finanziert, ein dreistelliger Millionenbetrag. Doch keinem ist entgangen, dass die staatlichen Mittel immer knapper werden. Jede Ausgabe in einem Bereich ist die Entscheidung gegen eine andere Maßnahme.
Derzeit wird wieder ein neues Projekt diskutiert, das den Flughafen Hahn attraktiver machen soll: Seine Anbindung an den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Dies erfordert die erhebliche Investition von etwa 70 Millionen Euro. Geld, das dem öffentlichen Nahverkehr an anderer Stelle fehlen wird. Sucht man nach einer anderen, anstehenden Großinvestition im Bereich SPNV, kommt man schnell auf Kaiserslautern. Bekanntermaßen ist die Stadt Kaiserslautern Austragungsort von Spielen der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. In den nächsten Wochen erhält die Stadt Anschluss an die neu eingerichtete S-Bahn Rhein-Neckar aus Heidelberg/Mannheim, für die sie westlicher Endbahnhof sein wird. Eine Weiterführung der S-Bahn nach Homburg, d.h. eine verbesserte Anbindung Kaiserslauterns in den Westen, wird intensiv diskutiert mit dem Ziel, diese bis zur Fußball-WM herzustellen.
Doch das Land zögert, obwohl die Zeit drängt. Im Wirtschaft- und Verkehrsministerium ringen die Kräfte, die eine Attraktivitätssteigerung von Hahn befürworten, mit denen, die die Stadt Kaiserslautern besser an den SPNV anbinden wollen.
Eine Entscheidung für die S-Bahn-Verlängerung beträfe nicht nur die vielen Fußball-Fans, die zu den WM- (und anderen Fußball-) Spielen nach Kaiserslautern anreisen werden, sondern sie wäre auch nachhaltig, weil sie im Alltag wesentlich mehr Fahrgästen ihre Fahrten nach Kaiserslautern erleichtert sowie die Stadt vom Pkw-Verkehr entlastet und attraktiver macht.
Eine Entscheidung für das Projekt in Hahn wäre jedoch eine Entscheidung für eine wenig zukunftsverträgliche Verkehrszukunft, eine Entscheidung für relativ wenige Menschen, die - unterstützt durch staatliche Zuschüsse - einen Billigflug wahrnehmen wollen. Arbeitsplätze enstehen übrigens durch die Billigfluglinien kaum, die Niedrigpreise werden nämlich u.a. über die Personalkosten wieder reingeholt. Soll also der Billigtourist als Zeichen unserer schnelllebigen Zeit gefördert werden, oder eine gewachsene Struktur in einer Stadt, die eine ganze Region mit Stolz erfüllt?
Durch den wachsenden Flugverkehr wird das globale Klima auf unverantwortliche Weise geschädigt. Kaum eine andere einzelne legale Handlung hat so große Auswirkungen auf das Klima wie die Entscheidung für eine Flugreise. Billigflieger machen es zudem preisgünstig, das Klima zu belasten. Sie sind die Antwort auf die Frage: Wie kann ich das Klima mit wenig finanziellem Einsatz maximal schädigen, ohne kriminell zu werden?
Manfred Treber