Rule, Britannia!

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Rule, Britannia!

Britische Parlamentarier fordern Klimaschutz

 

"Es geht um nichts Geringeres als eine radikale Reform, die Fluglinien-Betreiber und Passagiere mit den ökologischen Konsequenzen ihres Handels konfrontiert." Gelassen, aber bestimmt gibt Professor David Begg immer wieder die wegweisenden Vorschläge seiner Kommission zu Protokoll. Der kämpferische Schotte, der seit Jahren höchste Posten im britischen Verkehrswesen bekleidet, ist derzeit Vorsitzender der von der Labour-Regierung einberufenen Expertenkommission für Integrierten Transport. Begg ist entschlossen, die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes und die Interessen der Flugindustrie mit nachhaltiger Entwicklung unter einen Hut zu bringen. Im September 2003 legte seine Kommission eine wegweisende Flugverkehrsstudie vor. Sie regt an, Fluggesellschaften in Zukunft Verantwortung für Treibhausgase, für überlastete Startbahnen, die lokale Umwelt und verschandelte Landschaften übernehmen zu lassen. Vor zehn Jahren habe der weltweite Flugverkehr 3,5% der menschgemachten Treibhausgase ausgemacht, im Jahr 2050 wären es voraussichtlich bereits 15%. Großbritannien nehme durch Flughafengebühren derzeit rund 800 Millionen Pfund ein, was nur gut die Hälfte der klimarelevanten Emissionskosten decke, die durch britische Firmen verursacht würden, nämlich 1,4 Milliarden Pfund. Zur Regelung eines nachhaltigen, verantwortlichen Flugverkehrs setzt Professor Begg auf genaue Evaluierung aller externer Kosten, z.B. durch Fluglärm unbebaubar gewordenes Land neben Flughäfen, sowie einen stärkeren Einfluss der Gemeinden, in denen die Flughäfen angesiedelt sind. Und er regt an, Fluggesellschaften nicht mit Steuern, sondern mit intelligenten Gebühren- und Handelssystemen für mehr Klima- und Umweltschutz zu motivieren: Etwa durch die Versteigerung von Start- und Landegenehmigungen und den Verkauf von Lärm"genehmigungen", die handelbar wären.

Inwieweit die britische Regierung bereit ist, die - im besten Sinne - radikalen Vorschläge der Kommission aufzugreifen, wird sich im Dezember 2003 zeigen, wenn sie ihr "Weißbuch Flugverkehr" veröffentlicht. Eine gewisse Motivation scheint bereits von der Studie auszugehen: Die Times berichtete Ende Oktober, dass die Flugzeugindustrie an Maschinen forsche, die keine Kondensstreifen mehr ausstoßen - was die Klimabelastung um die Hälfte reduzieren könne. Außerdem war der britischen Presse zu entnehmen, dass die Regierung derzeit über eine Verdoppelung der Flughafengebühren als "Grüne Steuer" nachdenkt.

Im Sommer 2003 höhnte der Vorsitzende des Interessenverbandes der Flughafenbetreiber, Keith Jowett, zwar "Es müsste schon ein mutiger Abgeordneter sein, der seinen Wählern erklärt, dass sie sich ihren hart verdienten Auslandsurlaub nicht mehr leisten können, ganz zu schweigen davon, dass Unternehmer aus seinem Wahlkreis auf essentielle Flugverbindungen verzichten sollen! " Doch das klang schon wie das Pfeifen im Wald: Im Juli hatte eine parteiübergreifende Umweltkommission des Parlaments bereits gefordert, jeder Flugverkehrspassagier möge eine 'Emissionsabgabe' zahlen, um für die durch seine Reise entstandene Treibhausgasverschmutzung aufzukommen. Der Leiter der Umweltkommission, Tory-Abgeordneter Peter Ainsworth: "Wir brauchen Flugpreise, die die wahren Kosten der Umweltverschmutzung widerspiegeln. " Er  warf der Regierung eine Begünstigung des Flugverkehrs vor und kritisierte die vorgelegten Wachstumszahlen. Wenn der Flugverkehr in Großbritannien wirklich um 4% pro Jahr wachse, bräuchte man ab 2030 alle drei Jahre ein neues Heathrow. Ainsworth: "Das ist Nonsens. " Die Umweltkommission schlug vor, die derzeitigen Flughafengebühren durch eine Mehrwertsteuer sowie eine "Emissionsabgabe" für jedes Flugticket zu ersetzen.

Die britische Flugverkehrs-Diskussion erfuhr jetzt Unterstützung durch ein positives Signal von der EU: Ende Oktober 2003 erzielten die EU-Umweltminister in Luxemburg einen Durchbruch bei der Harmonisierung der Energiesteuern. Ihre Richtlinie macht es grundsätzlich rechtlich möglich, Kerosin auf nationalen Flügen sowie auf Flügen zwischen Mitgliedsstaaten zu besteuern.

Heike Ifland
 

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