Ein Pakt der Freiwilligkeit
Ein Pakt der Freiwilligkeit
Was verbindet die Bayer AG, die Internationale Handelskammer ICC, Oxfam, Coca Cola und Amnesty International? Sie alle sind Mitglied im Global Compact. Aber haben sie wirklich alle gemeinsame Interessen?
Weltweit haben sich bislang über 1.200 Unternehmen zu den neun Prinzipien des Global Compact bekannt. Sie verpflichten sich zur Einhaltung von Menschenrechten, Arbeitsstandards und Umweltschutz, diese bleiben jedoch relativ vage. So heißt es beim Umweltprinzip 7: "Die Wirtschaft soll umsichtig mit ökologischen Herausforderungen umgehen". Was sie zur Umsetzung der Prinzipien geleistet haben, sollen die Unternehmen im Jahresbericht offen legen. Seit neuestem sind die Indikatoren für die Berichterstattung der UN Global Reporting Initiative entlehnt, die Standards für Nachhaltigkeitsberichte gesetzt hat. Diese Kriterien sind jedoch nicht verpflichtend. Weitgehend versteht sich der Global Compact als "Lernforum" mit "Best-Practice-Beispielen" auf der Webseite und in Workshops. Als ein solches Beispiel präsentiert Lufthansa ihr Projekt für den Schutz von Kranichen. Dieses Projekt sagt jedoch nichts darüber aus, inwieweit Lufthansa ihre Unternehmenspolitik an den Prinzipien zum Schutz der Umwelt und zur Einhaltung von Arbeitsstandards und Menschenrechten ausrichtet.
Immer wieder zeigen NGOs Beispiele von Unternehmen auf, die sich nicht an die Prinzipien halten. Unter anderem hat CorpWatch bereits im Vorfeld des Weltgipfels in Johannesburg darauf aufmerksam gemacht, dass Unternehmen wie Unilever oder Rio Tinto die Prinzipien des Global Compact nicht befolgen. Ebenso deckt eine Studie des "International Baby Food Action Network" am Beispiel Nestlé die Unzulänglichkeiten des Global Compact auf. Bisher sah sich die UN weder vom Mandat noch von ihren Kapazitäten her in der Lage, die Berichte der Unternehmen sowie die Umsetzung der Prinzipien zu überprüfen und setzt hier auf die kritische Beobachtung durch NGOs und andere Stakeholder. Von der Zivilgesellschaft kann jedoch kaum erwartet werden, dass sie eine flächendeckende Überwachung sicherstellt. NGOs kritisieren zudem, dass der Compact keine Sanktionsmechanismen bei Nichteinhaltung bereithält und die UN ihre eigenen Regeln zur Zusammenarbeit mit der Geschäftswelt nur lax handhabt.
In den kommenden Monaten will das Global Compact-Büro daher "Integritätsmaßnahmen" entwickeln. Die sollen sowohl den Missbrauch des UN-Logos verhindern als auch den Compact qualitativ weiterentwickeln.
Inwiefern der Global Compact bislang wirklich einen Beitrag zur Veränderung von Unternehmensverhalten geleistet hat, vermag auch das Büro in New York nicht zu sagen. Aussagen wie die des Energieund Abfallunternehmens Suez lassen diesbezüglich Zweifel aufkommen: "Der Compact deckt eine Menge von dem ab, was wir sowieso schon tun, und für uns besteht der Mehrwert darin, dass er unseren Aktivitäten mehr Glaubwürdigkeit verschafft." Die UN hat nun eine Wirkungsanalyse in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse zum Treffen der Global-Compact-Unternehmensführer im Juni in New York erwartet werden.
Sicherlich kann der Global Compact einen Beitrag dazu leisten, das Thema Unternehmensverantwortung auch Firmen in Entwicklungsländern nahe zu bringen, deren Zahl im Global Compact steigt. Positiv ist auch zu bewerten, dass sich Unternehmen überhaupt zur Verantwortung für Menschenrechte bekennen, gerade weil dafür den Regierungen immer noch gerne die alleinige Verantwortung zugeteilt wird. Für den Chef des Global Compact- Büros, Dr. Georg Kell, besteht die größte Leistung des Compact bereits darin, dass aus fünf Unternehmen mit Menschenrechtspolicy im Jahr 2000 heute schon über 1000 geworden sind. Ähnlich wie beim Umweltprinzip bleibt jedoch die Sprache auch bei den Menschenrechten allgemein: "Die Wirtschaft soll den Schutz der international verkündeten Menschenrechte unterstützen und achten und sicherstellen, dass sie sich nicht an Menschenrechtsverletzungen beteiligt". Angesichts der Unklarheiten bei der Umsetzung - selbst von einigen Unternehmen als Manko geäußert - ist die hohe Teilnahme kein Indikator für stärkeres Menschenrechtsengagement von Unternehmen.
Konkretere Vorstellungen könnten hier die UN-Normen für Unternehmen bieten. Aber die ICC, wichtigste Fürsprecherin der globalisierten Wirtschaft, tritt dem entschieden entgegen. Sie verurteilt die Normen als "kontraproduktiv zu den laufenden UN-Bemühungen, die Menschenrechte durch die Teilnahme am Global Compact zu unterstützen und einzuhalten". Das hat System: Bereits vor der Einrichtung des Global Compact im Juli 2000 begrüßte die ICC die Bemühungen Kofi Annans unter folgender Maßgabe: "Die Wirtschaft unterstützt Kofi Annans Global Compact, lehnt jedoch verpflichtende Regeln ab." Germanwatch und andere NGOs kritisieren jedoch, dass der Global Compact von Unternehmensseite immer wieder als Gegenargument für weitergehende Instrumente und Regulierungen genutzt wird.
Die deutsche Bundesregierung engagiert sich intensiv für den Global Compact. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul erwartet für die Zukunft den Global Compact gar als "führenden Qualitätsstandard für verantwortungsvolle Unternehmen". Genau das sehen NGOs wie Germanwatch ganz anders.
Cornelia Heydenreich
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